Vorausschauende Heinzelmännchen 2007: „Hände weg von der 310 in Heven“
Am 28.6.21 titelt die WAZ-Online: Land fördert Vorplanung für Straßenbahn bis zum Kemnader See. Dabei geht es um die – sehr sinnvolle – Verlängerung der Linie 310 bis zum Kemnader See. Herr Augstein-Peschel (WAZ) kommentiert am 28.6.21: Straßenbahn von Witten zum Kemnader See wäre ein großer Wurf. So ist es.
In diesem Zusammenhang möchte ich beiläufig daran erinnern, dass die Planung der Verlängerung nur durch die Tätigkeit einiger Heinzelmännchen ermöglicht wird, die in der Vergangenheit einen Planungsfehler verhindert haben. 2007 sollte nämlich auf Betreiben des Kreises die 310 an der unteren Bahnhofstraße gekappt und aus Kostengründen nicht bis Heven Dorf saniert/erneuert werden. Zur Verdeutlichung der damaligen Situation hier ein Abwägungspapier von mir aus 2007: Abwägung Kappung 310 Gewinner Verlierer
Dagegen habe ich mich damals als aktives Heinzelmännchen im Rahmen der Initiative „Witten braucht die Straßenbahn“ und der Losung „Hände weg von der 310 in Heven“* erfolgreich eingesetzt: Erfolgreich, weil die 310 glücklicherweise bis Heven Dorf durchsaniert/erneuert worden ist.
Das größte Lob gebührt aber dem damals besonders aktiven Heinzelmännchen Marcus Hohenstein als Sprecher der genannten Initiative (nicht „Hochstein“, wie im o.g. WAZ-Artikel), der später nach Siegen verzogen ist und Initiator des erfolgreichen Volksbegehrens „Abitur nach 13 Jahren – Mehr Zeit für gute Bildung“ (G 9) war (Siehe dazu mein Beitrag „Erfolgreiches Engagement für Witten: Marcus Hohenstein, jetzt mit G 9 hoffentlich erfolgreich“/10.3.17). (mehr …)
Investitionsstau Straßenbau: Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Am 9.3.21 vermeldet die WAZ-Online „Kaputte Straßen: Witten kündigt Liste mit 200 Maßnahmen an“ (Kaputte Straßen_ Witten kündigt Liste mit 200 Maßnahmen an). Die im Artikel wieder gegebenen Statements der Stadtverwaltung reagieren auf einen Antrag des Bürgerforums+ (Siehe mein Beitrag „Bürgerforum+: Zu schnell geschossen oder zu langsam?“/6.3.21). Aber „zügig umsetzen“, wie es im Antrag heißt, und „Frisch ans Werk“, wie einer der Antragsteller in einem anderen Zusammenhang vor Kurzem schrieb? Pustekuchen! Ich zitiere aus dem Artikel:
„Es fehlt außer planendem Personal schlicht das Geld, geschätzt mindestens 50 bis 100 Millionen Euro, um das marode Straßennetz wieder einigermaßen in Schuss zu bringen. Zumindest soll ein Straßen- und Wegekonzept nun einen Überblick darüber verschaffen, welche Straßen am wichtigsten sind, wo es vielleicht mit Ausbesserungen erst noch einmal getan ist und wo gründlich saniert werden muss. Auch von einem groben Zeitplan ist die Rede.“
50 bis 100 Mio.*? Die Summe zeigt grob, wohin es führt, wenn über Jahrzehnte nicht in dringend notwendige Reparaturkosten (!) mit der Dauerrechtfertigung „Kein Geld, kein Personal“ investiert wird: nämlich zum schleichenden und irgandwann galoppierenden Vermögensverfall**. Und nun? Woher insbesondere angesichts der aktuellen verschärften Haushaltskrise die Mio. nehmen, wenn nicht stehlen? Ich in gespannt. Herr Augstein-Peschel schreibt, dass die Hoffnung zuletzt stirbt. Das mag sein, aber Hoffnung allein heckt kein Geld. (mehr …)
Bürgerforum+: Zu schnell geschossen oder zu langsam?
Für die Sitzung des Ausschusses für Mobilität und Verkehr (MoVe) am 8.3.21 stellt die Fraktion Bürgerforum+ folgenden Antrag zu Straßeninstandsetzungsmaßnahmen: Antrag Instandsetzungsmaßnahmen Straßenbau.
