Politikum? – Allerdings!

Am 18.6.16 erfährt der Leser aus einem Artikel der WAZ „Gewerbegebiete ein Politikum“, dass die angedachten Gewerbegebiete in Stockum und Heven, bei in regionalen Grünzügen gelegen, immer noch in der Diskussion seien. Hintergund ist eine Anfrage der Piraten und die Antwort der Bürgermeisterin auf diese Anfrage.

→ Anfrage der Piraten Anfrage Piraten 12.4.16

→ Antwort der Bürgermeisterin/Verwaltung Ergebnisse des Kommunalgesprächs

Die Antwort liegt schon etwas länger zurück. Ich habe, als ich sie bekam, diese sofort Herrn Prof. Dodt – der sich in der Vergangenheit in dankenswerter Weise gegen die Ausweisung der in Rede stehenden Gewerbegebiete positioniert hat – mit folgendem kurzen Begleittext zugesandt:

„Hallo Herr Prof. Dodt,

beiliegende Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der Piraten zur Kenntnis. Die Antwort ist aus meiner Sicht etwas „sehr gewunden“ ausgefallen. Wie schätzen Sie vor dem Hintergrund Ihrer möglicherweise vorliegenden Informationen aus dem RVR die Situation ein? Ist da noch ein Zugriffsversuch bzgl. der Flächen in Stockum und Heven zu erwarten?

Beste Grüße

Klaus Riepe“

Hier seine Antwort:

„Lieber Herr Riepe,

besten Dank für die Übermittlung der Antwort auf die Piraten-Anfrage an die Stadt. Die Antwort ist in der Tat „wortreich-gedrechselt“ – im klassischen Militärjargon: „tarnen – täuschen – verpi…“ (ttvp), derzeit zumindest Phase 1!

Beim RVR soll nach meinem Kenntnisstand der 1. Entwurf des Regionalentwicklungsplans im Herbst vorgelegt werden. Die Ausarbeitung scheint derzeit interessanterweise in den Händen der Abteilung „Regionalentwicklung“ zu liegen, und nicht (mehr?), wie nach meinem Kenntnisstand bisher: in der Abteilung „Staatliche Planung“. Das könnte insoweit Bedeutung haben (oder bekommen), als die Abt. Regionalentwicklung vom RVR (also aus Mitteln der Mitglieder) „finanziert“ wird, die Abt. Staatl. Planung aber Landesmitteln. Außerdem praktizieren die beiden Abteilungen etwas unterschiedliche „Anhörungsverfahren“: Die Regionalentwicklung „hört“ jeweils die zuständigen Regionalentwickler der RVR-Mitglieder, also bei uns nicht unbedingt die Stadt, sondern den/die Zuständige(n) beim Kreis. Wenn man Verschwörungstheoretiker ist (und das kann man in WIT, angesichts des durchaus nicht unbeliebten ttpv-Vorgehens, auf Dauer werden), dann eröffnen die derzeitigen „Zuständigkeiten“ (so sie denn so zutreffen, wie sie mir vorgestern nach einer Ausschuß-Sitzung geschildert wurden) völlig neue Möglichkeiten. Daraus folgt als Antwort auf Ihre letzte Frage: „Zugriffsversuche“ sind m.E. durchaus möglich, zumal sich mir die bisherigen Aussagen von Frau Leidemann als subjektive Meinungsäußerungen darstellen (die ich ihr auch so glaube), wir aber nicht wissen, wie der neue Stadtbaurat „tickt“/denkt, und das Land wegen des Flüchtlingszustroms ohnehin die bis dato in der Gebietesentwicklungsplanung festgelegten“Grenzwerte“ für die Umwandlung von Freiflächen in Wohn-, Gewerbe etc.-Bauland angehoben hat, also: mehr Flächen umwandeln.

