Kirchturmpolitik!

In diesem Jahr werden in Witten einige wichtige schulpolitische Entscheidungen bzgl. Schulformen und Schulstandorten anstehen. Mich interessiert hier nur ein Argument, das im Zusammenhang des Erhalts der Hardenstein-Gesamtschule (siehe zur Harenstein-Gesamtschule meine Beiträge „Frühzeitig Flagge gezeigt!“/6.1.15, „Steht die SPD Witten-Herbede noch zu ihrem Wort?“/17.1.16 und „Für Hebede: Hardenstein Gesamtschule erhalten!“/17.1.16) wieder auftaucht (es spielte schon bei der Entscheidung über die Zügigkeit der Adolf-Reichwein-Realschule eine Rolle: siehe zur Adolf-Reichwein-Gesamtschule meine Beiträge „Friede der Adolf-Reichwein-Gesamtschule …?“/6.1.15 und „Kein Friede der Adolf-Reichwein-Gesamtschule!?“/28.10.15 ).

Da die Hardenstein-Gesamtschule von vielen auswärtigen Schülern besucht wird, wird argumentiert, die Stadt Witten könne angesichts ihrer prekären finanziellen Lage nicht die Kosten für diese Schüler schultern, d. h. Wittener Steuergelder für diese Schüler aufbringen. „Stadtfremde“ Schüler könnten deshalb nicht mehr aufgenommen und schulisch versorgt werden.

Was ist davon zu halten?

Das Argument ist ein reines Sparargument und hat nichts mit der Qualität des schulischen Angebots zu tun. Wäre die finanzielle Lage der Stadt Witten nicht so katastrophal, würde es gar nicht vorgetragen. Ein Sonderfall (Sonderfall im Vergleich zu anderen Städten) würde praktisch zur Grundlage für eine Entscheidung über langfristige schulische Qualität gemacht, wenn das Argument zum Tragen käme.

Das Argument trifft speziell auf Lagen einer Schule in der Nähe der Stadtgrenze zu. Der Fall Hardenstein ist hier beispielhaft. Die Hardenstein-Gesamtschule sollte ursprünglich einen weit ab vom Stadtzentrum gelegenen Stadtteil versorgen (den drittgrößten Stadtteil, wenn Witten-Mitte in die Stadtteilzählung einbezogen wird) – auch, um die Schulwege und damit Belastungen für die Schüler zu reduzieren. Würden „stadtfremde“ Schüler abgewiesen, würden wahrscheinlich folgende negativen Effekte eintreten:

– Die Verringerung der Schülerzahl würde den Schulstandort gefährden. Eine Aufgabe des Standorts hätte aber nicht nur negative Auswirkungen für Schüler und Eltern in Herbede, sondern auch für den Stadtteil.

– Würde der Standort aufgegeben, müsste eine Alternative geschaffen werden. Würde diese in der Innenstadt geschaffen, würde dies die Schulwege und die damit gegebene Belastung der betroffenen Schüler massiv verlängern.

– Natürlich würden durch die Schaffung der Alternative erneut Kosten entstehen. Ob das letztlich auf einen örtlichen Einspareffekt hinauslaufen würde, wage ich zu bezweifeln.

– Die abgewiesenen „stadtfremden“ Schüler müssten in ihren jeweiligen Heimatstädten versorgt werden. Damit müssten aber dort kompensierede Kapazitäten geschaffen werden. Stadtübergreifend würden möglicherweise sogar zusätzlich Kosten produziert (dieser Aspekt müsste in einer Gesamtrechnung berücksichtigt werden!). Darüber hinaus würden sich auch für diese Schüler wahrscheinlich die Schulwege und die damit verbundenen Belastungen verlängern.

Aus meiner Sicht handelt es sich bei dem Gerangel um den „Zuschuss“ für „stadtfremde“ Schüler um eine extremen Fall von falschem Sparen und Kirchturmpolitik. Leider zeigt die Erfahrung, dass Kirchturmpolitik tief in in den Köpfen von Verwaltungen und örtlicher Politik verankert ist. Ich würde mir wünschen, dass das Land ein Machtwort sprechen und eine städteübergreifende Regelung treffen würde. Vielleicht könnte dies ja ein Thema für die anstehende Landtagswahl sein?