Ergänzung zu meinem Beitrag „Grüne Benzinpreiserhöhung: Wir wollen Ihnen den Pelz waschen, ohne Sie nass zu machen!“/6.7.21
1999 war dann bei den damaligen Grünen mit Außenminister Fischer nicht der Klimaschutz (Ökosteuer) die Hauptsache, sondern die Beteiligung am Kosovo-Krieg an der Seite der USA (immerhin gedeckt durch einen Mehrheitsbeschluss der Partei). Das Geschwurbel Frau Baerbocks über „Geopolitik“ in ihrem Buch (scheinbar auch noch von Fischer abgekupfert)* lässt mich erneut Schlimmes befürchten**.
Ist denn die Position Baerbocks zur North-Stream-Pipeline und zur Ukraine (einschließlich der Position Habecks: Waffenlieferungen an die Ukraine) keine Geopolitik? Ja ja, die immer Recht habenden, moralisch integren und unschuldigen grünen Gutmenschen, geschlossen an der Seite der Menschenrechte und deren „globalem Verteidiger“, den USA (hier bei näherem Hinsehen immer selektiv und im Interesse der eigenen Wirtschaftsinteressen). Ein Schelm, der Böses dabei denkt! (mehr …)
Grüne Benzinpreiserhöhung: Wir wollen Ihnen den Pelz waschen, ohne Sie nass zu machen!
Natürlich wäre Frau Baerbock – ganz unabhängig von den jüngsten Turbulenzen um Plagiate etc. – eine gänzlich ungeeignete Kanzlerin. Die toughe Karrieristin, die Probleme gern wegschwatzt, war schlicht ein Medienhype und ist in Wirklichkeit politisch eine ziemlich hohle Nuss. Aber wäre Herr Habeck als Möcht-Gern-Rüstungsexporteur die bessere Variante? Das Problem bei den aktuellen Grünen sind doch nicht in erster Linie die Personen, sondern ist die extrem handzahme Partei und deren „Realpolitik“. Bestes Beispiel ist aus meiner Sicht die Forderung, den CO2-Preis auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorzuziehen, damit den Benzinpreis um 16 Cent zu erhöhen und diese Maßnahme „sozial gerecht“ abzufedern*.
Abgesehen von der grundsätzlich zweifelhaften Wirksamkeit dieses sog. marktwirtschaftlichen Instruments für den Klimaschutz – Kaufkraftpuffer und Trägheit der Wirkung dürften die Wirksamkeit der „marktwirtschaftlichen Anreize“ erheblich verringern -: Was soll eine Maßnahme an CO2-Einsparreiz bringen, die die Kraftstoffkäufer_innen nur mit einem zusätzlichen privaten Bürokratieaufwand belastet, sonst aber alles beim Alten lässt, weil sie die zusätzlichen Einnahmen für den Staat, die für weitere klimaschützende Maßnahmen verwandt werden könnten, durch Rückverteilung minimiert?
Hier soll doch offensichtlich aus Angst vor dem Verlust von Wähler_innenstimmen der Pelz gewaschen, aber nicht nass gemacht werden. Faktisch geht es ja bei der CO2-Preiserhöhung um eine Art Öko-Steuer. Öko-Steuern sollten durch gezielte finanzielle Mehrbelastung und eine dadurch gewünschte Verbrauchsverminderung einen Schaden verhindern (in diesem Fall die CO2-Produktion) und über die Verwendung der zusätzlichen staatlichen Einnahmen Alternativen für eintretende Belastungen schaffen. Wenn aber rückverteilt wird, also keine wirkliche finanzielle Mehrbelastung – abgesehen von bürokratischem Aufwand – für die Verbraucher_innen entsteht: Warum sollte dann weniger verbraucht werden? Das ist doch windschief gedacht. (mehr …)
„Die grüne Macht“: Einblick in die innere Verfasstheit der aktuellen Grünen
Wer mehr über die Verfasstheit der aktuellen Grünen und das Procedere der Entscheidungsfindung in deren Führungszirkeln erfahren will, dem empfehle ich das Buch von Ulrich Schulte: Die grüne Macht/Wie die Ökopartei das Land verändern will, Hamburg 2021.