Fazit: Es ist m.E. weiterhin dringend geboten, die Aufstellung des Regionalentwicklungsplans wachsam zu verfolgen (ohne allerdings derzeit auf die bekannten Barrikaden zu steigen; dazu gibt es keinen – noch – konkreten Anlass).

Beste Grüße

Jürgen Dodt“

Wie ist also die Lage in der Angelegenheit dieses Politikums?

Die Musik spielt also im Augenblick auf der Ebene des Regionalverbands Ruhrgebiet (Entwicklung des Regionalentwicklungsplans; Stellvertreter der Reginonaldirektorin und zuständig für Planung ist übrigens ein Grüner: Herr Martin Tönnes). Was das Schicksal unserer regionalen Grünzüge anbetrifft, dürfte die Positionierung der politischen Fraktionen in der Regionalversammlung zum Regionalentwicklungsplan entscheidend sein (Fraktionsstärke der potentiell bzgl. einer Neuausweisung der in Rede stehenden Gewerbeflächen kritischen Fraktionen in der Regionalversammlung: SPD 42, Grüne 17, Linke 9, Piraten 4). Darüber hinaus dürfte interessant sein, wie die örtlichen Landtagskandidinnen und -kandidaten, insbesondere Frau Schäffer (Grüne), sich positionieren.

Sollten die Flächen tatsächlich in den neuen Regionalentwicklungsplan aufgenommen werden, bleibt immer noch die Planungshoheit der Kommune. Dann muss in Witten entschieden werden, ob den Empfehlungen des Regionalplans nachgekommen wird oder nicht. Die Bürgermeisterin, die sich von den Flächen schon verabschiedet hatte, halte ich für im Wort stehend (siehe dazu mein Beitrag „Endgültiges Aus für die Gewerbeflächenplanungen in Stoclum und Heven!“/4.3.16, und dem neuen Stadtbaurat rate ich dringend, das Projekt einer Ausweisung von Gewerbeflächen in Stockum und Heven im bereich regionaler Grünzüge nicht weiter zu verfolgen (s.u. Bürgerbegehren).

Ich hoffe dann, dass die politischen Formationen, die sich in Witten bisher gegen eine Ausweisung von Gewerbeflächen positioniert haben, dies auch weiter tun werden. Das gilt insbesondere für die Stockumer SPD, weil deren Votum innerhalb der Ratsfraktion der SPD und damit für Ratsmehrheiten wahrscheinlich ausschlaggebend sein wird.

Sollten – was ich ehrlich gesagt nicht für wahrscheinlich halte – im politischen Prozess alle Stricke reißen, bleibt die Variante eines Bürgerbegehrens. Dann käme es auf die Solidarität der Stockumer und Hevener an. Von der Sache her halte ich ein Bürgerbegehren für erfolgversprechend. Erstens sind seit einigen Jahren Bürgerbegehren gegen Bauleitplanverfahren in deren Initiierungsphase möglich, und zweitens sind die Argumente für die Gewerbegebiete in der Kosten-Nutzen-Abwägung äußerst schwach.

Dass dennoch auch vor Ort immer wieder und weiter gebohrt wird, zeigt folgender Artikel in der Wittener WAZ vom 16.6.16:

→  WAZ Gewerbegebiete in Witten

Besonders gespannt bin ich auf die Stellungnahme des Grünen Börje Wichert*.

Meine bisherigen Beiträge zu diesem Thema: “Klare Position: Keine neuen Gewerbeflächen in Stockum und Heven!“/1.10.14; „Hände weg von den regionalen Grünzügen!“/16.11.14; „Eine gute Intervention“/26.11.14; „Teilerfolg, aber noch keine Entwarnung“/21.1.15; „Was soll das?“/29.2.16; „Endgültiges Aus für die Gewerbeflächenplanungen in Stockum und Heven!“/4.3.16

*Zum Referenten Börje Wichert (Grüne) empfehle ich eine Internetrecherche (Google; „Börje Wichert“). Eine wahrhaft erstaunliche grüne Karriere!