Dass Instandsetzungsmaßnahmen dringend notwendig sind, ist – auch speziell nach der zurückliegenden Frostperiode – bei vielen Wittener Straßen evident. Mir drängen sich aber bei diesem Antrag einige Anmerkungen auf:
– Was heißt „zügig“? Eine Instandsetzung kann doch wohl nur unter dem Vorbehalt der Finanzierung erfolgen. Welche Summen im Haushalt stellen sich die Antragsteller vor? Denn der Antrag ist eigentlich ein Haushaltsantrag und hätte – präziser – im Rahmen der Hausahltsberatung gestellt, beraten und abgestimmt werden müssen.
– Die in den Haushalt eingestellten und beschlossenen Maßnahmen, auf die Bezug genommen wird, datieren aus 2014 und 2017. Das liegt einige Jahre zurück. Mittlerweile könnten sich Schädigungen ergeben haben, die neue Prioritäten bedingen. Voraussetzung für eine „zügige“ Abarbeitung ist doch wohl eine aktuelle (!) Prioritätenliste (mit Kostenschätzungen der einzelnen Maßnahmen), die vor Abarbeitung beraten und beschlossen werden müsste. (mehr …)
Bürgerforum+: Die „Genialen“
Für die nächste Sitzung des Ausschusses für Mobilität und Verkehr (MoVe) am 8.3.21 stellt die „geniale“ Fraktion Bürgerforum+ (WIR SIND DAS BÜRGERFORUM!!!!) wieder einen „genialen“ Antrag. Sie beantragt die Überprüfung einer Fahradstraße zwischen Uni und Ruhrtalradweg. Hier der Antrag: Antrag Fahrradstraße. Was ist davon zu halten?
– Die vorgeschlagene „Straßen“führung ist sonderbar und ausgesprochen verwirrend.
– Es wäre gut gewesen, statt derartige geniale Anträge zu formulieren, das beschlossenen Radverkehrskonzept* zur Kenntnis zunehmen und sich in dessen Rahmen zu bewegen. SPD und Grüne haben zum Radverkehrskonzept – angesichts der äußerst schleppenden Umsetzung des Beschlusses – jetzt einen guten Antrag für den Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klima (ASUK) gestellt, der meiner Meinung nach auch im MoVe hätte beraten werden müssen: Antrag Umsetzung Radverkehrskonzept.
– Es wäre weiterhin gut gewesen, wenn die Fraktion Bürgerforum+ die Ausbauplanung der Pferdebachstraße zur Kenntnis genpommen hätte. Dann wäre ihr sicherlich aufgefallen, dass ein großer Abschnitt einer denkbaren Fahrradstraße schon mit dem fahrradfreundlichen Ausbau dieser Straße realisiert sein wird.
Mein Fazit: Mehr Einarbeitung und Sachkennntnis statt „Genialität“ würden der Sache sicher mehr nützen. Es muss ja nicht immer ein eigener Sparren sein.
*Beschlossen am 2.7.19: https://www.witten.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/sta61/radverkehrskonzept/rvk/RVK%20Witten_Endbericht.pdf
Autofreier Tag: Chillen gut, Klimaschutz mangelhaft?
Am 28.6.19 berichtete die WAZ online: „Wittener Bündnis will Autos verbannen – für einen Tag“ → wittener-buendnis-will-autos-verbannen-fuer-einen-tag. Gemeint war ein „autofreier Tag“ am 22.9.19. Zwischenzeitig hatte der Rat am 2.7. dem Projekt unter Vorbehalt zugestimmt. Ich auch. Hier der abgestimmte „Bürger_innenantrag“* plus Begründung: Eingabe Autofreier Sonntag/Mitteilung an Fraktionen Buero Buergermeisterin autofreier Tag. Neuester Stand: Das Projekt ist wegen organisatorischer Naivität der Initiatoren auf das nächste Jahr verschoben worden (siehe WAZ vom 19.8.19 online: „Autofreier Tag in Witten wird um ein Jahr verschoben“ → autofreier-tag-in-witten-wird-um-ein-jahr-verschoben). Ist das Projekt, so wie es sich gegenwärtig darstellt, ein Beitrag zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz?
Weder das eine noch das andere sind für mich gegenwärtig erkennbar. Denn schon von wirklichem „autofrei“ kann ja nicht die Rede sein. Faktisch sollen einige Innenstadtstraßen für den sich bewegenden MIV (motorisierten Individualverkehr) gesperrt werden – parallel zum Weltkindertag und der damit zusammen hängenden Sperrung von Teilen der Ruhrstraße.
