Baumfällungen am Bebbelsdorf: Mit „Klimaschutz“ gegen Klimaschutz?
Am 21.8.23 lese ich in der WAZ-Online „2300 Bäume: Kahlschlag am Bebbelsdorf befürchtet“: 2300 Bäume_ Kahlschlag am Bebbelsdorf in Witten befürchtet, kurz darauf am 25.8.23 wieder in der WAZ-Online „Stadt Witten stoppt geplanten Kahlschlag von 2300 Bäumen“: Stadt Witten stoppt geplanten Kahlschlag von 2300 Bäumen. Mensch fragt sich verzweifelt, was da eigentlich bei der Planung des Kahlschlags in den Köpfen der Wittener Verwaltung vorgegangen sein mag? Geistiger Kahlschlag („veraltete Daten“)? Denn von nachhaltiger Intelligenz kann wohl kaum die Rede sein, wenn unter dem Stichwort „Klimaschutz“ massive Baumfällungen geplant werden.
Nachhaltige Intelligenz hätte bei Klimaschutz prioritär „Schwammstadt“* und nicht Beton assoziieren müssen. Dann hätte aber begriffen werden müssen, das alles, was zur Schwammfunktion von Flächen beitragt – u.a. Erhalt von Baumbestand und nicht versiegelten Flächen, Entsiegelung von Flächen – zum natürlichen Klimaschutz (eben auch Hochwasserschutz ) beiträgt, denn einen wesentlichen Anteil an den Problemen zum Beispiel bei Starkregen hat ja durch Versiegelung nicht versickerndes und nicht gebundenes Wasser.
Wird der natürliche Klimaschutz nicht berücksichtigt, ja sogar durch eine weitere Bebauung und Versiegelung von Flächen immer stärker beeinträchtigt, führt das zu einem immer größeren Aufwand an künstlichen und teuren Defensivmaßnahmen (Kanalausbau, Regenrückhaltebecken). Nun soll der Sinn von Regenrückhaltebecken nicht bestritten werden. Paradox wird es erst, wenn zu Gunsten von Regenrückhaltebecken der natürliche Klimaschutz wie im Bebbelsdorf massiv zerstört werden soll, gleichsam mit „Klimaschutz“ gegen Klimaschutz. (mehr …)
Wittener Haushalt – „Licht am Ende des Tunnels“?
In meinem Beitrag „Und wieder: Städtischer Haushalt Wittens – düstere Zeiten für Bürgerinnen und Bürger?“/22.8.23 habe ich die Situation den maroden Wittener Haushalts pessimistisch eingeschätzt.
Um aber nicht in den Verdacht zu geraten, ich hätte mir nie über Lösungsperspektiven Gedanken gemacht, hier mein immerhin mittlerweile 7 Jahre zurück liegender Beitrag „Wittener Haushalt – Licht am Ende des Tunnels, aber wie??“/6.1.16, den ich immer noch für grundsätzlich instruktiv halte.
Leider hat sich die Lage in den vergangenen ca. 7 1/2 Jahren nicht verbessert, sondern gravierend verschlechtert. Zu einem gewissen Pessimismus besteht also durchaus Anlass.
Olaf Scholz – ein weich gespülter und unpopulärer Kanzler
Manche politische Karrieren empfinde ich als abenteuerlich. So auch die Karriere von Olaf Scholz. Welcher Wertewandel: Vom Wehrdienstverweigerer, über den Scholzomaten, parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestsagsfraktion, Bundesminister für Arbeit und Soziales zum Finanzminister und unpopulären Kriegskanzler. Echt weich gespült und dem Typ der neuen Politkarrieristin/des neuen Politkarrieristen entsprechend, einschließlich eher dunkler Seiten (Cum-Ex-Skandal*)! Siehe auch meine Beiträge „Ampel-Koalition: Zu viele Köche verderben den Brei„/5.5.22 und „G 7 – die Elite des ‚Westens‘?„/7.7.22.
Hier ein Überblick über die Karriere: Scholz Karriere. (mehr …)
Altschuldenübernahme durch das Land NRW – die Rettung?
