Wittener Haushalt – Licht am Ende des Tunnels, aber wie??

Licht am Ende des Tunnels? Das würde bedeuten, dass sowohl ein Haushaltsausgleich wie eine Entschuldung in einem überschaubaren Zeiraum absehbar wären.

Zu den Rahmendaten des Haushaltsplans 2016:
Vorbericht Haushaltsplanentwurf 2016 05 Vorbericht Haushaltsplanentwurf 2016

Zum Sanierungsplan:
Sanierungsplan 2016 mit Anlagen 01 Entwurf des Sanierungsplans mit Anlagen

Bei gesetztem Zieljahr – sagen wir Haushaltsausgleich + Entschuldung innerhalb von 12 Jahren (Zieljahr 2027): Im Stärkungspakt ist der originäre Haushaltsausgleich sowieso bis 2021 vorgesehen – ließen sich dann in Form von Szenarien verschiedene Pfade darstellen (siehe aber Anmerkung unten*). Mit anderen Zieljahren andere.

Was gar nicht geht:

– Unbegrenzt neue Schulden „nach Bedarf“. Das würde darauf hinaus laufen, dass die wachsende Belastung durch kontinierlich steigende Schulden (Zinsen, Tilgungen) auf zukünftige Generationen übertragen wird;

– Rigides Konnexitätsprinzip, weil dann die Schuldenlast nur auf Land uns Bund verlagert würde: Verschiebung der Schulden;

– Millionärssteuer und andere Tauben auf dem Dach als Auswege aus der Finnanzkrise. Erstens ist vollkommen unklar, wann solche Projekte durchgesetzt werden können, und zweitens ust unklar, wieviel der zusätzlichen Einnahmen des Bundes speziell auf Witten entfallen würden.

Dabei muss angesichts der besonders extremen Finanzmisere Wittens (frühzeitige Überschuldung seit 2010, pflichtige Teilnahme am Stärkungspakt) mittlerweile davon ausgegangen werden:

– Das Ziel kann aus eigener Kraft nicht geschafft werden. Dafür sind die Strukturschwächen (nicht Wittens, sondern der Stadtverwaltung) zu gravierend und die Schulden zu hoch (s.o. Vorbericht Haushaltsplanentwurf 2016). Daher bedarf es einer wirksamen Unterstützung „von außen“. Diese Unterstützung darf nicht in erster Linie in der Versorgung mit mehr Geld bestehen. Die bloße bessere Versorgung mit mehr Geld impliziert kein Steuerungspotential und lädt zum Weiterwurschteln ein.

– Teilübernahme der Altschulden, wie Prof. Dr. Junkernheinrich in einem WAZ-Artikel vom 11.12.15 fordert, sollte nur möglich sein, wenn das Hineinschlittern in eine neue Verschuldungsdynamik durch nachhaltige Strukturreformen verhindert wird (vorbehaltlose Diagnose und Therapie der die Haushaltskrise und Verschuldung wesentlich verursachenden Faktoren).

Perspektiven:

– Der Stärkungspakt** hat schon ansatzweise den richtigen Weg gewiesen, indem er die Zuschüsse an eine strikte Haushaltdisziplinierung gekoppelt hat.

– Die Schwäche des Stärkungspakts besteht darin, dass er nur aus der Ferne durch indirekte Haushaltskontrolle (Zwischenberichte, Genehmigung oder Nichtgenehmigung) zu steuern versucht.

– Wünschenswert wäre eine Art „Task-Force“, die die Zielerreichung direkt vor Ort unterstützt.

Was ist damit gemeint?

Neben den mit der Haushaltskonsolidierung vor Ort befassten internen Kräften (Verwaltungsspitze, Selbstverwaltung/Rat) gibt es drei Instanzen, die aktuell oder potentiell mit der Konsolidierung befasst sind oder sein können: die Kommunalaufsicht (Haushaltsgenehmigung oder -nichtgenehmigung), die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA): Beratung und als Drohung ein vom Land eingesetzter Sparkommissar.

Nachdem von ca. 2011 – 2013 die Kommunalaufsicht (Bezirksregierung/RP Diegel) die Konsolidierungastrengungen der Stadt direkt vor Ort begleitet und kontrolliert hat, sind nach dem Wechsel des Regierungspräsidenten (RP Bollermann) ab ca. 2013 die Modalitäten der Steuerung verändert worden. Die Kommunalaufsicht versuchte seitdem, die Steuerung über zentrale Meetings mit der Verwaltungsspitze, Zwischenberichten und die abschließende Genehmigung/Nichtgenehmigung des Haushalts vorzunehmen, die Beratung vor Ort wurde punktuell durch die GPA übernommen. Über dem ganzen Prozess schwebte und schwebt wie ein Damoklesschwert der Sparkommissar. Dieser würde im Ernstfall allerdings keine nachhaltigen Strukturreformen einleiten (das ist nicht seine Aufgabe), sondern allein einen schnellen und rücksichtslosen genehmigungsfähigen Haushalt zu Konditionen des Stärkungspakts exekutieren.

