Wittener Grüne: Beim Klimaschutz Klassenziel nicht erreicht!
Ich hatte in meinem Beitrag „Euopean Energy Award für Witten: Eine Realsatire?“/15.6.21 auf die Dringlichkeit der Einhaltung der Klimaziele und der damit verbundenen Reduktionsziele für den Klimaschutz auch in Witten hingewiesen. Diese Dringlichkeit ist sogar beschlossen worden (s. Antrag „Beitrag der Stadt Witten zur Eindämmung der globalen Klimakrise“/in „Klimanotstand: Die Wende? Hoffentlich!“/8.7.19). Ich hoffe deutlich gemacht zu haben, dass bisher von Seiten der Verwaltung zu wenig für die beschlossene Erreichung der Redutktionsziele getan worden ist.
Und die Politik? Gibt es bei den Parteien/Fraktionen konkrete Vorstellungen, wie die Reduktionsziele erreicht werden können? Sehen wir uns das Programm der Wittener Grünen an, die ja angeblich auf das Thema Klimaschutz abonniert sind. Mir drängt sich bei diesem Programm der Eindruck auf, dass es von Menschen geschrieben worden ist, die sich in ihrer Stadt nicht besonders gut auskennen. Die Wittener Grünen sitzen aber schon seit Jahrzehnten im Rat der Stadt. Von daher werfen Unkenntnis und Abgehobenheit ein deutliches Licht auf die zurückliegende und zu erwartende Qualität grüner Politik in Witten: Verbaler Anspruch und Wirklichkeit klafften und klaffen weit auseinander.
Hier Auszüge zum Komplex Klimaschutz aus dem Kommunalwahlprogramm der Grünen für die Kommunalwahl 2020 (mit meinen Anmerkungen): Auszug Kommunalwahlprogramm Klimaschutz
Und hier eine schon abgespeckte Programmatik der Wittener Grünen zum Klimaschutz in einer ‚Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Rat der Stadt Witten 2020-2025 zwischen SPD und Grünen‘ (Pressemitteilung der Grünen am 30.11.20, ca. 4 Monate nach der Kommunalwahl am 13.9.20) (mit meinen Anmerkungen). Wir schreiben aktuell den Juni 2021. Bisher sind sind also schon ca. 10 Monate seit der Kommunalwahl vergangen: Auszug Vereinbarung
Fazit: Das Programm der Wittener Grünen und die Vereinbarung zwischen SPD und Grünen enthalten viele allgemeine, unverbindliche und unpräzise Good-Will-Erklärungen. Vorteil für schlechte Politik: Mensch erzeugt einen guten Eindruck, kann aber nicht festgelegt werden. Nachteil für den Klimaschutz: Keine Verbindlichkeit und Präzision bei Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele. Zielführende Verbindlichkeit und Präzision wären aber Voraussetzung dafür, dass irreversible Schäden vermieden werden (Siehe den o.g. Antrag „Beitrag der Stadt Witten zur Eindämmung der globalen Klimakrise“).
Rats-TV – ein Weg zu mehr Interesse und Transparenz?
Am 23.6.21 vermeldet ein WAZ-Artikel „Rats-TV soll im September starten“ (erstmals am 13.9.21). Jetzt ist also Rats-TV vom Rat beschlossene Sache in Witten. Ein Weg zu mehr Interesse an der Kommunalpolitik und Transparenz? Meine Bedenken:
– Ratssitzungen sind meist ziemlich trocken (eben Selbstverwaltung*), wenig unterhaltsam und ermüdend. Darüber hinaus stellen sie nur einen Ausschnitt aus der gesamten Ratstätigkeit dar, die zu einem nicht geringen Teil in den Ausschüssen, Verwaltungsräten (Sparkasse, Kulturforum) und im Aufsichtsrat der Stadtwerke abläuft.
