Schwebt unsere Bürgermeisterin über den Wassern?
Im Kopf unserer Bürgermeisterin scheint einiges durcheinander gekommen zu sein. Mich interessiert hier nicht das SPD-interne Gerangel um die nächste Bürgermeisterkandidatur, sondern das Selbstbild von Frau Leidemann. Die RN vom 9.5.13 zitiert sie wie folgt: „ ‚Zählt unsere Leistung denn gar nicht?’, fragt Sonja Leidemann mit Blick auf ihre Verwaltung, der doch einiges gelungen sei.“ Ihre Verwaltung? Auf die Gefahr hin, bei Frau Leidemann in Ungnade zu fallen: Die Verwaltung ist aus meiner Sicht immer noch eine Verwaltung der Bürger und – vermittelt (repräsentative Demokratie) – des Rates
Wie heißt es doch in der GO § 62/2: „Der Bürgermeister bereitet die Beschlüsse des Rates, … und der Ausschüsse vor. Er führt diese Beschlüsse und Entscheidungen nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 sowie Weisungen, die im Rahmen des § 3 Abs. 2 und des § 132 ergehen, unter der Kontrolle des Rates und der Verantwortung ihm gegenüber durch. ….“. Und vorher in § 41/1: „Der Rat der Gemeinde ist für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.“
Ergo: Die beanspruchten Leistungen sind Leistungen (Beschlüsse) des Rates – ich war nicht mit allen Mehrheitsbeschlüssen einverstanden, aber es geht hier ums Prinzip -, wenn als selbstverständlich unterstellt werden kann, dass die Wittener extrem personal- und kostenintensiver Stadtverwaltung einschließlich der Bürgermeisterin zur Umsetzung der Beschlüsse auch arbeitet
Zu der Personal- und Kostenintensität siehe:
→ Link: GPA-Bericht 2005 und 2010 Personalausgaben: GPA-Bericht 2005 und 2010 Personalausgaben pro Einwohner
→ Link: Zahlen nach GPA-Städtevergleich: Zahlen nach GPA und Schuldenentwicklung
Der mittlerweile erfolgte Abbau von Stellen führte nicht zu einem relevanten Rückgang der Personalkosten. Grund: Fortlaufender Anstieg der Gehälter /Stelle. Siehe dazu auch mein Beitrag: „Was bedeutet der Srärkungspakt für Witten?“.
Zugegeben: Ein schwacher Rat wie in Witten, der nur selten seine Initiativ- und Steuerungsfunktion wahrnimmt, hinterlässt ein politisches Vakuum. Das berechtigt eine Bürgermeisterin allerdings nicht, sich als volksunmittelbare, über den Parteien schwebende Moderatorin und Quasi-Monarchin zu inszenieren. Überhaupt ist nicht die Fixierung auf eine „starke“ Einzelperson – ob männlich oder weiblich – geeignet, das politische Vakuum zu füllen.
Das geht nur über die Stärkung des Rates und damit der (repräsentativen) Demokratie durch die Wahl von Ratsmitgliedern, die ihre Kontroll- und Initiativpflicht gegenüber der Verwaltung und Verwaltungsspitze ernst nehmen (siehe dazu mein Beitrag „Nach uns die Sintflut – Wie die Spitze der Wittener Stadtverwaltung tickt“/April 2013).
In dieser Hinsicht tragen auch die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger Verantwortung für die Beseitigung örtlicher Missstände. Nicht Politikverdrossenheit und Politikabstinenz, sondern kluges Wählen und womöglich politisches Engagement wären eine sinnvolle Reaktion auf die Wahrnehmung von Defiziten.