Kein Handlungskonzept, sondern unverbindliches Potpourri

Am 21.6.18 hat der ASU dem sog. Handlungskonzept Wohnen (s. dazu auch mein Beitrag: “1600 neue Wohnungen und Häuser bis 2030?„/11.6.18) mit großer Mehrheit zugestimmt. Ich habe die Vorlage abgelehnt (s. Redebeitrag), weil es sich bei dem Papier um eine Sammlung von mehr oder weniger interessanten und instruktiven Analysen, fragwürdigen Szenarien und unverbindlichen Empfehlungen handelt (zum Teil, wie z.B. beim „Boulevard Ruhr“, um schon längst beschlossene und in der großen Schublade Wittener Planerphantasien – kein Geld – verschwundene Projekte). Also eine „Vieles ist wünschenswert, alles ist möglich und nichts ist verbindlich-Vorlage“. Wie das ein Handlungskonzept (Handlungs!konzept) sein soll, ist mir rätselhaft. Hier mein Redebeitrag:

„Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

Ich frage mich bei dieser Vorlage 836, was ich eigentlich inhaltlich beschließen soll.

Das sog. Handlungskonzept enthält:

– einige interessante und instruktive Daten, z.B. Wegfall von Bindungen von Sozialwohnungen, wahrscheinliches Steigen der Altersarmut etc.;

– Hinweise auf mögliche Wohnungsbedarfe, die aus diesen Daten abgeleitet werden können;

– eine Fülle von Handlungsempfehlungen, die zum großen Teil mehr oder weniger selbstverständlich sind;

– und als Kernaussage drei Szenarien, die nach dem „Wenn-Dann-Schema“ aufgebaut sind: Wenn eine bestimmte Einwohnerentwicklung stattfindet, dann ….

Die den Szenarien zugrunde liegenden Prognosen sind allerdings schon wegen der Unsicherheit der Einwohnerentwicklung in den nächsten 12 Jahren auf sehr dünnem Eis gebaut.

Ob Witten z.B. bis zum Jahr 2030 stabil 98.000 Einwohner halten wird, wie dem 3. und von der Verwaltung präferierten Szenario zugrunde gelegt wird, dürfte von Faktoren (z.B. dem Zuzug von Flüchtlingen und Migrant_innen) abhängen, die durch Ratsbeschlüsse nur sehr geringfügig beeinflusst werden können.

Aus meiner Sicht spricht deshalb wenig dafür (weiter wirksamer demografischer Faktor: Überschuss der Sterberate über die Geburtenrate), dass diese Stabilisierung auf hohem Niveau eintreten wird.

Auf keinen Fall kann also aus den Prognosen ein belastbarer Bedarf von 1600 neue Wohnungen und Häusern bis 2030 abgeleitet werden, wie in der WAZ vom 5.5.18 zu lesen war. Deshalb wird im Papier ja auch vorsorglich ein laufendes Monitoring vorgeschlagen.

Zusammenfassend: Das „Konzept“ ist im Vergleich zu dem, was im Rahmen von „Unser Witten 2020“ vorbereitend für den neuen Flächennutzungsplan an Konzept und Planung erarbeitet worden ist, als Planungsgrundlage mager.

Es findet vor allem keine Auseinandersetzung mit dem Problem der räumlichen Umsetzung von Wohnungsneubau bei Restriktionen und konkurrierenden Nutzungs- oder Erhaltungsbedarfen statt.

Der Beschlussvorschlag verweist auf § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch. Dort heißt es: Abs. (6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen: … Nr. 11. die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzepts oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, …*

Das vorliegende Papier kann aus meiner Sicht weder als „städtebauliches Entwicklungskonzept“ noch als „sonstige städtebauliche Planung“ gelten, weil im Papier nur analysiert und empfohlen wird. Es kann bestenfalls als Grundlage für die noch zu erfolgende Erarbeitung eines Konzepts betrachtet werden.

Mein Fazit deshalb: Das Papier eignet sich nicht zu einer Beschlussfassung, sondern nur zu einer Kenntnisnahme. Ich werde deshalb dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen.“

*Baugesetzbuch § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung: Baugesetzbuch