– TV kann zu vermehrtem TV-Populismus verführen. Es gibt leider immer die Typin/denTyp, die/der meint, durch möglichst häufige Frequentierung des Mikros das eigene politische Standing zu verbessern. Mit TV wächst die Verführung zum Politnarzissmus. Der Sauberkeit und Sachlichkeit des Argumentenaustauschs dürfte das nicht dienlich sein.
– Größtes Problem dürfte aber die Schwierigkeit für die Zuschauer_innen sein, die Triftigkeit einer Argumentation zu prüfen. Weder ist davon auszugehen, dass die Zuschauer_innen die zum Teil doch recht umfangreichen Vorlagen zur Kenntnis genommen haben, noch gibt es – wie in der Sendung „Hart, aber fair“ – einen Faktencheck. Der wäre aber vor dem Hintergrund der Unkenntnis vieler Bürger_innen über kommunalpolitische Abläufe und Zwänge gerade bei Auseinandersetzungen bitter nötig.
Soweit meine Bedenken. Aber vielleicht sind die auch übertrieben. Schau’n wir mal. Es handelt sich ja um eine Experiment, das vorerst über 1 Jahr laufen soll. Vielleicht ist das Interesse an Ratssitzungen doch größer, als ich vermute, vielleicht wird immer korrekt argumentiert und vielleicht reißen sich die Ratsmitglieder in Bezug auf Selbstdarstellung am Riemen. Dann hätten sich Kosten und Arbeitsaufwand des Experiments gelohnt und würden sich danach weiter lohnen. Schön wär’s. Ich jedenfalls werde die erste TV-Übertragung aufmerksam verfolgen. (mehr …)
Ergänzung zum Beitrag „European Energy Award für Witten: Eine Realsatire?“
Ergänzung 16.6.21: Hier ein Link zu einer aktuellen Dokumentation des Klimanotstands in der Bundesrepublik: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/dokumente/kurzzusammenfassung_kwra_2021_.pdf, ein Hinweis zu Fördermöglichkeiten von Klimaschutzmaßnahmen (aus der Homepage der Stadt Köln): Förderung – Stadt Köln, ein WAZ-Artikel, wie die Stadt Bottrop offenbar relativ erfolgreich gegen den Klimanotstand vorgeht: Nach Innovation-City-Erfolg_ Bottrop soll Klimastadt werden, und ein aktueller WAZ-Artikel, der auf erneut auftretende Probleme in Witten (Waldbrände) mit dem Klimanotstand hinweist: Trockenheit_ Schon zwei Brände in Wittener Wäldern.
Möge jede/r sich selbst einen Reim auf die Zusammenhänge und die Notwendigkeit von Maßnahmen (Notstand!) auch in Witten machen.
European Energy Award für Witten: Eine Realsatire?
Am 2.6.21 finde ich in der WAZ-Online einen Artikel „Witten erneut für Bemühungen im Klimaschutz ausgezeichnet“. Vier Verwaltungsmitglieder lachen in die Kamera (Witten erneut für Bemühungen um Klimaschutz ausgezeichnet). Anlass: Witten ist erneut mit dem European Energy Award ausgezeichnet worden. Ein Award ist ein Preis, der von einer Jury vergeben wird. Ich frage mich aber, ob wirklich Anlass zum Lachen besteht und Witten diesen Preis verdient hat. Sehen wir genauer hin.
Worin bestehen die Leistungen, für die die Auszeichnung vergeben worden ist? Ich entnehme dem Artikel folgende Leistungen: Regelmäßig Treffen eines Energieteams, Mobilitätspolitik (konkretisiert durch das Radverkehrskonzept und das Vorhaben Husemannstraße, die Anschaffung von Pedelecs – wie viele?/K.R. – und zwei Elektroautos durch die Verwaltung und eine interaktive Karte für die Ladeinfrastruktur von Ladesäulen.
Was ist davon zu halten? Meine Bewertung: Eigentlich eine Realsatire. Warum? Um darauf eine Antwort zu finden, muss mensch etwas zurück schauen.
