Biden: America first weltweit – nach wie vor

Am 15.2.21 verfolgte ich ein Gespräch in phoenix mit den Herren Gabriel und Gysi (Unter den Linden/Nach dem Freispruch: Welche Rolle spielt Trump jetzt?). Thema u.a.: Rolle der EU zwischen den USA, Russland und China und die Regierungsfähigkeit der Linken (auch ein Thema im Spiegel 7/21: Der Einzelkämpfer). Mich irritierte bei diesem Gespräch zweierlei:

− Die Einschätzung der Außenpolitik der USA. Es wird immer wieder suggeriert, als seien bezüglich der Hegemonialansprüche Russland und China mit den USA zu vergleichen. Diese Sicht der Dinge hat natürlich mit der Realität nichts zu tun. Die einzige wirkliche Hegemonialmacht, die den Hegemonieanspruch nach wie vor weltweit offen und aggressiv erhebt, sind die USA. Daran dürfte sich auch mit dem Präsidentenwechsel nichts geändert haben. „America first weltweit“ ist eine mindestens seit dem zweiten Weltkrieg für die USA – auch unter Obama und Trump – geltende Maxime, der auch ein Präsident Biden folgen wird (z.B. seine Ankündigung einer konfrontativen Strategie gegenüber Russland und China). Die Bidensche Erklärung, die USA wären zurück auf der Weltbühne und wollten die Welt wieder führen, löst bei mir keine Glücksgefühle aus, sondern provoziert eher die Angst vor vermehrten US-amerikanischen Interventionen.

– Bei den Gesprächsbeiträgen von Herrn Gysi fehlt mir der Terminus „Imperialismus“ im Zusammenhang mit den USA. Wenn dessen Verleugnung eine Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung in der Bundesrepublik ist, wäre der Linken von einer Regierungsbeteiligung abzuraten. Die Zustimmung zu einem neuen interventionistisches Kriegsabenteuer und dessen an den Haaren herbei gezogenene Rechtfertigung wären dann – ohne Aufkündigung einer Regierungskoalition – vorprogrammiert. Wie so etwas abläuft, haben die die Grünen 1999 unter Fischer vorgemacht. Zum Stichwort US-Imperialismus empfehle ich den Beitrag von Norbert Ganser: https://www.youtube.com/watch?v=6o6im6LHRCA. Ergänzend und vertiefend emfehle ich als Lektüre: David Horowitz: Kalter Krieg. Hintergründe der US-Außenpolitik von Jalta bis Vietnam, Berlin 1969.