Ein kleine Korrektur der Darstellung des Buches: In dem Buch wird irgendwo behauptet, dass Joschka Fischer Polizisten mit Steinen beworfen habe. Das mag auch sein, wichtiger ist allerdings, dass er – dokumentiert – einen Polizisten verprügelt hat. Siehe dazu: https://www.welt.de/print-wams/article608393/Herr-Kleinhans-wie-heftig-schlug-Joschka-Fischer-wirklich-zu.html.*
„Marschall“ Joschka war eben ein aufbrausendes Temperament. Jetzt plaudert er mit den Konzernchefs der Welt** und ist etwas fülliger und ruhiger geworden. Ob allerdings die Politik, die Fischer für richtig gehalten hat – Maxime „Es gibt keine grüne Außenpolitik, sondern nur deutsche Außenpolitik“ (und das in engstem Schulterschluss mit den USA!) -, für Deutschland die richtige war und ist, bezweifle ich. Sollte er die Grünen gegenwärtig außenpolitisch beraten, dürfte das zu einer Verstärkung der bellikosen außenpolitischen Tendenz dieser Partei beitragen. Herr Habecks ukrainisches Abenteuer*** und einige Einlassungen von Frau Baerbock scheinen mir auf eine solche Beratung hinzuweisen. (mehr …)
Grüne: Waffenlieferungen an die Ukraine?
Ergänzung 28.5.21: Hier ein im Zusammenhang des Ukraine-Abenteuers von Herrn Habeck lesenswerter Artikel der taz: https://taz.de/Habecks-Aeusserungen-zur-Ukraine/!5769960/. Zur Verfasstheit der Ukraine ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-oligarchen-korruption-selenskij-1.5249388.
Das es so schnell geht! Ich hatte in meinem Beitrag „Grüne Kanzlerkandidatin Baerbock: Ein Neuanfang für das Land?*Grüne Kanzlerkandidatin Baerbock: Ein Neuanfang für das Land?*“/9.5.21 meine Sorge bzgl. des aggressiven außenpolitischen Moralismus der Grünen (meist vom hohem mitteleuropäischen Ross aus und ohne genaue Kenntnisnahme der geschichtlichen und sozialen Zusammenhänge) geäußert. Jetzt hat der grüne Stage-Diver Robert Habeck mit seinem Ukraine-Abenteuer meine Sorge bestätigt: WAZ-Überschrift vom 26.5.21 „Habeck für Waffenlieferungen an die Ukraine“, siehe dazu auch: https://web.de/magazine/politik/waffen-ukraine-habeck-stoesst-forderung-breite-ablehnung-35845842.
Zu dieser peinlichen und gefährlichen Angelegenheit fand ich in der WAZ vom 27.5.21 folgenden Leserbrief: „Totschlagargument/Habeck für Waffenlieferungen an die Ukraine/Das Recht auf Selbstverteidigung haben alle Menschen und alle Völker. Mit diesem, im wahrsten Sinne des Wortes ‚Totschlagargument‘ lassen sich alle Rüstungsgeschäfte mit praktisch jedem ‚rechtfertigen‘, besser gesagt, ‚zurechtbiegen‘. Begriffe wie Abrüstung, Diplomatie, Entspannung sind den Grünen abhanden gekommen./Michael Wrazidio, per E-Mail.“
Dass die Begriffe Abrüstung. Diplomatie, Entspannung den Grünen abhanden gekommen seien, ist etwas zu stark formuliert. Richtig ist allerdings, dass die Grünen seit Jahren harten, auch militärischen „Lösungen“ von Konflikten durchaus nicht abgeneigt sind (Stichwort: „Verantwortung in der Welt übernehmen“*). Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die harten, auch militärischen Interventionen von außen (beginnend mit harten Sanktionen bis zu direktem militärischen Engagement) regelmäßig nicht zu nachhaltigen Konfliktlösungen und Frieden führen. Ausnahmsweise gerechtfertigt sind derartige Interventionen aus meiner Sicht nur in einem Fall: bei – nachgewiesenem – sich anbahnendem Völkermord**. (mehr …)
Dauerkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern – auch in diesem Fall: Nichts ohn‘ Ursach!
