Europawahl – Witten: Grünste Stadt im Revier?/Fortsetzung
Genau genommen hat sich ja abgesehen von den Jubelrufen der Grünen nichts geändert. Das europaweite Ergebnis hat nur eine leichte Verbesserung für die Grünen ergeben, und die bisherigen Mehrheits- und Machtverhältnisse auf Bundesebene, im Land und auch kommunal bestehen nach wie vor weiter. Was das z.B. bezogen auf eine konsequente Umwelt- und Klimaschutzpolitik aktuell heißt, machen zwei Statements deutlich:
In der WAZ vom 29.5.19 äußert sich die NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (im Artikel „Städte müssen Konflikte austragen“): „Der Regionalverband Ruhr hat den Regionalplan auf der Basis der strengen Planungsvorgaben der rot-grünen Vorgängerregierung aufgestellt. CDU und FDP geben den Planern nun größere Freiheiten bei der Ausweisung von Flächen für Gewerbe und Wohnen“.
Und in der selben WAZ nimmt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil im Artikel „Wir müssen klarmachen, wofür die SPD steht“ folgendermaßen zum Wahlausgang Stellung: „Aber im Übrigen muss die SPD jetzt auch einmal die Auseinandersetzung mit den Grüne führen. Welche Konzepte haben die Grünen, um Arbeit und Umwelt zusammen zu bringen, oder sind ihnen Arbeitsplätze egal? Und wie soll die Klimawende finanziert werden, ohne dass die kleinen Einkommen bluten?“.
Mein Kommentar dazu: Falsche und klimaschädliche Zielstellungen, alte verstaubte Frontstellungen und nix gelesen und gelernt.
Europawahl – Witten: Grünste Stadt im Revier?
Natürlich ist das grüne Ergebnis sowohl bundesweit bei den Europawahlen wie auch in Witten beachtlich. Es zeigt zweierlei: dass Sachthemen, für die Grünen – im Bund, Land und auch in Witten – stehen sollten (Klimaschutz etc.) für Wähler_innen zunehmend wichtiger geworden sind, und dass die unsägliche Wurschtelei der sog. Volksparteien (CDU, SPD) von den Wähler_innen immer weniger goutiert wird.
Den Wittener Grünen würde ich allerdings empfehlen, die Bodenhaftung und den Realitätsbezug nicht zu verlieren. Erstens ist das besonders gute Ergebnis in Witten im Revier nichts Neues. Schon 1994 hatten die Wittener Grünen mit ca. 8.300 Stimmen bei der damaligen Kommunalwahl die Spitze im grünen Revierrankung erreicht. Zweitens sind derartige Ergebnisse bei den Grünen extrem volatil. Denn 1999 lagen die Wittener Grünen dann bei ca. 2.800 Stimmen – der Absturz nach Beginn der rot-grünen Koalition unter Schröder (siehe dazu mein Beitrag „Nichts ohn‘ Ursach – wie die Wittener seit 1994 ihre Selbstverwaltung gewählt haben“/14.4.13)!
Heißt: Dass Ergebnis der Wittener Grünen ist absolut abhängig von drei Faktoren: der Performance konkurrierender Parteien (dies gilt auch für die kommunale Ebene), dem Bundestrend und der Leistung der Grünen in Regierungsverantwortung, wenn gegeben (s. Rot-grün im Bund nach 1998 und Rot-grün in NRW).
Hinzu kommt die bei genauerem Hinsehen fehlende politische Substanz der Wittener Grünen, was die grünen Kernthemen anbetrifft (Das mag übrigens der Hintergund sein, warum die Wittener Grünen am 26.5.19 das Spitzenergebnis ungläubig zur Kenntnis genommen haben: WAZ Online 27.5.19). (mehr …)
AfD – (bad) news is better than no news
Zur Plakatposse AfD versus Piraten/Piraten versus AfD und Demo gegen die AfD:
Es gibt in der Werbung den Spruch „Bad news is better than no news“. Das könnte mensch auch zu den genannten Ereignissen und der breiten Berichterstattung in der WAZ* sagen – wobei die Berichterstattung nicht einmal richtig „bad“ war.
Mein Fazit zu den bedeutenden Ereignissen der Wittener Stadtgeschichte: Diejenigen, die die AfD ablehnen und nicht wählen werden, haben ihre jeweilige politische Haltung bekräftigt (AfD nicht, sonst sehr unterschiedlich), und diejenigen, die möglicherweise die AfD wählen wollen, werden sich durch die Ereignisse und Berichterstattung nicht von ihrer Wahl abbringen lassen – eher im Gegenteil. Darüber hinaus wird sich die AfD über die Presse und faktische Wahlkampfunterstützung freuen.
Und dieses „Zuspiel“ wegen einer Veranstaltung („Bürgerdialog“ der AfD) mit ca. 30 originären Teilnehmer_innen, wenn ich die Zahlen aus der WAZ-Berichterstattung richtig interpretiere?
Aus genannten Gründen nehme ich nicht mehr an Veranstaltungen wie der Gegendemo teil (siehe auch mein Beitrag „AfD im Saalbau: Fehlentscheidung glücklicherweise vermieden“/12.4.19). Übrigens: Den Einfluss rechter Diskurse – ein weites Feld – verhindert mensch nicht durch Gegendemos, sondern durch eine überzeugende (Sach)-Politik. Wenn die nicht überzeugt, sollte sich mensch nicht wundern. Die inhaltsleeren und z.T. sinnfreien Sprüche vieler nichtrechtspopulistischer Wahlplakate lassen da allerdings nichts Gutes hoffen. (mehr …)