Am 23.8.2023 lese ich im zentralen Teil der WAZ im Artikel „Schwarz-Grün kassiert eigene Altschuldenpläne“* folgende Sätze „Doch nicht nur die Städte, sondern auch das Land plagt ein Schuldenproblem. Der Landesrechnungshof sprach am Dienstag von einer ‚prekären Lage‘. Die Landesschulden seien zuletzt auf einen Rekordstand von 164 Milliarden Euro gestiegen.“
Heißt: Für die „entlasteten“ Städte mag bzgl. der jeweils eigenen Altschulden „aus dem Auge, aus dem Sinn“ gelten, doch diese lösen sich ja nicht in blauen Dunst auf, sondern bleiben bei aller Hin- und Herschieberei erhalten – ob sie nun bei der Stadt, beim Land oder Bund anfallen. Heißt weiterhin: Durch die Altschuldenübernahme werden wohl die betroffenen Städte, aber nicht die Bürger_innen entlastet, weil diese in letzter Instanz für alle Schulden gerade stehen müssen. (mehr …)
Drei weitere instruktive Beiträge zum Ukraine-Krieg
Zum Antikriegstag am 1. September 2023 hier drei weitere instruktive Beiträge zum Ukraine-Krieg, die für sich selbst sprechen (Quelle: NachDenkSeiten: https://www.nachdenkseiten.de/):
– „Opfergaben auf dem Altar der „westlichen Werte“: Bis 400.000 US-Dollar für jeden getöteten ukrainischen Soldaten“: https://www.nachdenkseiten.de/?p=102736.
– „’War-Shaming“: So schlimm hetzen die Verächter der Demokratie gegen den Krieg“: https://www.nachdenkseiten.de/?p=102623.
Und last, but not least als prominentes Beispiel des um sich greifenden Neusprechs* der Befürworter einer militärischen Unterstützung der Ukraine: „Kanzler-Entgleisung: Pazifisten sind ‚gefallene Engel, die aus der Hölle kommen’“: https://www.nachdenkseiten.de/?p=102716 .
Ob die abstürzende Popularität von Scholz, die ja eh immer schon sehr bescheiden war, vielleicht auch etwas mit seinem permanenten Umkippen in bezug auf Waffenlieferungen an die Ukraine und seiner Unterwürfigkeit unter den großen Bruder von jenseits des Atlantik zu tun hat? (mehr …)
Und wieder: Städtischer Haushalt Wittens – düstere Zeiten für Bürgerinnen und Bürger?
Am 27.7.23 lese ich in der WAZ-Online einen Artikel („Haushalt vor dem Kollaps: Witten drohen harte Einschnitte“: Haushalt vor Kollaps), der auf die katastrophale Situation des Wittener Haushalts aufmerksam macht. Der Kämmerer spricht von drohenden harten Einschnitten vor allem bei den Investitionen und einer voraussichtlichen Nichtgenehmigung.
Nun ist die prekäre Situation nicht neu (Siehe dazu meine Beiträge auf dieser Website unter dem Stichwort „Haushalt/Finanzen“ über die Suchfunktion). Es sei nur daran erinnert, dass die Stadt Witten schon seit 2010 überschuldet ist und sich deshalb pflichtig am mittlerweile ausgelaufenen Stärkungspakt beteiligen musste*. Es sei weiterhin daran erinnert, dass ohne die Zuschüsse des Stärkungspakts die Schuldenlast der Stadt noch weit höher wäre, als sie gegenwärtig ist – und sie ist ja eindrucksvoll und wächst noch ständig.
Dazu einige Anmerkungen:
– Wieso sich der städtische Haushalt „ohne Corona und die Ukraine-Krise auf einem Wachstumspfad“ befunden hätte (Kämmerer), ist mir ein Rätsel. Vor allem, weil das Voodoo des Herzausrechnens von Defiziten aus dem Haushalt** doch nur wegen Corona ermöglicht worden ist: Ohne Herausrechnen wäre der Wittener Haushalt schon seit 2020 nicht mehr genehmigungsfähig gewesen. Und die Jahre vorher seit 2011? Vorher ist der Haushaltsausgleich nur durch die Stärkungspaktzuschüsse und drastische Streuerhöhungen (Grundsteuer B und Gewerbesteuer im Jahr 2016!***) zustande gekommen.
– Der Haushalt befindet sich also schon lange nicht mehr auf einem „Wachstumspfad“, sondern in einer Dauerkrise. Wenn der Haushalt 2024 nicht mehr genehmigt würde, wäre das nur der Offenbarungseid nach einer jahe-(jahrzehnte-)langen problematischen Haushaltsführung. Der enorme Anstieg der Verschuldung**** ist dafür ein Indiz.
Was wäre bei einer Nichtgenehmigung zu erwarten? (mehr …)
Putin: Niederlage Russlands im 1. Weltkrieg wegen eines „Dolchstoßes“?
