Solidarität mit der Ukraine durch Einschränkung des Energieverbrauchs?
Jetzt hat also unser frisch gebackener Wirtschaftminister Habeck die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen!* Nun ja, der Mann hat sich bemüht: Verträge mit Katar (autokratisch und in den extrem blutigen Jemen-Krieg verwickelt)** und den USA (auch Fracking-Gas), um auf das Putin-Gas verzichten zu können. Jetzt hat es ihn doch erwischt wegen der unverschämten Forderung der bösen Russen nach Rubel-Zahlung. Das Gas wird möglicherweise (zu) knapp.
Alles nicht besonders glänzend. Noch weniger glänzend als der mögliche Gas-Mangel ist die Begründung des Ministers, mensch solle doch den Energieverbrauch*** einschränken, das würde auch der Ukraine helfen. Wie das? Fakt ist doch Folgendes: „Nord Stream 2 soll unter Umgehung der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland bringen. Die Ostseepipeline ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb. Die finanzschwache Ukraine ist dringend auf die Milliardeneinnahmen aus den Durchleitungsgebühren für den Gastransit angewiesen und befürchtet nun hohe Verluste.“****.
Gut, Nord Stream 2 hat sich erledigt, aber unabhängig davon und vom aktuellen Krieg würde die Einschränkung oder der Wegfall der Gasdurchleitung des russischen Gases durch die Ukraine die Ukraine erheblich schädigen. Will Habeck dann die Milliarden-Einnahmeausfälle für die eh schon arme und „finanzschwache“ Ukraine aus Solidarität (?) aus dem deutschen Staatshaushalt kompensieren? (mehr …)
Einige Hintergrundinformationen über die Ukraine
Was wissen wir über die Ukraine? Im Augenblick wird ja über deutsche Medien der Eindruck erweckt, als bestehe die Ukraine aus militärischen Aktionen und lauter ukrainischen „Helden“ im Kampf für „Freiheit“ und „Demokratie“ gegen das Putinsche autokratische „Böse“.
In Ergänzung zu den Ukraine-Informationen über https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine und http://www.erdkunde-einfach.de/aermste_Land_Europa.php hier eine instruktive Analyse aus 2015, die einige Faktoren verdeutlicht, die zu einer Verarmung des Ladens beigetragen haben. Diese Faktoren werden auch nach 2015 die Fehlentwicklung des Landes bis vor dem Krieg prägend beeinflusst haben: https://zeitschrift-luxemburg.de/artikel/ukraine-neoliberale-offensive-und-soziales-elend/.
Ukraine-Krieg: Wunsch der Vater des Gedankens?
Da sich mir zunehmend der Eindruck aufdrängt, dass bei der „Frontberichterstattung“ über den Ukraine-Krieg in einigen deutschen Medien der Wunsch der Vater des Gedankens ist, hier eine aus meiner Sicht einigermaßen plausible Einschätzung der beiderseitigen Verluste (Russland/Ukraine): https://www.zdf.de/nachrichten/politik/verluste-getoetete-zahlen-ukraine-krieg-russland-100.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE.
Klitschko: Solidarität mit welcher Ukraine?
Heute (23.3.22) wird vermeldet, dass der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, eine „bewegende“ Rede in Münchener Stadtrat gehalten habe: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-kiew-klitschko-ukraine-1.5552833. Zitat Klitschko: „Entweder Sie stehen auf der Seite der Ukraine oder auf der Seite des Aggressors“, so Klitschko: „Man kann nicht halbschwanger sein.“
Hier einige Informationen zum politischen Profil unseres neuen unbeugsamen (Der Spiegel) „Helden“ und „Freundes“: https://de.wikipedia.org/wiki/Vitali_Klitschko, und https://www.mediengewalt.de/vitali-klitschko-vermoegen/, aber auch http://blauerbote.com/2015/03/18/vitali-klitschko-posiert-mit-ukrainischen-nazis/ und https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/Putsch-in-Kiew-Welche-Rolle-spielen-die-Faschisten,ukraine357.html.
