KULTUR-RUF – Der Schuss könnte nach hinten losgehen
Eigentlich lohnt es den Aufwand nicht. Aber im Laufe einer 22jährigen Ratstätigkeit bin ich immer empfindlicher gegenüber handwerlichem Pfusch in der Politik geworden. Besonders empfindlich reagiere ich dann, wenn dieser Pfusch von der sog. Opposition produziert wird, weil das Scheitern einer Initiative – unabhängig von den Absichten – durch den Pfusch vorprogrammiert ist und der angeblich vertretenen Sache nicht geholfen, sondern geschadet wird.
Der KULTUR-RUF ist leider ein Beispiel für einen solchen Pfusch, selbst wenn mensch den Unsinn bezüglich der angeblichen „Forderungen“ der Gemeindeprüfungsanstalt unberücksichtigt läßt (siehe dazu meine Beiträge: „KULTUR-RUF – falscher Feind„/16.10.17; „Hätte ich fast vergessen : noch eine Anmerkung zum KULTUR-RUF„/22.10.17; „Wogen geglättet“/14.11.17).
→ KULTUR-RUF im Internetauftritt des frisch gewählten Kulturbeirats: 1-u-liste-kultur-ruf-erstunterzeichner
In einem Beitrag in diesem Internetauftritt wird folgende Aussage zum KULTUR-RUF zitiert:
„Weniger als Protest, als vielmehr als eine breite Front gegen weitere Sparmaßnahmen in der Politik soll der Kulturruf begriffen werden. ‚Wir wissen alle, dass der letzte Haushalt so verabschiedet werden musste, um den Sparkommissar aus Arnsberg abzuwenden. Wir machen niemandem einen Vorwurf.‘ so Beiratsmitglied Ronald Hirsch. ‚Aber das darf beim nächsten Mal nicht wieder passieren.’“
„Das darf beim nächsten Mal nicht wieder passieren“? Und wenn der Sparkommissar wegen der prekären Haushaltslage der Stadt Witten wieder droht (siehe zur Haushaltslage der Stadt Witten meine vielen Beiträge in diesem Blog unter dem Stichwort „Haushalt/Finanzen“)? Schließlich wird Witten möglicherweise (!) den vom Stärkungspakt geforderten Haushaltsausgleich (ohne Zuschuss) erst 2021 erreichen. Bis dahin bewegen sich die Haushalts- und Haushaltssanierungspläne auf sehr dünnem Eis. Der Haushaltsausgleich und damit die Genehmigung des Haushalts sind in den nächsten Jahren bei zurückgehenden Zuschüssen aus dem Stärkungspakt alles andere als garantiert.
Was aber, wenn es nicht reicht, der Wittener Haushallt nicht genehmigt wird und/oder der Sparkommissar nicht abgewandt werden kann? Demo des Beirats vor der Kommunalaufsicht in Schwelm und/oder Arnsberg? (mehr …)
KULTUR-RUF: Karten offen auf den Tisch!
Noch einmal zum KULTUR-RUF: Der KULTUR-RUF fordert eine Erhöhung des Zuschusses zum Kulturforum um ca. 700.000 € ab 2018. Da bekanntlich das Geld nicht auf den Bäumen wächst, muss eine solche Erhöhung – falls nicht an Sponsoren gedacht ist – aus irgendwelchen Haushaltsquellen des Wittener städtischen Haushalts finanziert werden. Wie könnte das vor sich gehen? Es gibt drei Möglichkeiten:
– Die Finanzierung anderer Leistungen wird gekürzt. Meiner Einschätzung nach ist das vom KULTUR-RUF nicht gewollt, von der Sache her problematisch und dürfte in den bertroffenen Bereichen auf erheblichen Widerstand stoßen (Sollen z.B. Leistungen im Kinder- und Jugendbereich gekürzt werden?).
– Es werden entsprechende neue Schulden gemacht. Auch das dürfte vom KULTUR-RUF nicht gewollt und angesichts der Wittener Haushaltssituation (ca. 320 Mio. Kassenkredite) nicht möglich sein.
– Bleibt die Erhöhung von Einnahmen, z. B. eine entsprechende Erhöhung der Hebesätze der Grundsteuer B. Was das bedeuten könnte, macht folgende Rechnung des Wittener Kämmerers deutlich:
„10 Punkte Grundsteuer entsprechen rd. 300 bis 330 T€, heißt also im konkreten Beispiel zwischen knapp 25 Hebesatzpunkte.“
Heißt: Der jetzt schon exorbitant hohe Hebesatz der Grundsteuer B (910 Prozentpunkte, Spitzenwert im Städtevergleich) müsste auf ca. 935 Prozentpunkte erhöht werden!
Wenn das vom KULTUR-RUF gewollt ist, sollten die Karten offen auf den Tisch gelegt werden. Vielleicht sind ja die Wittener Bürgerinnen und Bürger bereit, eine solche Sonderbelastung für die Finanzierung des Kulturforums zu tragen. Ich glaube allerdings eher nicht. Aber vielleicht irre ich mich ja. Vielleicht wären ja die Wittener bereit, die Zusatzbelastung für das Kulturforum zu tragen. Einen Test wäre es wert.
Wogen geglättet
Die Wogen haben sich offenbar geglättet. Das war auch dringend notwendig, weil die Wogen offenbar auf Grund einer Fehlinterpretation der Rolle der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) durch die Wittener Verwaltungsspitze aufgewühlt worden sind (Zu den Gefahren einer solchen Fehlinterpretation siehe mein Beitrag „Gefährliches Spiel„/12.9.17).
Auf der letzte Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses bemerkte die Bürgermeisterin, sie habe die Einlassungen der GPA bezüglich des Kulturforums – Höhe des Zuschusses, freiwillige Leistung als Einsparmöglichkeit – als „unangemessene politische Einmischung“ wahrgenommen. Schließlich müsse eine gute kulturelle Versorgung gewähleistet sein.
Die GPA hat in diesem Zusammenhang richtigerweise festgestellt, dass sie nur berät und empfiehlt, also die politische Entscheidungssouveränität des Rates durch die Ergebnisse einer GPA-Prüfung unangestastet bleibt. Von einer unangemessenen politischen Einmischung konnte also keine Rede sein.
Im Übrigen finde ich es angesichts der Aufregung über die GPA pikant, dass die GPA nichts anderes getan hat als der Wittener Kämmerer (sicher mit Kenntnis der Bürgermeisterin). Als er schon vor längerer Zeit (2015) die sog. Liste der Grausamkeiten (Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen) mit den Einsparmöglichkeiten – also im Wesentlichen freiwillige Leistungen – dem Rat vorgelegt hat, tauchten in dieser Liste als quantitativer Hauptposten die Ausgaben für die Institute des Kulturforums auf.
→ Kompensationsmglichkeiten für Steuererhöhungen: Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen Stand Juni 2015
(Zu den realistischen Sparmöglichkeiten beim KuFo im „worst case“ siehe aber mein Beitrag „Kuh vom Eis?“/29.2.2016.)
Die inkriminierte „politische Einmischung“ ist also keine Erfindung der GPA, sondern steht seit Jahren auf der Agenda der vom Verwaltungsvorstand der Politik vorgeschlagenen Einsparmöglichkeiten. (mehr …)