Grüne Mitte?
Die Idee einer „grünen Mitte“ ist gut – allerdings aus meiner Sicht nicht im Zusammenhang des Kornmarkts. Die Freunde einer Begrünung an dieser Stelle seien daran erinnert, dass es sich um das ehemalige Areal des zentralen Busbahnhofs handelt, und der Erlös aus dem Verkauf der städtischen Grundstücke zur Finanzierung des neuen zentralen Busbahnhofs (ZOB) am Hauptbahnhof eingeplant/festgelegt ist.
Viel wichtiger wäre doch eine irgendwie geartete Begrünung des öden, grauen, unattraktiven und Hitze abstrahlenden Rathausplatzes, z.B. über Baumkübel oder Urban Gardening als Attraktivierung und Beitrag zur Verbesserung des Mikroklimas in diesem Bereich.
Eine Begrünung sollte doch auch so möglich sein, dass sie dem Wochenmarkt nicht in die Quere kommt, sondern diesen sogar aufwertet. Das Grün müsste allerdings gepflegt werden – vielleicht über Patenschaften?
Wie das mit den Bäumen gehen könnte, zeigen Beispiele aus folgender Broschüre „streetlife baumprodukte“: https://issuu.com/streetli/docs/streetlife_catalogus_2016-2017_b_de.
Baumkübel wären übrigens auch ein Weg, Straßen mit Bäumen auszustatten, wo das normale Pflanzen von Bäumen aus technischen Gründen nicht möglich oder sehr aufwendig ist (siehe dazu die Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der SPD „Geschwindigkeitsreduzierungen durch Baumpflanzungen“: Geschwindigkeitsreduzierungen durch Baumpflanzungen)
Wunschdenken
Ich reibe mir die Augen. Am 26.6.19 berichtet die WAZ („SPD und Bürgerforum: Kein Streit beim Klima“) über einen Brief des bürgerforums an die Wittener Partei- und Fraktionsvorsitzenden, in dem die „Klimafrage“ (Was ist das?) als ungeeignet für Parteikonflikte oder eine Verschiebung auf spätere Ratssitzungen bezeichnet wird. Jenseits aller Partei- und Gruppeninteressen gehe es darum, diese wichtige Menschheitsfrage „herunterzubrechen“ auf konkretes Handeln. Das bürgerforum habe beantragt, den Klimanotstand in den nächsten Ratssitzungen vordringlich zu behandeln (zu diesem sonderbaren Antrag siehe mein Beitrag „Farbe bekennen!“/23.6.19).
Ich frage mich, was das jetzt soll.
Erstens: Behandlung auf den „nächsten Ratssitzungen“ (Plural)? Auf der nächsten Ratssitzung am 2.7.19 steht die Angelegenheit Klimanotstand in Form von mehreren Anträgen (Grüne, Piraten, Linke) auf der Tagesordnung. Wenn denn der Klimanotstand als Reaktion auf eine zunehmende Klimakrise so vordringlich ist, sollte eine Entscheidung doch wohl möglichst schnell – und nicht erst auf den „nächsten Ratssitzungen“ – getroffen werden. Die Anträge der Grünen und Piraten sind seit langem bekannt und beschlussreif.
Zweitens: „Kein Streit“, „ungeeignet für Parteikonflikte“ und „jenseits aller Partei- und Gruppeninteressen“? Schön wär’s, wenn denn der Wegfall von Streit um die Klimakrise zu angemessenen und durchgreifenden Lösungen führen würde. Aber es dürfte doch auch jenseits des Wunschdenkens beim bürgerforum angekommen sein, dass das Klimaproblem zu heftigen politischen Auseinandersetzungen führt (überörtliches aktuelles Beispiel: möglichst schneller Ausstieg aus der Braunkohleförderung) – auch in Witten, wie die Reaktionen von CDU, FDP, WBG und „Solidarität für Witten“ auf den Vorstoß von Grünen und Piraten zeigen.
Denn ernst wird’s nicht bei wohlfeilen Bekenntnissen und Namensphantasien („Klimabündnis“), sondern beim wirksamen „Herunterbrechen“. Dann muss Farbe bekannt werden. (mehr …)
Farbe bekennen!
Am 21.6.19 stellen die Herren Dr. Kurt Martin Schmelzer (Fraktionsvorsitzender) und Harald Kahl (Ratsmitglied) im Namen der Fraktion bürgerforum folgenden Antrag: Änderungsantrag zum Antrag Grüne Klimanotstand
Ich werde diesem Antrag als Ratsmitglied nicht zustimmen, weil ich ihn für kontraproduktiv halte. Warum? Sehen wir uns Beschlussvorschlag und Begründung des Antrags genauer an.
