Gefährliches Spiel

Mir geht es hier nicht darum, Witten anzuschwärzen, aber ich halte den lockeren Umgang der Verwaltung mit der GPA-Prüfung* für kontraproduktiv. Die GPA (Gemeindeprüfungsanstalt) ist in gewisser Weise der verlängerte Arm der Kommunalaufsicht (siehe dazu mein Beitrag „Wittens Haushalt – Licht am Ende des Tunnels, aber wie??“/6.1.16).

Wenn Witten die Kritik und Empfehlungen der GPA mit leichter Hand abtut und sich immer wieder gegen die GPA auf vorliegende Haushaltsgenehmigungen bezieht, kann das schnell nach hinten losgehen (Gefahren: Nichtgenehmigung des Haushalts, „Sparkommissar“), weil sich die unmittelbare Kommunalaufsicht (Kreis, Bezirksregierung) die Wittener Reaktionen aller Wahrscheinlichkeit genau ansehen wird.

→ hier die Argumentation der Verwaltung: Stellungnahme zum endgültigen Bericht

Deshalb ist es besonders wichtig, sauber zu argumentieren, wenn mensch etwas an der Prüfung auszusetzen hat.

Bei einigen Argumenten drängt sich mir aber der Eindruck auf, dass sie kess übers Knie gebrochen worden sind. Beispiele:

Gesamthaushalt und KuFo:

Die GPA weist darauf hin, dass die Transferaufwendungen für das KuFo (als AöR) einen nicht unerheblichen Teil zur Höhe der gesamten Transferaufwendungen beitragen würden. Die Verwaltung hält dagegen, dass der Zuschuss an das KuFo nur 2 Prozent der Ausgaben des Gesamthaushalts betragen würde.

Unabhängig von der Frage politischer Prioritätensetzung: Die Argumentation der Verwaltung ist natürlich windschief. Denn es geht nicht um den Anteil des Kufo an den Gesamtausgaben, sondern um disponible Transfers. Der Löwenanteil der Transfers dürfte pflichtig sein, während es sich beim KuFo-Zuschuss um freiwillige Leistungen handelt.

In diesem Zusammenhang ist die vormalige „Liste der Grausamkeiten“ des Kämmerers interessant, die das aus Sicht des Kämmerers für eine Konsolidierung disponible Sparpotential enthält (siehe dazu mein Beitrag „Kuh vom Eis“/29.2.16). Aus ihr wird deutlich, dass beim Kulturforum – wie gesagt, ohne politische Prioritätensetzung – das summenmäßig höchste Einsparpotential der Liste vorliegt.

Insofern ist es sachlich richtig, wenn die GPA grundsätzlich auf den Zuschuss zum KuFo hinweist – genauso richtig, wie die Aufnahme dieses Zuschusses in die Liste der Grausamkeiten durch den Kämmerer. Der Hinweis der Verwaltung auf 2 Prozent der Gesamtausgaben geht an der Sache (und der Problematik) vorbei.

Personalintensität:

Die GPA verweist auf die hohe Personalintensität der Wittener Verwaltung, die immer noch über dem Mittelwert des Städtevergleichs liege. Die Verwaltung hält dagegen, dass sich Witten vom Maximalwert Richtung Mittelwert entfernt habe. Auch hier halte ich die Argumentation der Verwaltung für windschief. Sicher hat sich Witten zum Mittelwert hin bewegt, aber diesen noch lange nicht erreicht – und der Abstand vom Bestwert ist immer noch enorm.

Auf die Personalausgaben hin übersetzt (die von den Bürger_innen über Steuern, Schulden und Abgaben finanziert werden müssen) heißt das, dass Witten immer noch Jahr für Jahr erhebliche – zum Mittelwert hin weniger erheblich, zum Bestwert hin sehr erheblich – eigentlich für diesen Zweck überflüssige Summen auf Kosten der Bürger_innen für Personal ausgibt.