Nichts ohn‘ Ursach, das gilt auch für den Dauerkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern (und – mehr oder weniger latent – der übrigen arabischen Welt). Die Prozesse verwickeln und verknäueln sich – und führen nicht zu einem guten Ende, wenn nach der Maxime „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ vorgegangen wird. Deshalb ist die aktuelle Aufforderung der USA an Israel zu begrüßen, den aktuellen Konflikt zu deeskalieren.
Zur Rekonstruktion der Geschichte des genannten Dauerkonflikts bis 1972 empfehle ich immer noch das Buch von Walter Hollstein „Kein Frieden um Israel/Zur Sozialgeschichte des Palästina-Konflikts“*, das sehr akribisch auf die vorstaatliche Vorgeschichte und die Geschichte des Staates Israel vor 1972 eingeht. Das Buch macht deutlich, dass nicht Israel, sondern durchgängig die palästinensischen Araber (reiche Clans ausgenommen) Opfer der israelischen Landnahme- und Staatsgründungs/expansions-Politik gewesen sind.
Zum Verständnis der aktuellen Auseinandersetzung empfehle ich ein Interview mit Moshe Zuckermann** vom 19.5.21: https://www.heise.de/tp/features/Judentum-Zionismus-und-Israel-sind-verschiedene-Kategorien-6048958.html.
Moshe Zuckermann ist übrigens Mitunterzeichner der Jerusalemer Erklärung: https://jerusalemdeclaration.org/wp-content/uploads/2021/03/JDA-deutsch-final.ok_.pdf, die versucht, Missverständnissen bzgl. des mittlerweile inflationär als Kampfbegriff benutzten Terminus „Antsemitisch“ auszuräumen.
*Frankfurt am Main 1972. Es gibt eine erweiterte Neuauflage 1977.
**Zur Person von Moshe Zuckermann siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Moshe_Zuckermann.
Grüne Kanzlerkandidatin Baerbock: Ein Neuanfang für das Land?*
Ein „Neuanfang“ für das Land mit den Grünen als Kanzler- und Mehrheitspartei und größtem Koalitionspartner an der Regierung ? Das Pathos einmal radikal abgespeckt und die Lage nüchtern betrachtet, stellen sich die möglichen Aussichten nach einer Wahl am 26.9., bei der die Grünen die Mehrheit erringen, aus meiner Sicht folgendermaßen dar.
Die Grünen als Verwalter_innen der grünen Farbe haben sich für mich mittlerweile in die Position des kleinsten Übels – angesichts des restlichen Parteiangebots – hinein manövriert. Ob allerdings eine grüne Partei, die in einer Koalition die Mehrheit** bildet und eine Kanzlerin stellt, die drängenden Probleme über kosmetische Operationen hinaus angehen wird, wage ich zu bezweifeln (Siehe dazu den klugen und angesichts der aktuellen Entwicklungen wahrscheinlich hellsichtigen Artikel von Ulrich Schulte: Die Ökopartei und die Macht/Wenn die Grünen regieren: https://taz.de/Die-Oekopartei-und-die-Macht/!5743776/). Aber immerhin wären einige kosmetische Operationen besser als keine, wenn diese im Zuge der Notwendigkeit der Machtsicherung und des Machterhalts bei den Grünen nicht zu einem Vergessen der Unzulänglichkeit der Kosmetik führen.
Sorge bereitet mir allerdings die bei der Kanzlerkandidatin Baerbock zu verzeichnende Moralisierung der Außenpolitik (Sanktionen gegen China, Sanktionen gegen Russland etc.!?). Auf diesem Wege wird Politik schnell bellikos***. Es ist schließlich historisch noch nicht allzu lange her, das mit Zustimmung der Grünen in Afghanistan unsere Sicherheit und Freiheit am Hindukusch militärisch verteidigt werden sollte****. Ob das gelungen ist, möge jede/r angesichts der gegenwärtigen Lage in Afghanistan selbst beurteilen. Ich bin übrigens 1999 wegen der Zustimmung der Grünen zur deutschen Beteiligung am Krieg im früheren Jugoslawien aus den Grünen ausgetreten (davor Gründungsmitglied der Grünen seit 1980, siehe mein Beitrag „Warum dieser Blog?“/20.11.13). (mehr …)
CDU: Den Schuss nicht gehört
Ergänzung 20.5.21 mit die neuester Umfrage: https://www.rtl.de/cms/armin-laschet-so-unbeliebt-ist-der-cdu-chef-aktuell-ganz-anders-markus-soeder-4762610.html
Und es geht weiter abwärts: https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-2609.html. Aktuell Politbarometer: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/politbarometer-projektion-gruene-knapp-vor-union-100.html.