Ist angesichts des aktuellen deutschen Ukraine-Solidaritätsrauschs Blindheit auf dem rechten Auge wirklich angemessen? Für welche Ukraine fordert Herr Klitschko eigentlich Solidarität, und wer bekommt die Waffen in die Hände, die die BRD liefert (Siehe dazu mein Beitrag: „Regiment Asow: Bis zum letzten Blutstropfen der Zivilisten?“/22.3.22)?* (mehr …)
Regiment Asow: Bis zum letzten Blutstropfen der Zivilisten?
Ergänzung 22.3.22: Ukrainischer Botschafter Melnyk unterstützt ultrarechtes Asow-Regiment https://www.fr.de/politik/nationalistisch-ukraine-botschafter-andrij-melnyk-asow-regiment-ultra-rechts-91425243.html
Am 22.3.22 lese ich in der WAZ in einem Artikel zur Lage in Mariupol und den dortigen laufenden militärischen Auseinandersetzungen ( WAZ: „Es gab kein Leben mehr“), die Stadt werde vom „ultranationalistischen“ Regiment Asow verteidigt.
Die Bezeichnung „ultranationalistisch“ dürfte verharmlosend sein. Tatsächlich trifft wohl „rechtsextrem“ bis „neonazistisch“ eher zu (siehe dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Regiment_Asow und https://jungle.world/artikel/2018/01/blau-gelber-wahnsinn). Aber wenn es um die neuen „Helden“ und „Freunde“ des „Westens“ in der Ukraine geht, scheinen solche Feinheiten ja neuerdings keine Rolle mehr zu spielen.
Und was tun unsere „Helden“ und „Freunde“ in Mariupol? Keine Kapitulation (trotz Aussichtslosigkeit!, Zitat aus WAZ-Newsletter vom 22.3.22: „… es gibt kein frisches Trinkwasser mehr, keinen Strom, keine Heizung, die Telefonverbindungen sind gekappt, die Essensvorräte werden knapp. Für die schätzungsweise noch 350.000 Einwohner von Mariupol, deren Stadt russische Truppen seit drei Wochen belagern und beschießen, wird die Lage immer dramatischer. In der ukrainischen Stadt am Asowschen Meer spielt sich eine Tragödie von historischer Dimension ab, doch eine Kapitulation lehnen ihre Verteidiger ab.“) und „Bis zum letzten Blutstropfen für die Zivilisten“ (Zitat: „’Wir sind für die Zivilisten hier verantwortlich und sie sollen wissen, dass wir bis zum letzten Tropfen Blut für sie einstehen werden‘, sagte ein anonymer Asow-Kommandant gegenüber Al Jazeera“ aus https://www.fr.de/politik/ukraine-konflikt-russland-asow-neonazis-babushka-bataillon-mariupol-91349712.html)?
Ja wessen Blutstropfen denn, die der Verteidiger oder die der Zivilbevölkerung? Das letztere hielte ich für unverantwortlich (Siehe dazu auch mein Beitrag: „‚Heldenhafter‘ Widerstand?“/3.3.22.
Mit nuklearer Teilhabe zu mehr Sicherheit? Warnung!
Zur sog. nuklearen Teilhabe der BRD (https://de.wikipedia.org/wiki/Nukleare_Teilhabe), für die die F-35 Kampfjets angeschafft werden, hier ein Beitrag, in dem auch ein ehemaliger Wittener Bundestagsabgeordneter der SPD zu sehen ist: https://www.arte.tv/de/videos/099183-000-A/deutschland-streit-um-atomwaffen-in-der-eifel/. Zum Ernstfall dieser Teilhabe kann es schnell durch eine unkontrollierbare militärische Eskalation kommen (Stichwort Flugverbotszone: https://de.wikipedia.org/wiki/Flugverbotszone).
Ob die in dem Beitrag zitierte Green-Peace-Umfrage angesichts des Ukraine-Kriegs heute anders ausfallen würde? Wenn ja, würde mir das Angst machen, denn mehr Sicherheit für Deutschland wird mit dieser Teilhabe (an der atomaren Schlagfähigkeit der NATO) sicher nicht erreicht, im Gegenteil.