– Formal: Der Antrag ist als Änderungsantrag deklariert, ist aber tatsächlich ein selbständiger Antrag. Als solcher steht er in Konkurrenz zu den Anträgen der Grünen und/oder der Piraten. Ich habe in meinen Beiträgen „Klimanotstand!„/11.6.19 und „Klimanotstand! – Nachschlag“/14.6.19 schon deutlich gemacht, dass ich beide Anträge unterstützen kann. In der Sache brauche ich keinen Zusatzantrag.
Inhaltlich:
– Mit dem Antrag soll der Rat die „Intentionen der Ausrufung des Klimanotstands“ „unterstützen“. „Intentionen“, „Ausrufung“, „Unterstützen“? Was soll das? Welche Intentionen sollen da und wie „unterstützt“ werden, und wer soll den Klimanotstand „ausrufen“? Etwa die Feuerwehr (Scherz beiseite)? Und soll er überhaupt ausgerufen oder nur seine „Intentionen“ unterstützt werden? Das alles verunklart die Formulierung.
Wenn denn nicht nur die „Intentionen“, sondern die Ausrufung des Klimanotstands unterstützt werden soll – was ich für richtig halte -, ist das einzige legitimierte und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zuständige Gremium, das in diesem Zusammenhang für die Verwaltung verbindliche und Verwaltungsmaßnahmen einleitende Beschlüsse fassen kann, der Rat der Stadt Witten. Angesichts der Dringlichkeit des Problems sollte er dies auch schleunigst tun, wenn sich eine entsprechende Mehrheit findet. Und wenn sich keine findet, sind diejenigen, die eine Mehrheit verhindern, für das Unterbleiben der Maßnahmen und die dann eintretenden Schäden politisch verantwortlich. Die Formulierung der Antragsteller ist leider z.B. gemessen am Antrag der Grünen reines Wischwaschi. (mehr …)
Klimanotstand! – Nachschlag
Ich habe in meinem Beitrag „Klimanotstand!“ geschrieben „Wie vermeldet wird, werden sich auch die Piraten der Resolution anschließen“. Der Fairness halber sei hier darauf hingewiesen, dass die Piraten in derselben Angelegenheit einen eigenen, auch guten Antrag eingebracht haben:
→ Antrag Piraten vom 4.6.19: PIRATEN Resolution zur Ausrufung des Klimanotstands unterstützen
Ich hoffe, dass sich beide Fraktionen auf einen gemeinsamen Antrag werden einigen können.
Aus gegebenem Anlass weise ich darauf hin, dass sich im (noch) geltenden Programm des bürgerforums folgende Passagen finden:
Kommunalwahlprogramm des bürgerforums:
„Für eine gesunde Umwelt
Witten braucht eine gesunde Umwelt. Auch in unserer Stadt ist durch falsche
Entscheidungen zur Klimaverschlechterung beigetragen worden. Durch Flächenfraß,
überflüssigen Landschaftsverbrauch, vermeidbare Luftbelastung, Vernachlässigung der
Stadthygiene ist die Umwelt geschädigt worden. Durchgreifende Maßnahmen zum Schutz
von Flora und Fauna sind bislang unterblieben oder nur unzureichend durchgeführt worden.
Andererseits hat unsere Stadt das Potential, durch systematische Pflege und Ausbau der
Umweltqualität und eine entsprechende Schwerpunktsetzung bei der Stadtentwicklung den
Bürgerinnen und Bürgern eine gesunde Umwelt zu bieten. Witten hat durch seine Lage am
südlichen Rand des Ruhrgebiets den großen Vorteil, eine grüne Ruhrgebietsstadt zu sein.
Dieser Vorteil darf nicht leichtfertig zerstört werden.
Deshalb werden wir:
alle kommunalen Initiativen zum Klimaschutz unterstützen; (mehr …)
Klimanotstand!
Am 5.6.19 beantragten die Grünen eine Resolution zum Klimanotstand, die im ASU/HFA/Rat beschlossen werden soll: Klimanotstand_46_V16
Die Resolution, die aus meiner Sicht in einzelnen Punkten auch Antragscharakter hat, ist gut und richtig, und ich werde auf jeden Fall für sie stimmen. Wie vermeldet wird, werden sich auch die Piraten der Resolution anschließen.