Im Zusammenhang mit der Prigoschin-Revolte hielt Putin am 24.6.2023 eine Rede, in der er behauptete: „Genau dieser Schlag wurde 1917 ausgeführt, als das Land im ersten Weltkrieg war. Aber der Sieg wurde gestohlen. Intrigen und Streitereien hinter dem Rücken der Armee führten zur größten Katastrophe, zur Zerstörung der Armee und des Staates, zum Verlust riesiger Gebiete, was zu einer Tragödie und zum Bürgerkrieg führte“*.
Das ist natürlich ein nationalistischer Geschichtsmythos von diesmal russischer Seite und eine handfeste Geschichtsverdrehung**. Das zaristische Russland hat den Krieg nicht wegen eines „Dolchstoßes“ („Intrigen und Streitereien hinter dem Rücken der Armee“) verloren, sondern weil:
– der russische Zarismus und die ihm zugrunde liegende Produktionsweise durch und durch marode und auch schon vor dem Krieg von Krisen (1905 (!)***) geschüttelt war. Ein glänzend formulierte kurze Skizze der Lage im zaristischen Russland vor dem Krieg findet sich im 1. Kapitel von Leo Trotzki, Geschichte der russischen Revolution, Erster Teil: Februarrevolution, Frankfurt 1982, S. 13 – 23: „Die Eigenarten der Entwicklung Russlands“, auch unter https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1930/grr/index.htm;
– die russischen Armeen vor diesem Hintergrund technisch und organisatorisch nicht in der Lage waren, einen längeren großen Krieg durchzustehen. Ein gute Analyse findet sich op.cit., S. 24 – 37: „Das zaristische Russland im Kriege“, auch unter https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1930/grr/index.htm;
– diese Armeen waren gegen Ende des Krieges in Auflösung begriffen. Die Soldaten wollten sich einfach nicht mehr zum Kanonenfutter machen lassen. Das Debakel der militärischen und zivilen Eliten führte zur Februar- und – weil die die Februarrevolution tragenden politischen Kräfte den Krieg nicht beenden wollten – schließlich zur Oktoberrevolution****.
Fazit: Kein „Dolchstoß“, sondern die Unfähigkeit des Zarismus zu Reform und Modernisierung haben zur Niederlage Russlands im 1. Weltkrieg geführt. Dieser „Modernisierungs-Lag“ ist dann mit Terror und schrecklichen Opfern unter Stalin aufgeholt worden (nachholende Industrialisierung) und hat wesentlich zur Niederlage der deutschen Wehrmacht gegen die Rote Armee und Sowjetunion im 2. Weltkrieg beigetragen***** . (mehr …)
Nationalistische Geschichtsmythen: Schlacht bei Warschau gegen sowjetische Truppen?
Am 15.8.23 lese ich in tagesschau.de folgenden Beitrag:
„Polen gedenkt Schlacht gegen Sowjetunion/Stand: 15.08.2023 18:20 Uhr
Mit einer Militärparade hat Polen der Schlacht von 1920 gedacht und Verteidigungsbereitschaft demonstriert: Seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine sind Milliarden in neue Ausrüstung geflossen, die Armee wird weiter aufgestockt.
Polen hat mit einer großen Militärparade an den Jahrestag der Schlacht bei Warschau gegen sowjetrussische Truppen gedacht. … (https://www.tagesschau.de/ausland/europa/polen-warschau-militaerparade-100.html).
Ich stutze. Wie war das denn wirklich 1920?
1. Eine Schlacht bei Warschau gegen sowjetische Truppen konnte 2020 gar nicht stattgefunden haben, weil es 2020 noch gar keine Sowjetunion gab. Die ist erst 1922 gegründet worden*.
2. Eine Schlacht hat tatsächlich stattgefunden, und sie ist durch die polnische Armee gewonnen worden. Sie ist aber nicht gegen sowjetische Truppen, sondern gegen die damalige Rote Armee Russlands (!) gewonnen worden. Interessant ist allerdings, wie es zu dieser Schlacht gekommen ist, denn die hat eine Vorgeschichte, die für Polen nicht rühmlich ist. Dem Einmarsch der Roten Armee in Polen und der Schlacht waren nämlich ein militärischer Überfall der Polen auf Russland unter Pilsudski** und eine kurzfristige Eroberung der russischen Ukraine durch Polen vorauf gegangen, die durch eine Rückeroberung durch die Rote Armee und durch eine panikartige Flucht der Polen beendet wurde. Wie Isaac Deutscher zeigt, war der anschließende Einmarsch der Roten Armee in Polen innerhalb der bolschewistischen Partei durchaus strittig***. (mehr …)