Taumeln in den kollektiven Selbstmord?
Ergänzung 22.3.22: Interessante Zahlen über die Bundestagswahl 1983 unter * (s.u.)!
Hier ein aktueller Beitrag von Sahra Wagenknecht, dem ich voll zustimmen kann: https://www.youtube.com/watch?v=SYLsSPSjTX8.
Von mir nur als Ergänzung einige Feinheiten. Sahra Wagenknecht hat die 1980er Jahre aus der Perspektive der DDR erlebt, ich war Anfang der 1980er Jahre aktiv für die damaligen Grünen in der damaligen Friedensbewegung engagiert (Wir erinnern uns: Pershing II, Cruise Missiles) und 1983 erster Bundestagskandidat der Grünen in Witten* (Grüne Programmatik damals: Gewaltfrei, Abrüstung, Raus aus der NATO: Siehe auch mein Beitrag „Hohle Sprüche: Grüner Direktkandidat Janosch Dahmen I„/30.8.17)).
Die Friedensbewegung hatte die damaligen NATO-Strategien intensiv analysiert und war zu dem Ergebnis gekommen, dass ein (konventioneller/mit Eskalation** atomarer) Krieg in Europa selbstmörderisch wäre. An der Richtigkeit dieser Analyse hat sich bis heute nichts geändert. Nur die NATO-Grenzen haben sich bekanntlich nach Osten verschoben.
Darüber hinaus war ein Ergebnis der Analysen, dass die USA auf eine „Entkoppelung“ der potentiellen Kriegsschauplätze aus waren, also darauf, bei einer konventionellen/atomaren Auseinandersetzung auf europäischem Boden nicht automatisch atomar in diese hinein gezogen zu werden. Auch daran dürfte sich seit damals nichts geändert haben.***
Insofern laufen Europa und die BRD – abgesehen von den finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Kosten – in eine selbstmörderische Falle, wenn sie meinen, durch Aufrüstung einen Krieg gewinnbar zu machen. Die aktuelle 100-Milliarden-Aufrüstung – die ja offenbar grundsätzlich schon vor dem Ukraine-Krieg beschlossenen Sache war: s. Koalitionsvereinbarung – und der überbordende nationalistische und militaristische Taumel hinter der Fassade der Ukraine-Solidarität**** führt einen Schritt näher an den kollektiven Selbstmord in Europa***** heran. Ob es ein III. Weltkrieg würde, hinge dann von den USA und China ab. (mehr …)
100 Milliarden für die „Sicherheit“ der BRD?
Jetzt also quasi im Handstreich 100 Milliarden für die Nach-/Aufrüstung der Bundeswehr als „Sondervermögen“. Abgesehen vom militärischen (Un-)Sinn dieser Steigerung der Rüstungsausgaben – die BRD lässt sich auf eigenem und/oder europäischem Terrain weder konventionell noch atomar ohne kollektiven Selbstmord verteidigen – hier einige Zahlen über die Rüstungsausgaben vor „Sondervermögen“ (auch der NATO): https://www.mitwelt.org/militaerausgaben-ruestungsausgaben-deutschland-nato-russland-vergleich. Sage niemand, es sei nicht bisher schon viel Geld für die „Sicherheit“ zum Fenster hinaus geworfen worden, das an anderer Stelle sinnvoller hätte verwandt werden können*.
*Z.B. auch für die zivile Entwicklung der Ukraine. Die Ukraine gehörte schließlich schon vor dem Krieg zu den ärmsten größeren Ländern Europas: https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine/7. Wirtschaft und http://www.erdkunde-einfach.de/aermste_Land_Europa.php. Nach dem Krieg, wie er auch immer ausgehen mag, wird sich das nicht geändert haben, im Gegenteil. Und ein NATO-Beitritt der Ukraine würde das wirtschaftliche und soziale Elend dieses Landes mit Sicherheit nicht ändern.
Jetzt doch Pflugscharen zu Schwertern?