Die Laschet/Merz-CDU scheint von allen guten Geistern verlassen zu sein, wie die verstaubte Kritik des grünen Wahlprogramms unter dem Stichwort „Fliegenpilz-Phänomen“zeigt: https://www.n-tv.de/politik/CDU-zerpflueckt-Wahlprogramm-der-Gruenen-article22533733.html und https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-05/bundestagswahl-2021-cdu-die-gruene-wahlprogamm-kritik-kosten.
Die Verkleinerung von Parkraum* und das generelle Tempolimit von 130 km/h (Ich hätte auch nichts gegen 120 km/h: https://www.bund.net/themen/mobilitaet/autos/tempolimit/) auf allen Autobahnen** sind doch längst überfällige Maßnahmen. Da haben offenbar ein Kanzlerkandidat und eine Partei, die unter der bequemen Merkel-und GroKo-Decke offenbar zu lange vor sich hin vegetiert hat, den Schuss nicht gehört.
*Siehe dazu in Witten die geplante Umgestaltung des Karl-Marx-Platzes. Siehe auch: https://www.agorakoeln.de/wp-content/uploads/2018/04/Agora_factsheets-2_Parken.pdf.
**Siehe dazu mein Beitrag „Gegen jeden Menschenverstand?“/5.3.19.
CDU und Kanzlerkandidat Laschet: Wer nicht hören (und lernen) kann, ….
Laschet + Merz ein Erfolgsteam? Eher eine Rechnung ohne die Wirt_innen (die Wähler_innen), denn unbeliebt + unbeliebt ergibt nicht beliebt und wählbar, wie die Entwicklung der Umfrageergebnisse zeigt. Siehe neuerdings: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/union-verliert-laut-umfrage-weiter-an-zustimmung-17321573.html und https://www.n-tv.de/politik/Union-verharrt-im-Tief-Baerbock-in-15-Laendern-vorn-article22533419.html. Dazu auch mein Beitrag „Kanzlerkandidat Laschet: Selbst in die Kandidatur hinein gequetscht“/22.04.21.
Kanzlerkandidat Laschet: Selbst in die Kandidatur hinein gequetscht
Ergänzung 27.04.21/28.04.21: Und es geht weiter mit den Umfrage-Tiefs: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/umfrage-gruene-ueberholen-union-in-sonntagsfrage-a-26c35086-cb50-4b6c-b3b5-dbc736c432f2, auch: https://dawum.de/Bundestag/Emnid/und https://www.waz.de/politik/bundestagswahl-2021-aktuelle-umfrage-sonntagsfrage-id232083953.html.und: https://www.welt.de/politik/deutschland/article230764953/Gruene-in-neuer-Umfrage-einen-Prozentpunkt-vor-der-Union.html.“Sie redet, ich handle“: Einen dusseligeren Spruch in der gegenwärtigen Situation von Herrn Laschet kann mensch sich doch kaum vorstellen!
Ergänzung 22.04.21: Ein aus meiner Sicht die Lage gut treffender Beitrag: https://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Die-CDU-ist-von-allen-guten-Geistern-verlassen-article22504699.html
Was Herrn Laschet antreibt, ist mir schlicht ein Rätsel. Jetzt hat er sich also über die erzwungenen Entscheidung eines überschaubaren Parteispitzengremiums in eine Kanzlerkandidatur hinein gequetscht und eine große Verantwortung nicht nur für das Schicksal seiner eigenen Person, sondern auch seiner Partei auf sich geladen. Ein nachhaltiger Erfolg?