Hauptziel der Veranstaltung: „Die Straße ist Ort für Begegnung, Zusammenleben, Spaß und Freude. Um dies sichtbar zu machen, möchten wir bestimmte Straßenabschnitte der Wittener Innenstadt für kreative Aktivitäten öffnen“ (homepage der Initiative: autofreier-tag-witten). Allerdings müsste es aus meiner Sicht eigentlich und richtig heißen: „Die Straße sollte ein Ort für Begenung, Zusammenleben, Spaß und Freude sein“, denn die Wittener Innenstadtstraßen sind weit entfernt davon, die genannten Qualitäten aufzuweisen. Doch okay, so weit, so gut.
Aber Nachhaltigkeit und Klimaschutz? Dazu wäre doch wohl mehr nötig als ein autofreier Tag, denn am 22.9. würden „Begegnung, Zusammenleben, Spaß und Freude“ auf einer versiegelten städtischen Asphaltwüste stattfinden, die ganz abgesehen vom MIV zu einer potentiellen Überhitzung der Innenstadt beiträgt – besonders spürbar im letzten und in diesem Sommer. Und wenn dann der 1-Tage-Spaß vorbei ist, gehen der MIV, die Umweltverschmutzung und Klimaschädigung wieder von vorne los. Für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz dürften solche Aktionen schlicht irrelevant sein. (mehr …)
Pferdebachstraße: Eine einzige Katastrophe?
Am 12.7.19 kommentiert Herr Jürgen Augstein-Peschel (WAZ): „Die Verzögerung der Baustelle Pferdebachstraße um Jahre wäre eine einzige Katastrophe“ Stadt Witten und Baufirma müssen sich schnell einigen. Damit hat er nur allzu recht. Leider ist eine Verzögerung jetzt schon eingetreten, und wie es weiter gehen wird, ist aktuell vollkommen unklar. Hoffentlich kommt es nicht zum „worst case“.
Allerdings zeichnet sich aus meiner Sicht jetzt schon ab, dass die Stadt (Verwaltung) nicht ganz unschuldig an der „Verzögerung“ ist (s.u.) und nicht ungeschoren davon kommen dürfte. Auszubaden hätten es dann in letzter Instanz wieder die Bürger_innen durch zusätzliche Kosten plus nervende Verkehrsbehinderungen und -belastungen. Hinzu kämen die Baustellenbelastungen der Anlieger. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?
Am 4.7.19 wird dem Verkehrsausschuss (VKA) in nichtöffentlicher Sitzung mitgeteilt, dass es Probleme bei der Abwicklung der Baumaßnahme Pferdebachstraße geben würde. In Kenntnis dieser Probleme stellt die WBG am 12.7.19 folgenden, angesichts der sich abzeichnenden Dimension der Problematik gerechtfertigten Antrag: „Sondersitzung des Rates gemäß § 47 Abs. 1 der Gemeindeordnung NRW zur Verschiebung der Fertigstellung Pferdebachstraße, voraussichtlich erst im Jahr 2027“ Sondersitzung Pferdebachstraße.
Auch am 12.7.19 veröffentlicht die WAZ einen Artikel „Baufirma droht der Stadt mit 87 Monaten Verzögerung“ Pferdebachstraße_ Baufirma droht mit 87 Monaten Verzögerung, der etwas mehr Licht ins Dunkel der Probleme bringt. Am 18.7.19 erscheint dann in der WAZ ein weiterer Artikel „Baufirma drohte mit Kündigung des Vertrags“ Baufirma drohte mit Kündigung des Vertrags, in dem der Stadtbaurat dem Unternehmen „berechtigte Nachforderungen für unvorhergesehene Dinge im Untergrund“ bescheinigt. Weiter der Stadtbaurat: „Natürlich reden wir auch über Geld“. Die Formulierung lässt tief blicken und kann als Eingeständnis eigener Fehler interpretiert werden. (mehr …)
Erfolgreiches Engagement für Witten: Marcus Hohenstein, jetzt mit G 9 hoffentlich erfolgreich
Zur Erinnerung: Der mittlerweile in Siegen wohnende Sprecher der Initiative G9, Marcus Hohenstein, hat vor einigen Jahren in Witten gewohnt und sich mit Erfolg für die Stadt engagiert. Seinem Einsatz ist es ganz wesentlich mit zu verdanken, dass die Straßenbahnlinie 310 nach wie vor bis Heven Dorf (mit eine Option auf eine Verlängerung zum Kemnader Stausee) fährt. Die Auseinandersetzung um den Erhalt der Linie 310 fand 2007/2008 statt.