Hier nur eine Anmerkung zu Punkt 5 der Resolution: „Der Rat der Stadt Witten: 5. stellt fest, dass das im Jahr 2013 im integrierten Klimaschutzkonzept (IKSK) verabschiedete Ziel der Reduktion der CO2-Emission bis 2020 um 25% nicht nur zu gering ist, sondern auch mit den bisher vereinbarten Maßnahmen nicht erreicht werden kann. Die Verwaltung wird beauftragt, Maßnahmenvorschläge vorzulegen, die eine Erreichung der Ziele des Klimaschutzkonzepts sicherstellen.“
Es wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass im Jahr 2013 – also vor ca. 6 Jahren! – der Wittener Rat ein integriertes Klimaschutzkonzept (IKSK) mit dem Ziel einer CO2-Reduktion bis 2020 um 25% verabschiedet hat*. Dieses Ziel sei zu gering und könne darüber hinaus mit den vereinbarten Maßnahmen nicht erreicht werden.
Instruktiv und wichtig wäre in diesem Zusammenhang eine Bilanz der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen seit 2013. Die Resolution stellt nur schlicht fest, dass die 25% mit den vereinbarten Maßnahmen nicht erreicht werden konnten. Was ist den im Laufe der Jahre tatsächlich an Maßnahmen durchgeführt worden, um überhaupt 25% – die in der Resolution als zu gering qualifiziert werden – zu erreichen? (mehr …)
Island und wir: De te fabula narratur?
Ich erinnere mich, dass die Wittener Bürgermeisterin vor einiger Zeit äußerte, sie sei als Kurztrip nach Island geflogen. Gut, sie kann sich das leisten. Aber abgesehen davon, dass derartige Kurztrips extrem klimaschädlich sind, frage ich mich, was sie an Island wohl angezogen haben mag? Die unberührte, intakte Natur? Wenn das das Motiv war, beruhte es auf einer Illusion.
Denn ein großer Teil der „Natur“, die in Island zu sehen ist, ist die Folge einer zurückliegenden ökologischen Katastrophe auf Grund einer unangepassten Wirtschaftsweise der dort ab ca. 870 n. Chr. siedelnden Wikinger. Ich empfehle zur Aufklärung – auch für andere Islandtouristen – die Lektüre von Jared Diamond: Kollaps/Warum Gesellschaften überleben oder untergehen; Kapitel 6: Die Wikinger: Präludium und Fugen, S. 225 – 266; Frankfurt 2009.
Das Buch ist auch über diese spezielle Thematik hinaus in Bezug auf die Umweltzerstörungen unserer Wirtschaftsweise lesenswert. De te fabula narratur?
Wäldchen auf’s Schafott
Jetzt steht die endgültige Entscheidung also kurz bevor: Am 25.3.19 soll das Wäldchen links der Zufahrt zur Uni Witten-Herdecke durch die Verabschiedung des Bebauungsplans 120 B/1 (Satzungsbeschluss) auf’s Schafott (im ASU am 14.3.19 wurde der Satzungsbeschluss schon mehrheitlich durchgewunken). Beteiligte an der geplanten Exekution: Die Stadtverwaltung, vertreten durch Bürgermeisterin, Stadtbaurat, planende Verwaltung und – wenn der B-Plan so abschließend beschlossen wird – die Mehrheit des Wittener Rates (einschließlich der Grünen). Bei der letzte Abstimmung (Aufstellungsbeschluss) hatte die Fraktion bürgerforum noch dagegen gestimmt.
Ich habe schon am 21.11.18 im Rat dagegen argumentiert (siehe dazu mein Beitrag „Fehlplanung Uni jetzt im ersten Schritt beschlossen: Meine Gegenrede im Rat“/28.11.18). Diesen Argumenten gegen ein Fehlplanung ist nichts hinzuzufügen.
Eine Alternative hätte es gegeben. Weil diese nicht verfolgt worden ist, muss jetzt wieder einmal der kleinräumige Klimaschutz in Witten dran glauben. Wer den Vortrag von Herrn Sven Plöger „Der Dürresommer 2018 – ’nur‘ Wetter oder schon Klima?“ (Sparkassen-Gesprächsforum 2018, die WAZ berichtete am 9.3.19: „Sven Plöger spricht bei Sparkasse Witten über Klimawandel“ Sven Plöger spricht bei Sparkasse Witten über Klimawandel) gehört hat, kann sich angesichts solcher nicht nachhaltigen Entscheidungen nur an den Kopf fassen.
Zu meinem Redebeitrag im Rat hier nur noch einige ergänzende Anmerkungen: (mehr …)
Gegen jeden Menschenverstand?
Tempolimit auf Autobahnen? Auch wenn die meisten Länder* es anders sehen, in Deutschland ist es möglich, dass ein amtierender Verkehrsminister erklärt, ein Tempolimit sei „gegen jeden Menschenverstand“ und „eine Gängelung der Bürger“**.