Dokumentiert über Umfragen* ist, dass er ein ziemlich unbeliebter Politiker ist – sowohl in NRW wie bundesweit. Dokumentiert ist weiterhin, dass sich die CDU in einem Umfragetief befindet, bei dem aus meiner Sicht noch nicht abzusehen ist, ob die 21% (siehe dazu FAZ: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/gruene-nach-kanzlerkandidaten-wahl-in-forsa-umfrage-auf-platz-eins-17303893.html) schon das Ende sind – und der Rückgang der CDU bei den Umfragen ist keine Momentaufnahme, sondern verfestigt sich als Tendenz seit einiger Zeit**. Dieser Rückgang – auch das belegen Umfragen – hat nichts mit der scharfen Auseinandersetzung bei der Kandidatenkür zu tun, sondern im Wesentlichen mit zwei Faktoren:
1. Bei der seit langem sich abzeichnenden Auflösung der Verankerung von Parteien in festen gesellschaftlichen Milieus spielt die pesönliche Ausstrahlungskraft von Kandidat_innen eine immer entscheidendere Rolle, und in Bezug auf diesen Faktor schneidet Herr Laschet bekanntlich schlecht ab (Herr Söder wäre da sicher die bessere Lösung gewesen). Dass der Kandidat Laschet diese Problematik schlicht nicht begriffen hat, zeigen Äusserungen, er wolle die „Lager“ versöhnen. Bei den anstehenden Wahlen wird nicht die „Versöhnung“ von CDU/CSU-Lagern und deren sog. „Geschlossenheit“ entscheiden, sondern die Akzeptanz der Kandidat_innen bei den zunehmend politisch volatilen*** und auf ihr eigenes Urteil vertrauenden Wähler_innen.
2. Immer weniger Bürger_innen (die ja auch Wähler_innen sind) goutieren die Binnenorientierung von Parteien bei den personellen Auswahlverfahren. Wir leben glücklicherweise in einem politischen System, in dem nicht Parteiklüngel, sondern die Wähler_innen das letzte Wort haben. (mehr …)
Biden: America first weltweit – nach wie vor
Am 15.2.21 verfolgte ich ein Gespräch in phoenix mit den Herren Gabriel und Gysi (Unter den Linden/Nach dem Freispruch: Welche Rolle spielt Trump jetzt?). Thema u.a.: Rolle der EU zwischen den USA, Russland und China und die Regierungsfähigkeit der Linken (auch ein Thema im Spiegel 7/21: Der Einzelkämpfer). Mich irritierte bei diesem Gespräch zweierlei:
− Die Einschätzung der Außenpolitik der USA. Es wird immer wieder suggeriert, als seien bezüglich der Hegemonialansprüche Russland und China mit den USA zu vergleichen. Diese Sicht der Dinge hat natürlich mit der Realität nichts zu tun. Die einzige wirkliche Hegemonialmacht, die den Hegemonieanspruch nach wie vor weltweit offen und aggressiv erhebt, sind die USA. Daran dürfte sich auch mit dem Präsidentenwechsel nichts geändert haben. „America first weltweit“ ist eine mindestens seit dem zweiten Weltkrieg für die USA – auch unter Obama und Trump – geltende Maxime, der auch ein Präsident Biden folgen wird (z.B. seine Ankündigung einer konfrontativen Strategie gegenüber Russland und China). Die Bidensche Erklärung, die USA wären zurück auf der Weltbühne und wollten die Welt wieder führen, löst bei mir keine Glücksgefühle aus, sondern provoziert eher die Angst vor vermehrten US-amerikanischen Interventionen.
– Bei den Gesprächsbeiträgen von Herrn Gysi fehlt mir der Terminus „Imperialismus“ im Zusammenhang mit den USA. Wenn dessen Verleugnung eine Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung in der Bundesrepublik ist, wäre der Linken von einer Regierungsbeteiligung abzuraten. Die Zustimmung zu einem neuen interventionistisches Kriegsabenteuer und dessen an den Haaren herbei gezogenene Rechtfertigung wären dann – ohne Aufkündigung einer Regierungskoalition – vorprogrammiert. Wie so etwas abläuft, haben die die Grünen 1999 unter Fischer vorgemacht. Zum Stichwort US-Imperialismus empfehle ich den Beitrag von Norbert Ganser: https://www.youtube.com/watch?v=6o6im6LHRCA. Ergänzend und vertiefend emfehle ich als Lektüre: David Horowitz: Kalter Krieg. Hintergründe der US-Außenpolitik von Jalta bis Vietnam, Berlin 1969.