Diese Verfahren hat sich aus meiner Sicht für „Patienten“ wie Witten als relativ unwirksam erwiesen. Grund: Es lässt den widerständigen und reform- und konsolidierungsabgeneigten Kräften vor Ort zu viel Spielraum.

Sinnvoll wäre es, im Rahmen einer „Task-Force“ interne Kräfte (Verwaltungsspitze, Selbstverwaltung/Rat) und die externen Instanzen (Kommunalaufsicht, GPA) prozessbegleitend zusammen zu führen, um eine wirksame Beratung und Kontrolle über den einmal festgelgten Konsolidierungpfad zu erreichen. Nur auf diesem Weg dürfte ein Licht am Ende des Tunnels leuchten, und nur durch ein absehbares Ende dürften etwaige „Grausamkeiten“ den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber legitimierbar sein (immer noch aktuelle, vom Kämmerer vorgelegt „Liste der Grausamkeiten“: Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen Stand Juni 2015).

Ist eine „Task-Force“ istalliert, ein Zieljahr definiert und ein Konsolidierungspfad einschließlich nachhaltiger Reformen (s.o.) verbindlich beschlossen, könnte ergänzend über folgende begleitende Maßnahmen nachgedacht werden: Teilübernahme der Altschulden (Junkernheinrich, s.o.)? Bad Bank? Schuldenfonds?

* 2027 habe ich nur als Zieljahr genommen, weil in anderen Kommunen Haushaltsausgleich + Entschuldung in einem solchen Zeitraum gelungen ist. Selbstverständlich ist 2027 für Witten angesichts der dann notwendigen Tilgungsraten, damit verbundenen geforderten Einnahmesteigerungen = Belastungen für Bürgerinnen und Bürger und Sparmaßnahmen unrealistisch. Hinzu kommt, dass die Stadt Witten über keine nennenswerten veräußerbaren Vermögenswerte mehr verfügt, deren Veräußerung einen ersten wirksamen Schritt in eine Entschuldung darstellen könnte (Ich habe übrigens 1999! – WAZ-dokumentiert! – einen Verkauf der Stadtwerke als Einstieg in eine Entschuldung gefordert. Damals hätte ein Verkauf noch eine erhebliche Summe eingebracht.).

Das Zieljahr 2027 ist nur genannt, um die Größe der Aufgabe selbst bei einem relativ üverschaubaren Zeitraum klar zu machen. Was bleibt, ist die Aufgabe eines transparenten und den Bürgerinnen und Bürgern vermittelbaren Weges zum Licht am Ende des Tunnels. Angesichts der in den zurück liegenden Jahren unterbliebenen Entscheidungen und Maßnahmen (dazu auch mein Beitrag „Rückblick:Verpasste Chancen“/13.01.15 und Verkauf Stadtwerke (s.o.)) rückt dessen Erreichen allerdings in immer weitere Ferne. Nur: Einfach Weitermachen geht auch nicht. Nach uns (mir) die Sintflut ist eine schlechte Maxime.

** Zum Stärkungspakt verweise ich auf meinen immer noch grundsätzlich aktuellen Beitrag „Was bedeutet der Stärkungspakt für Witten?“/12.3.13, darin insbesondere mein Papier „Stärkungspakt/Prognose“ und das darin enthaltene Zitat: „Die Verschuldung der Kommunen weist eine große Heterogenität hinsichtlich Niveau, Struktur und Entwicklung auf. Als Finanzergebnis am Ende einer Kette unterschiedlichster Einflussfaktoren auf die kommunalen Finanzen bildet sie sowohl kurzfristige Ereignisse (z. B. Steuereinbruch, einmalige große Verkaufserlöse) als auch langfristige Entscheidungen (Investitionen, hohe Folgekostenbelastung) ab. Vor diesem Hintergrund lassen sich gemeinde- oder raumtypenspezifische Strukturen kaum identifizieren. Hier sind einzelfallorientierte Analysen zum kommunalen Entscheidungsverhalten notwendig. Diese Determinante der Verschuldungstätigkeit ist bislang offensichtlich unterschätzt worden.“ (aus: Kommunaler Schuldenreport/Prof. Dr. Martin Junkernheinrich/Bertelsmann-Stiftung/2010)