Dabei ist es aus meiner Sicht genau anders herum: Der Verzicht auf ein Limit ist eigentlich gegen jeden aufgeklärten Menschenverstand – wenn Vorsorgeprinzip und Risikobegrenzung ernst genommen werden. Das wird gut belegt durch den – um Ausgewogenheit bemühten – folgenden Beitrag:
→Was bringt ein Tempolimit wirklich? Autobahnen_ Was bringt ein Tempolimit?
*Ergänzung: Habe ich im Internet unter „Interessante-Fakten.de“ gefunden. Nur sehr überschaubare und illustre Minderheit mit Menschenverstand? „Es gibt Weltweit nur ein paar Orte, wo es keine Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen gibt: Deutschland (jedoch haben 45% der Autobahnen dennoch Einschränkungen), die Isle of Man (Großbritannien), 3 Bundesstaaten in Indien, Haiti, Somalia, Libanon, Nepal, Myanmar, Burundi, Bhutan, Afghanistan, Nordkorea, Mauretanien.“
**Zur „Gängelung“ im kommunalen Bereich siehe meine Beiträge „Hau weg den Scheiß III/Vertrauen in die Bürger?„/15.3.19 und „Bürgerlicher Anarchismus?„/11.1.17
Voeckenberg – wie weiter?
Am 19.2.19 titelt die WAZ „Initiative übergibt 2500 Unterschriften an RVR/Streit um Voeckenberg: Abordnung von ‚Stockum wehrt sich‘ besucht Regionaldirektorin“. Die Abordnung habe in angenehmer Atmosphäre ein Gespräch führen können, und die Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel habe zugesagt, sich den Sachverhalt noch einmal genau anzusehen und auszuwerten. So weit, so gut.
Natürlich wäre es ein Riesenerfolg, wenn die Auswertung eine Korrektur der bisherigen Regionalplanung ergeben würde. Aber:
1. hat die (wenn auch relativ knappe) Mehrheit des Wittener Rates einer positiven Stellungnahme Wittens zur aktuellen Regionalplanung zugestimmt, und
2. entscheidet über die Regionalplanung nicht die Regionaldirektorin, sondern die Regionalversammlung.
Ich halte es – offen gesagt – für unwahrscheinlich, dass es über dieses Gespräch zu einer Korrektur der Regionalplanung kommen wird. Was bleibt dann?
Wichtig ist festzuhalten, dass es sich bei der Regionalplanung nicht um eine verbindliche kommunale Bauleitplanung handelt, sondern um einen Planungsrahmen, der für die Kommune eine Möglichkeit definiert. Diese kann durch eine kommunale Bauleitplanung umgesetzt werden, oder auch nicht. Heißt: Für Witten wird es erst wirklich ernst, wenn eine verbindlich Bauleitplanung (Änderung Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) eingeleitet wird. (mehr …)
Auch für Wohnbauflächen gilt: Stur immer mehr und immer weiter führt in die Sackgasse
Der geltende Flächennutzungsplan (FNP) ist 2008 von einer Mehrheit des Rats (gegen meine Stimme) beschlossen worden. Er definiert auch ein Potential an Flächen für Wohnungsbau.
Grundlage für diese Definition war im Vorfeld die Erarbeitung eines Stadtentwicklungskonzepts (STEK) und eines Masterplans Wohnen (InWIS-Institut*/verantwortlich Herr Neitzel).
Grundsätzlich gilt für Wohnbauflächen das Gleiche wie für Gewerbeflächen: Sie unterliegen (neben anderen Restriktionen) der Restriktion absoluter Grenzen. Weder Wohnbau- noch Gewerbeflächen lassen sich einfach ohne zunehmende Probleme für die Gesamtstadt vermehren. Stur immer mehr und immer weiter führt in eine Sackgasse und unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit und Nachhaltigkeit zu wachsenden Schäden für die Stadt und die Bürger_innen.
Hier meine aus meiner Sicht immer noch aktuelle Auseinandersetzung aus dem Jahr 2007 mit dem Masterplan Wohnen und in der Folge mit dem STEK 2008.
→ Masterplan Wohnen – meine Auseinandersetzung mit Herrn Neitzel (InWis-Institut): Masterplan Wohnen Anmerkungen
→ Meine Rede zur Verabschiedung des Stadtentwicklungskonzepts (STEK): Redebeitrag Stadtentwicklungskonzept STEK
*Das InWIS-Institut war übrigens auch verantwortlich für das „Handlungskonzept Wohnen“ aus dem Jahr 2018. Siehe dazu mein Beitrag „Kein Handlungskonzept, sondern unverbindliches Potpourri“/22.6.18.