Ergänzung 7.2.22: Hier eine einigermaßen plausible Einschätzung der aktuellen militärischen Lage in der Ukraine und ein Hinweis auf die Gefahren von Waffenlieferungen https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ex-general-vad-russland-ukraine-krieg-100.html.
Am 7.3.22 titelt die WAZ: „Kurschus offen für Waffenlieferungen“. Ich fass‘ es wieder nicht. Was mag da im Kopf der Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche, Annette Kurschus, passiert sein? Jetzt also Pflugscharen zu Schwertern, weil ein Land, dessen Widerstand gegen eine völkerrechtswidrigen Angriff mensch unterstützt, ein Selbstverteidigungsrecht habe? Waffenlieferungen an die Ukraine?
Folgendes sollte doch auch einer evangelischen Christin klar sein:
Unabhängig von Rechtsfragen – selbstverständlich ist dieser Krieg völkerrechtswidrig, wie viele andere vor ihm – sollte dieser Krieg im Interesse der leidenden und sterbenden Ukrainer und der leidenden, sterbenden und in den Krieg gezwungenen russischen Soldaten so schnell wie möglich beendet werden.
Dieser Krieg ist militärisch durch die Ukraine ohne ein Eingreifen der NATO nicht zu gewinnen*. Ein Eingreifen der NATO würde aber aller Wahrscheinlichkeit nach schnell zu einer atomaren Auseinandersetzung auf europäischem Boden eskalieren. Folge: Kollektiver Selbstmord Europas einschließlich der BRD und Ende der bequemen Chickenhawk-Position unserer Berufschristin. Will Frau Kurschus das riskieren?
Wenn dieser Krieg nicht zu gewinnen ist, was sollen dann Waffenlieferungen erreichen? Sie können doch nur zu einer „heldenhaften“ Verlängerung des Tötens mit einem bitteren Ende für die „Helden“ führen. Wie ich in meinem Beitrag „‚Heldenhafter‘ Widerstand?“/3.3.22. geschrieben habe: „Auch „Heldentode“** (sowohl von Militärs wie von Zivilisten) sind nur ganz prosaische Tode, bei dem für die Getöteten Leben und Geschichte endgültig zu Ende sind. Das gilt auch für die getöteten russischen Soldaten. Deshalb kann ich mich weder über den Tod der „Helden“ noch über die ukrainische Meldung von 5840 getöteten russischen Soldaten (Meldung vom 2.3.22) freuen, die in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg geopfert werden.“
Bleiben am Ende nur Verhandlungen und diplomatische Lösungen unter Einschluss Russlands** und – last but not least – das Umschalten der Ukraine auf zivilen Widerstand. Letzteres ist in der Friedensbewegung der 1980er Jahre schon einmal intensiv als Alternative diskutiert worden, um das Töten bei militärischen Widerstandsaktionen zu vermeiden. (mehr …)
Neuer „Kalter Krieg“?
Hier eine interessante aktuelle Analyse der möglichen Gefahren einer Ausweitung des Ukraine-Kriegs: https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/nato-osteuropa-verteidigung-russland-ukraine?utm_referrer=https%3A%2F%2Fgetpocket.com%2Frecommendations.
Der Terminus „Kalter Krieg“ hinkt aber. Warum? Der „Kalte Krieg“ war eine eingefrorene West-Ost-Konfrontation in Europa zwischen dem Warschauer Pakt (Sowjetunion) und der NATO (USA, dem sog. „Freien Westen“)*.
Jetzt gibt es einen dritten mächtigen Spieler am Horizont: China, das nach eigenem Bekunden eine „strategische Partnerschaft“ mit Russland eingegangen ist (https://www.handelsblatt.com/politik/international/laenderpartnerschaft-china-will-strategische-zusammenarbeit-mit-russland-im-westpazifik-ausbauen/27732652.html?ticket=ST-10630127-LljHjo0OLEx6QqN1wxPc-ap5). Das macht militärische Konfrontationen zwischen nationalstaatlichen Bündnissystemen global noch viel gefährlicher**. (mehr …)