Bürgermeister_innen-Wahl 2020: Weiter mit Leidemann?

Am 13.12.19 vermeldet die WAZ, dass die amtierende Bürgermeisterin Sonja Leidemann beabsichtigt, erneut für das Bürgermeisteramt in Witten zu kandidieren („Witten: Kein Gegenkandidat für Leidemann in der SPD in Sicht“  Witten_ Kein Gegenkandidat für Leidemann in der SPD in Sicht). Was ist davon zu halten?

Selbstverständlich kann Frau Leidemann wieder kandidieren – ob als Kanddatin einer Partei (SPD?), von Parteien oder unabhängig (im Gegensatz zu einer normalen unabhängigen Kandidatin oder einem normalen unabhängigen Kandidaten müsste sie keine ca. 350 Unterstützungsunterschriften sammeln, weil sie aus dem Amt kandidieren würde). Kandidiert sie und gibt es konkurrierende Kandidaturen, wird dann die Wählerin/der Wähler entscheiden. Beim letzten Mal hat sie die Wahl gegen ihre Konkurrenten haushoch gewonnen. Allerdings ist sie nur mit ca. 20 % der Wahlberechtigten gewählt worden.

Interessant finde ich die Selbstdarstellung (die Leistungsbilanz). Die WAZ schreibt: „Die Verwaltungschefin zeigt sich noch keineswegs amtsmüde. Sie wolle wichtige Projekte wie die Sanierung von Schulen und Straßen, die Bebauung am Karl-Marx-Platz, die Sanierung der Thyssen Deponie, die ‚Weiterentwicklung unserer Stadt‘ insgesamt fortsetzen und vorantreiben.“

Ja was denn? Frau Leidemann als die große Macherin? Da scheint mir eher eine Art Amtswahn vorzuliegen. Abgesehen davon, dass wohl jede andere Bürgermeisterin/ jeder andere Bürgermeister die genannten Projekte und die ‚Weiterentwicklung unserer Stadt‘ (aber mit welchen Schwerpunkten?) vorantreiben würde, sind diese Projekte doch wohl nur zum geringen Teil ihr Verdienst.

Was hätte sie wohl angefangen, wenn die zuständigen Dezernenten und Verwaltungseinheiten diese Projekte (bekanntlich nicht immer effizient und reibungslos: z.B. Pferdebachstraße) nicht vorangetrieben, konkret entwickelt und der Rat und seine Ausschüsse sie nicht beraten und beschlossen hätten? Zu dieser bei Frau Leidemann immer noch virulenten Problematik siehe mein nun schon Jahre zurück liegender, aber leider offenbar immer noch aktueller Beitrag „Schwebt unsere Bürgermeisterin über den Wassern?“/14.5.13.

Den Vogel schießt aber Herr Augstein-Peschel in seinem Kommentar (WAZ 13.12.19 „Wer will Leidemann das Bürgermeisteramt streitg machen?“ Wer will Leidemann das Bürgermeisteramt streitig machen) ab.

Er schreibt: „Sie leistet ja auch gute Arbeit und hat es geschafft, die Stadt durch die Haushaltskrise zu führen.“ So ein Schmarren. Natürlich dauert die Haushaltskrise nach wie vor an, und die Stadt kann von Glück sagen, dass die Niedrigzinsphase andauert.* Natürlich war unter Leidemann das Eigenkapital der Stadt 2010 aufgebraucht und hat sich immer noch nicht wieder neu gebildet. Natürlich konnte die Stadt die Vorteile des Stärkungspakts (bei aller verordneten Haushaltsdisziplin und allen Restriktionen) in Form von regelmäßigen jährlichen Zuschüssen ab 2011 (bis 2016: 7,2 Mio., 2017: 5,6 Mio.) in Anspruch nehmen und nimmt sie noch in Anspruch ( 2018: 4.083.387 Mio., 2019: 2.650.619 Mio., 2020: 1.289.490 Mio., 2021: 0 Mio. – 2021 läuft der Stärkungspakt aus). Und natürlich ist der Haushaltsausgleich unter Leidemann bekanntlich nur mit massiven Steuererhöhungen erreicht worden (Grundsteuer B und Gewerbesteuer). Und ein auf der Basis dieser Steuererhöhungen erreichter knapper Haushaltsüberschuss von ca. 1 Mio. 2019 (mit Stärkungspaktmitteln: Quelle: Sanierungsplan 2020 Fortschreibung der Stadt Witten im Rahmen des Stärkungspakts, II, 3) ist bestimmt nicht pokalreif!

Gute Arbeit? Der Liquiditätskredit lag 2019 immerhin noch bei ca. 324 Mio.. Die Frage von Herrn Augstein-Peschel müsste also aus meiner Sicht so umformuliert werden: „Wer traut sich zu, die Altlasten von Frau Leidemann zu übernehmen und abzuarbeiten?“.

*Siehe zur dauernden Haushaltkrise viele Beiträge auf dieser Website.