Der Einsatz der Mittel wäre an anderer Stelle für dringend notwendige Infrastrukturausgaben oder Schuldenabbau dringend notwendig. Interessant wäre es, von der GPA die monetären Bezugswerte für den Mittelwert/Bestwert in € zu erfahren, um die überflüssigen Summen quantifizieren zu können. Auch hier geht die Argumentation der Verwaltung an der Sache (und an der Problematik: nach wie vor deutlich überhöhte Personalkosten) vorbei.

Zusammenhang Personal- und Sachaufwendungen:

Und wieder die leidige Personalintensität: Die Verwaltung suggeriert, die hohe Personalintensität werde durch die im Städtevergleich geringeren Sachausgaben teilweise kompensiert, macht den Zusammenhang aber nicht deutlich. Die Feststellung einer überhöhten Personalintensität wird durch die Behauptung eines nicht plausibilisierten Zusammenhangs aber nicht entkräftet. Soll auch der Umkehrschluss gelten, dass bei geringerer Personalintensität die Sachausgaben steigen? Wie das?

Fazit: Die Ergebnisse der GPA-Prüfung sind sicher kein Ruhmesblatt für Witten. So schmerzhaft das ist: Ein leichtfertiger Umgang mit ihnen dürfte der Stadt eher schaden. Verleugnung und Schönfärberei macht nichts besser, sondern schlechter.

*WAZ 28.8.17 „Gemeindeprüfungsanstalt gibt Witten schlechte Noten“: „In einer ersten Stellungnahme hat die Stadtspitze zahlreiche Kritikpunkte und auch Handlungsempfehlungen der Prüfanstalt klar zurückgewiesen“./WAZ 6.9.17 „Otto-Schott-Realschule wird Wittens dritte Gesamtschule“: „Nur am Rand des Schulausschusses wurde der aktuelle Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt erwähnt. Die GPA hält eine dritte Gesamtschule für überflüssig – was für Kopfschütteln sorgt. Die GPA habe auf veraltetes oder falsches Zahlenmaterial für Schülerzahlen und Raumgrößen zurückgegriffen, sagte Petra Klein, Abteilungsleiterin Schule. Aktuelle Prognosen sehen die Zahl der Schüler in Witten steigen“.

Hier die entscheidenden Passagen der GPA-Prüfung zur dritten Gesamtschule (aus GPA-Bericht 2016 Schulen GPA Bericht_2016 Schulen):

„Feststellung
Auf der Basis der rückläufigen prognostizierten Schülerzahlen besteht kein Bedarf an zusätzlicher Gesamtschulfläche. Der geplante Neubau einer zusätzlichen Gesamtschule auf
dem Gelände der ehemaligen Hauptschule Overbergschule und der ehemaligen Otto- Schott
Realschule ist auf Grundlage der vorliegenden Gesamtschülerzahlen nicht notwendig.


Empfehlung
Der Neubau einer Gesamtschule sollte nachweislich das Ziel verfolgen, eine Gesamtreduzierung von Schulflächen zu erreichen. Die durch die GPA errechneten Flächenüberhänge und prognostizierten Schüler bzw. Klassen/Kurszahlen sind zu berücksichtigen.“

Tatsächlich sind die Aussagen der GPA zur dritten Gesamtschule bei genauerem Hinsehen nicht so eindeutig, wie die WAZ es darstellt:

– Die GPA macht ihre Feststellung und Empfehlung abhängig von Prognosen. Prognosen leiden aber immer unter dem Makel einer gewissen Vorläufigkeit. Bleibt als harter Kern die Empfehlung einer kompensierenden Reduzierung der Schulflächen aus wirtschaftlichen Gründen. Da die GPA ihre Prüfung nicht an Wünschenswertem, sondern zentral an der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen ausrichtet, lässt sich der auf Kompensation drängende Ansatz im Prinzip nachvollziehen. Heißt: Auch Wünschenswertes muss im Gesamthaushalt der Stadt gegenfinanziert werden

– Bei der Aussage der Verwaltung, die GPA habe auf veraltetes oder falsches Zahlenmaterial zurückgegriffen, frage ich mich, wie denn das bei der gebotenen engen Kooperation von GPA und Verwaltung möglich gewesen ist?