Das Unglück nimmt seinen Lauf

Die Probleme des Wittener städtischen Haushalts schwelen trotz (oder besser: wegen) des im März beschlossenen Sanierungsplans weiter, weil die von mir deutlich bezeichnete strukturelle Schieflage der Sanierung weiter besteht. Der ganze Sanierungsplan bewegt sich auf sehr dünnem und einbruchsgefährdetem Eis, solange die Personalkostenproblematik nicht angegangen wird.
Darauf verweisen die Haushaltsgenehmigung der Kommunalaufsicht, der Bericht der Verwaltung über den Stand der Konsolidierungsmaßnahmen und eine dazu abgegebenen Stellungnahme der Stadtverwaltung (siehe zu diesem Thema auch unser Beitrag „Ausgepresst wie eine Zitrone? Wer presst eigentlich wen aus?“/August 2013).

Link: Datei „Kommunalaufsicht Genehmigungsverfügung für Haushalt 2013 27.5.13“ 13-05-27 HSP Genehmigung 2013

Link: Datei „Bericht gem. Stärkungspaktgesetz 30.6.13“ 130730 Anlagen zum Bericht gem. Stärkungspaktgesetz z. 30.06.2013

Link: Datei Pressegespräch „Gesetzliche Mehrbelastungen und Unsicherheiten bei der Gewerbesteuer gefährden Konsolidierungsweg 31.7.13“ Pressegespräch 31.07.13 Bericht Stärkungspaktgesetz

Zur Erinnerung: Ziel des Stärkungspakts (pflichtige Teilnahme) war und ist es, den vor 2013 überschuldeten Städten dabei zu helfen, spätestens in 2021 wieder über einen originär ausgeglichenen Haushalt zu verfügen. Das beinhaltet:

– Abbau der exorbitanten bestehenden Schulden (vor allem Kassenkredite)

– rigorose Beschränkung der Möglichkeit, über Neuverschuldung (vor allem Kassenkredite) – wie in Witten über Jahre freizügig gehandhabt – kommunale Ausgaben zu finanzieren

Wird das Ziel des Stärkungspakts ernst genommen, kann es nur über das Zurückfahren von Ausgaben und eine Erhöhung der Einnahmen erreicht werden. Und hier liegt die Crux.

Denn die Frage ist doch: Welche Ausgaben und welche Einnahmen?

Mittlerweile ist bewiesen, dass der Auslöser für die Wittener Finanzkrise die extrem überhöhten Personalkosten der Stadt Witten sind. Alle Prognosen lassen erwarten, dass diese Kosten trotz Personalabbau durch Tariferhöhungen, Beförderungen und notwendige Neueinstellungen weiter steigen werden.

Insofern ist im Rahmen des geltenden Sanierungsplans aus dieser Richtung ein Ausgabenabbau (verbunden mit einer Reduzierung der Schulden) nicht zu erwarten – eher das Gegenteil (siehe dazu mein Beitrag: „Was bedeutet der Stärkungspakt für Witten“/März 2013).

Bleiben bei den Ausgaben die Infrastrukturinvestitionen (Straßen, Gebäude etc.). Hier wird gerade mal das Notwendigste investiert: Bei den Straßen sind es die Hauptstraßen. der Rest gammelt vor sich hin, bei den Schulen sind die pflichtigen Reparaturen (Schillerschule und ARR laufen über PPP), und bei städtischen Immobilien wird lieber verkauft als gepflegt. Insofern wird nicht einmal die einfache Reproduktion des Bestands gewährleistet.

Bleiben weiterhin beim Zurückfahren von Ausgaben die bürgernahe Dienstleistungen (z.B. sog. Aufgabenkritik bei der Verwaltung – sprich Einschränkung der Leistungen -, Schließen oder Schrumpfung von Einrichtungen etc.).

Abgesehen davon, dass dieser Bereich genau der ist, der den Bürgerinnen und Bürgern – mit Recht – lieb und teuer ist und zur Attraktivität der Stadt beiträgt, drängt sich bei genauem Hinsehen die Vermutung auf, dass diese Kürzungen nicht in erster Linie dem Erreichen eines ausgeglichenen Haushalts in 2012 dienen, sondern der Alimentierung wachsender Personalkosten. Die Last (als Wegfall von Dienstleistungen) haben allein die Bürgerinnen und Bürger zu tragen.

Darauf läuft es aber auch bei der Erhöhung der Einnahmen hinaus. Anhebung der Gewerbesteuerhebesätze (die die Unternehmen mehr belasten, aber auch umgelegt werden können), Anhebung der Grundsteuerhebsätze (die auf die Mieter umgelegt werden können), Belastung der Sparkasse (bezahlen natürlich auch indirekt die Kunden der Sparkasse), Anhebung von Gebühren städtischer Einrichtungen (letzte Beispiel: Musikschule):

Wenn in Richtung einer konsolidierungswirksamen Reduzierung der Personalkosten nichts passiert, ist abzusehen, dass Bürgerinnen und Bürger die Stadtverwaltung (bei gleichzeitigem Rückgang der Dienstleistung und steigenden Belastungen) auch in den nächsten Jahren werden „füttern“ müssen.

Mit welchem Erfolg? Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die angeblich angestrebte „Konsolidierung“ von den steigenden Personalkosten der Stadtverwaltung aufgefressen werden. Glück für die Verwaltung, Unglück für die Stadt.

Siehe zu diesem Themenkomplex meine  Beiträge „Nach uns die Sintflut …„/April 2013, „Schwebt unsere Bürgermeisterin …„/Mai 2013, „Ausgepresst wie eine Zitrone?…„/August 2013, „Stärkungspakt – Teufelswerk?„/Oktober 2013, „Tarifverhandlungsbedingte Tariferhöhungen der Stadtverwaltung – alles easy?„/November 2013, „Haushalt 2014 – Sparkommissar ante portas?„/November 2013 und „Mit vodoo zur Haushaltsgenehmigung?„/Dezember 2013