Seit dem Jahr 2013 liegt in Witten ein Integriertes Klimaschutzkonzept (IKSK) vor. Der Link zu diesem Konzept und meine Bewertung des Umgangs damit findet sich in meinem Beitrag „Klimanotstand!“/11.6.19.
Am 2.7.19 verabschiedet der Rat einen Antrag „Beitrag der Stadt zur Eindämmung der globalen Klimakrise“. Der Antrag und meine Bewertung findet sich in meinem Beitrag „Klimanotstand!: Die Wende? Hoffentlich!“/8.7.19. Besonders hervorheben möchte ich, dass in dieser Resolution CO2-Reduktionsziele und Fristen für deren Erreichung genannt werden. Heißt übersetzt: Werden diese Ziele nicht erreicht, werden Schäden produziert. Das Bundesverfassungsgericht spricht von Freiheitseinschränkungen durch diese Schäden für zukünftige Generationen. (mehr …)
Und wieder nichts ohn’Ursach: Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion am 22.6.1941
Ich erhielt mehrere Veranstaltungseinladungen zu einer Gedenkveranstaltung am 22. Juni. Gedacht werden soll der 80. Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion (22.6.1941). Dazu folgende knappe Gedanken meinerseits:
Der Überfall – der wirklich ein Überfall war, weil paktbrüchig – und seine Folgen hatte katastrophale Auswirkungen auf die Sowjetunion (siehe dazu: https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/207010/verwuestetes-land-die-sowjetunion-nach-holocaust-und-krieg), aber letztlich auch auf das mit enormen Kosten besiegte Deutschland (siehe dazu: https://www.zeit.de/news/2015-05/08/geschichte-hintergrund-der-zweite-weltkrieg-in-zahlen-und-fakten-08065612). Die Sowjetunion ist durch den Überfall überrascht worden. Grund für die Überraschung war, dass Stalin ihm zugegangenen Hinweisen auf den Überfall nicht geglaubt hat, weil er sich vor dem Hintergrund des Hitler-Stalin-Pakts* sicher fühlte, seinem Paktpartner also offenbar vertraut hat.
Die Überraschung hat sicher zu den Anfangserfolgen der deutschen Wehrmacht beigetragen. Sie erklärt aber aus meiner Sicht nicht allein die katastrophalen Niederlagen und enormen militärischen und zivilen Verluste der Sowjetunion in den ersten Jahren. Zur Erklärung muss auf die Vorgeschichte der Sowjetunion in den 30er Jahren zurück gegangen werden: Ab ca. 1934 wütete in der Sowjetunion der verschärfte Stalinsche Terror, dem unter anderem auch die Spitzen der Roten Armee zum Opfer fielen. Zu diesem Terror empfehle ich das Buch von Charles Bettelheim, Die Klassenkämpfe in der UdSSR Band 3 und 4, Band 3, Dritter Teil, Massenterror und Zwangsarbeit, und Band 4, Kapitel 4, Die Verschärfung der Diktatur der Führungsgruppe über die Partei und die Kader (Ende 1934 bis Ende 1938), darüber hinaus natürlich die Lektüre des ganzen Buchs.
Auch hier gilt wieder: Nichts ohn‘ Ursach. Zu den Ursachen für die Katastrophe des Krieges zwischen Nazideutschland und der Sowjetunion zählt sicher in erster Linie die Herrschaft des Nazionalsozialismus in Deutschland mit seiner absehbaren, früh erklärten Aggressivität gegenüber dem Kommunismus (Sowjetunion) und seiner rassistischen Verachtung des slawischen Untermenschen, aber eben auch der Terror in der Sowjetunion, der dem mörderischen deutschen, nazigesteuerten Militarismus in der ersten Phase der militärischen Auseinandersetzung seine „Erfolge“ leicht gemacht haben**. (mehr …)
Ergänzung zu meinem Beitrag „Missverständlich formuliert“
Unterstellt einmal, der Rat würde die Zulässigkeit des Begehrens beschließen und dem Begehren nicht entsprechen*, oder die Vertreter_innen des Begehrens würden nach Beschluss der Unzulässigkeit durch den Rat die Zulässigkeit per Gerichtsverfahren erstreiten, wäre dann die Angelegenheit abgeschlossen und der „grüne Kornmarkt“ im Sinne des Begehrens beschlossen?
