Grüne Benzinpreiserhöhung: Wir wollen Ihnen den Pelz waschen, ohne Sie nass zu machen!

Natürlich wäre Frau Baerbock – ganz unabhängig von den jüngsten Turbulenzen um Plagiate etc. – eine gänzlich ungeeignete Kanzlerin. Die toughe Karrieristin, die Probleme gern wegschwatzt,  war schlicht ein Medienhype und ist in Wirklichkeit politisch eine ziemlich hohle Nuss. Aber wäre Herr Habeck als Möcht-Gern-Rüstungsexporteur die bessere Variante? Das Problem bei den aktuellen Grünen sind doch nicht in erster Linie die Personen, sondern ist die extrem handzahme Partei und deren „Realpolitik“. Bestes Beispiel ist aus meiner Sicht die Forderung, den CO2-Preis auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorzuziehen, damit den Benzinpreis um 16 Cent zu erhöhen und diese Maßnahme „sozial gerecht“ abzufedern*.

Abgesehen von der grundsätzlich zweifelhaften Wirksamkeit dieses sog. marktwirtschaftlichen Instruments für den Klimaschutz – Kaufkraftpuffer und Trägheit der Wirkung dürften die Wirksamkeit der „marktwirtschaftlichen Anreize“ erheblich verringern -: Was soll eine Maßnahme an CO2-Einsparreiz bringen, die die Kraftstoffkäufer_innen nur mit einem zusätzlichen privaten Bürokratieaufwand belastet, sonst aber alles beim Alten lässt, weil sie die zusätzlichen Einnahmen für den Staat, die für weitere klimaschützende Maßnahmen verwandt werden könnten, durch Rückverteilung minimiert?

Hier soll doch offensichtlich aus Angst vor dem Verlust von Wähler_innenstimmen der Pelz gewaschen, aber nicht nass gemacht werden. Faktisch geht es ja bei der CO2-Preiserhöhung um eine Art Öko-Steuer. Öko-Steuern sollten durch gezielte finanzielle Mehrbelastung und eine dadurch gewünschte Verbrauchsverminderung einen Schaden verhindern (in diesem Fall die CO2-Produktion) und über die Verwendung der zusätzlichen staatlichen Einnahmen Alternativen für eintretende Belastungen schaffen. Wenn aber rückverteilt wird, also keine wirkliche finanzielle Mehrbelastung – abgesehen von bürokratischem Aufwand – für die Verbraucher_innen entsteht: Warum sollte dann weniger verbraucht werden? Das ist doch windschief gedacht.

Unabhängig von der zweifelhaften Wirksamkeit – es geht schließlich um die Erreichung von CO2-Reduktionszielen in time, also dringend! – wäre die Maßnahme doch wohl nur dann im Sinne des Klimaschutzes erfolgreich, wenn die finanzielle Mehrbelastung zu einer echten Verbrauchsminderung, einer zusätzlichen staatlichen Einnahme und deren Verwendung zur Schaffung von Alternativen zum MIV (Motorisierten Individualverkehr) und LKW-Verkehr führen würde (Bahn, öffentliche Nahverkehr, MIV-mindernder Umbau der Städte).

So war das programmatisch** schon einmal von den Grünen vor der Bundestagswahl 1998 gedacht. Umgesetzt worden ist es dann so in der anschießenden Rot-Grün-Koaition nicht. Stattdessen ist die Einnahme aus der Ökosteuer in die Stabilisierung der Rentenversicherung geflossen.

Die Einführung der Ökosteuer und deren Zweckentfremdung liegt jetzt 23 Jahre zurück. Was hätte nicht alles zugunsten des Klimaschutzes ohne Zweckentfremdung zwischenzeitig bewirkt werden können! Aber durch Opportunismus verursachte Fehler scheinen endemisch zu sein.

*Dazu: https://taz.de/Streit-ueber-Benzinpreis-Erhoehung/!5776408/ und https://www.waz.de/politik/benzin-preise-co2-gruene-baerbock-kritik-id232453125.: „Die Grünen haben ihre Karten offen auf den Tisch gelegt: „Wir wollen die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen“, heißt es im Entwurf ihres Wahlprogramms. Damit Klimaschutz sozial gerecht sei, sollten die staatlichen Einnahmen aus dem CO2-Preis wieder an die Bürger zurückgeben werden. Dazu streben die Grünen neben der Senkung der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms ein „Energiegeld“ an, das jeder Bürger erhalten soll.“

**Hier ein Artikel von mir aus der Zeitung „Das Blatt“/Ausgabe 2, März 1998 „Mit fünf Mark sind Sie dabei!“: Fünf Mark 1998