Hier die Dokumentation des Engagements. Ich war damals als „einzelkämpfendes“ Ratsmitglied der WBG unterstützend am Kampf für den Erhalt der 310 bis Heven Dorf beteiligt:
– WAZ vom 13.11.2007: 310 soll bis zum Stausee rollen mit Diskussion:
Bürgerinitiative „Witten braucht die Straßenbahn“ protestiert gegen Kappung des Schienenverkehrs.EN-Kreis und Bogestra wollen Heven abkoppeln, um Kosten zu senken. Rat entscheidet vor Weihnachten
Hände weg von der 310 in Heven! Das fordern per Unterschrift bereits 1 153 Wittener. Bogestra und die EN-Kreisverwaltung wollen offenbar die Straßenbahnlinie kappen, um Geld zu sparen. Die Hevener und mit ihnen viele andere in der Ruhrstadt sehen in einer Abkoppelung dieses Ortsteils von der Schiene auch das Aus für eine in den 80er Jahren geplante Verlängerung der Straßenbahn über Heven-Dorf hinaus bis zum Kemnader See. (mehr …)
Prüfaufträge – Soll sich doch die Verwaltung den Kopf zerbrechen!?
Am 12.9.15 berichtet die WAZ im Artikel „Freie Fahrt mit Bus und Bahnen zum Sonntagseinkauf“, dass der Antrag der Piraten „Fahrscheinlose ÖPNV-Nutzung an verkaufsoffenen Sonntagen“ im Verkehrsausschuss grundsätzlich auf positives Echo gestoßen sei. Was mag wohl eine breite Mehrheit dazu veranlasst haben, diesem Antrag/Prüfauftrag der Piraten zuzustimmen? Meine Vermutung: Mensch möchte Gestaltungswillen zeigen, hat einen scheinbar plausiblen Einfall – „Idee“ würde ich das nicht nennen – und reicht diesen an die Verwaltung per Prüfauftrag weiter. Soll die sich doch den Kopf zerbrechen!
Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als Fraktionen keine Prüfaufträge, sondern definitive Beschlussvorschläge zur Abstimmung stellten. Und ich kann mich auch noch gut an Zeiten erinnern, wo Fraktionen gehalten waren, für ihre Vorschläge Finanzierungsoptionen zu unterbreiten. Vorteil bei diesem Verfahren war, dass Fraktionen sich vor Antragstellung sachkundig und sich Gedanken zu den finanziellen Folgen ihrer Anträge machen mussten. Antragstellung sollte schließlich kein Wunschkonzert und keine Beschäftigungstherapie für die Verwaltung sein.
Der Piratenantrag läuft aber auf beides hinaus. So wünschenswert eine Verminderung des MIVs (MIV = Motorisierter Individual Verkehr: Fahrzeugbewegungen, Parkplatzbelegung) an verkaufsoffenen Sonntagen (wie auch generell) ist: So ist das mit Sicherheit nicht zu erreichen. (mehr …)
Politischer Pfusch: „Fahrscheinlose ÖPNV-Nutzung an verkaufsoffenen Sonntagen“
Und wieder frage ich mich, ob die Kleinen, in diesem Fall die Wittener Piraten, nichts anderes zu tun haben, als verquere Ideen in die Welt zu setzen. In diesem Fall die „Fahrscheinlose ÖPNV-Nutzung an verkaufsoffenen Sonntagen“.
→ Antrag Piraten: „Fahrscheinlose ÖPNV-Nutzung an verkaufsoffenen Sonntagen“ 15-08-14 AT Piraten Entgeltfreier ÖPNV an verkaufsoffenen Sonntagen
Da ein Pirat im Kreistag und im Wittener Rat hockt, sollte diesem eigentlich bekannt sein, dass das Stadtgebiet Witten zum Einzugsbereich des kreisweit operierenden Nahverkehrsunternehmen Verkehrsverbund Ennepe Ruhr (VER) gehört. Dieses Unternehmen versucht seit Jahren, den Spagat zwischen attraktiver Dienstleistung und Kostensteigerung im Kreisgebiet zu bewältigen. Jeder weitere Einnahmeausfall würde 1. diese Schwierigkeit erhöhen und 2. vom Gesamtkreis, also auch von den anderen Kommunen zu schultern sein. Die dürften über die beantragte echte Freibeuteraktion – Vorteil für sich, Nachteil für die anderen – begeistert sein. (mehr …)