Weit gefehlt, denn das Bürgerbegehren und seine Vertreter_innen haben bei genauerem Hinsehen einen Bürgerentscheid über die zu entscheidende Frage „begehrt“. Nach Zulässigkeit des Begehrens und Nichtentsprechung durch den Rat müsste innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid eingeleitet werden. Ein Bürgerentscheid ist eine stadtweite Abstimmung, die einem Quorum unterliegt.
In § 26 GO NRW heißt es: „(7) Bei einem Bürgerentscheid kann über die gestellte Frage nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. Die Frage ist in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit in Gemeinden mit über 50.000 bis zu 100.000 Einwohnern (also so in Witten/Einfügung von mir) mindestens 15 Prozent der Bürger beträgt. § 4 Absatz 7 gilt entsprechend. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet.“
Es müssten also mindestens 15 Prozent der Bürger_innen abstimmen und für den „grünen Kornmarkt“ stimmen. Wenn wir die Zahl von 77.290 wahlberechtigten Bürger_innen (zurückliegende Bürgermeister_innenwahl) zu Grunde legen, liegt das Quorum in Witten bei 11.495 Stimmen (mindestens abgegeben und pro „grüner Kornmarkt“!).
Den einzigen und erfolgreichen Bürgerentscheid hat es 1997 in Witten gegeben: Sieh dazu mein Beitrag „Wer spielt hier mit falschen Karten?“/9.2.16. (mehr …)
Missverständlich formuliert
Am 7.6.21 finde ich in dem WAZ-Online-Artikel „Witten: Bürgerinitiative ‚Grüner Kornmarkt‘ bleibt am Ball“ folgende Formulierung: „Die Befürworter eines grünen Kornmarktes waren im vergangenen Jahr erfolgreich vor das Verwaltungsgericht Arnsberg gezogen. Dieses stellte per einstweiliger Anordnung fest, dass der Wittener Ratsbeschluss rechtswidrig sei. Hintergrund: Der Rat hatte in seiner Sitzung am 3. Februar 2020 mit deutlicher Mehrheit das Bürgerbegehren fraktionsübergreifend für unzulässig erklärt.“
Das ist missverständlich formuliert, weil die Formulierung suggeriert, das Verwaltungsgericht habe gegen den Wittener Ratsbeschluss, der die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens erklärt hatte, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt. Tatsächlich hatte das Verwaltungsgericht nur festgestellt, dass der frühzeitige Zeitpunkt des Ratsbeschlusses – vor Vorliegen des Bürgerbegehrens mit Unterschriften etc. – rechtswidrig war. Die Verwaltung hatte den Ratsbeschluss als Verwaltungsakt und abschließende Feststellung der Unzulässigkeit betrachtet. Das war natürlich voraussehbar rechtswidrig, denn wie sollte ein abschließendes Urteil über ein nicht eingereichtes Bürgerbegehren möglich sein?
Deshalb muss erst jetzt – nach Abgabe des Begehrens und Prüfung der Gültigkeit der Unterschriften – abschließend über Zulässigkeit oder Unzulässigkeit vom Rat beschlossen werden*. Sollte das Bürgerbegehren diesmal rechtlich korrekt für unzulässig erklärt werden (und es war und ist aus meiner Sicht unzulässig), bliebe den Vertreter_innen des Begehrens natürlich erneut der Rechtsweg offen.
*Bei der Überprüfung der Zulässigkeit und dem abschließenden Ratsbeschluss geht es allein um die formale Korrektheit des Begehrens, nicht im dessen inhaltliche Position.