Hannemann, geh Du voran!
Auf der letzten Ratssitzung stellten SPD und CDU folgenden Antrag:
→ SPD/CDU-Antrag „Haushalt 2016“: 0119_AG16_Antrag
Daraufhin kontert der Kämmerer mit folgendem Papier:
→ Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen im Rahmen des HSP, die eines politischen Beschlusses bedürfen: Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen Stand Juni 2015
Tatsächlich wird es langsam Zeit, sich auf den Haushalt 2016 vorzubereiten. Gründe:
– Die Differenz zwischen Aufwendungen und Erträgen lagen im Haushaltsplan 2015 immerhin bei ca. 17 Mio. Euro.
– Zum Schuldenstand der Stadt siehe mein Beitrag „Bund und Land sollen zahlen“/25.6.15.
– Der Haushalt 2015 ist wieder nur mit knapper Not genehmigt worden: →Bezitksregierung Genehmigung Haushalt 2015: 2015-04-17 Genehmigung Fortschreibung 2015
– Zwischenzeitig sind zusätzliche finanzielle Belastungen auf die Stadt zugekommen (Flüchtlinge, Tariferhöhungen öffentlicher Dienst, KiTa etc.) und im HSP (Haushaltssanierungsplan) vorgesehene Einnahmen weg gebrochen (z.B. kalkulierter Beitrag der Sparkasse zur Haushaltskonsolidierung).
Das Einhalten der Vorgaben des Stärkungspakts (zum Stärkungspakt siehe mein immer noch aktueller Beitrag „Was bedeutet der Stärkungspakt für Witten?“/12.3.13) dürfte also wieder extrem schwierig werden mit der Konsequenz, dass neue Belastungen für die Bürger ins Visier geraten.
Zu den Belastungen zählen nicht nur Steuererhöhungen als Einnahmeerhöhungen (Grundsteuer B, Gewerbesteuer), sondern auch Einschränkungen von Dienstleistungen. Beides hat in der Vergangenheit schon stattgefunden und droht sich angesichts der extremen Finanzmisere der Stadt zu einer Endlosgeschichte zu entwickeln. Deshalb die hitzige (überhitzte!; K.R.) Debatte währen der letzten Ratssitzung, wie die WAZ schreibt:
„Eine hitzige Debatte über Rollen und Zuständigkeiten von Verwaltung und politischem Ehrenamt lieferten sich große und kleine Fraktionen im Rat“ (WAZ 24.6.15 „Hitzige Debatte um Sparvorschläge“)
Da das strukturelle hausgemachte Problem – Personalkosten – nicht angegangen worden ist, nicht angegangen wird und möglicherweise auch nicht angegangen werden kann (Witten leidet in dieser Hinsicht unter weit zurück liegenden und nie korrigierten Fehlentscheidungen), zieht sich der Strick um den Hals der Bürgerinnen und Bürger (eben nicht der Politik und der Verwaltung!) immer enger. Wieder: Sparkommissar ante portas? Oder „Wettbewerb der Ideen“ (Kämmerer), wie die Bürger am Besten gequält werden können?
Der Antrag von SPD und CDU drückt die Hilflosigkeit einer Politik aus, die durch ihr jahrzehntelanges Schludern für die aktuelle Situation verantwortlich ist. Es sind eben nicht die übertragenen Aufgaben (die immer wieder beschworen Konnexität: siehe dazu meine Beiträge: „Bund und Land sollen zahlen“/25.6.15 und „Einhaltung des Konnexitätsprinzips – die Rettung?“/25.9.14) und die unzureichende Finanzausstattung der Kommunen, die in Witten zur anhaltenden Haushaltskrise führen – mit all dem werden andere Städte um Einiges besser fertig -, sondern das über Jahre anhaltende hausgemachte schlechte Wirtschaften.
Die Wittener Verwaltung (Preisfrage: Mit welcher Parteinähe?) hat es immer wieder verstanden, jeden Versuch einer Modernisierung, Effizienzsteigerung und Kostenreduktion abzuwehren. Da das endlose Schuldenwachstum durch den Stärkungspakt glücklicherweise nicht mehr erlaubt ist, müssen seit einiger Zeit und in Zukunft wahrscheinlich zunehmend die Bürger die Zeche zahlen. Dafür will natürlich niemand die Verantwortung übernehmen.
Trotzdem wird der Rat/die Politik aus der Nummer nicht rauskommen, es sei denn, er/sie goutiert das Abenteuer Sparkommissar (zum Thema „Sparkommissar“ siehe mein Beitrag „Sparkommissar – droht der schwarze Mann?„/15.9.14). Er/sie muss entschieden – so oder so. Insofern hat der Kämmerer recht, wenn er in seinem Papier schreibt:
„Die bisherigen Vorschläge sind um den aktuellen Umsetzungsstand ergänzt. Alle Konsolidierungspotenziale bedürfen vor einer weiteren Bearbeitung durch die Verwaltung eines politischen Beschlusses, der das/die mögliche(n) Ziele beschreiben. Im folgenden sind durch die Verwaltung mögliche Umsetzungsschritte, ggfls. Alternativen zu erarbeiten. Danach erfolgt eine endgültige Beschlussfassung zur Umsetzung oder das Potenzial wird verworfen.“ (s.o. Papier des Kämmerers)
Der ehrenamtliche Rat hat sicher nicht die Aufgabe, die Kleinarbeit der Verwaltung zu übernehmen, aber er hat als nach der Gemeindeordnung NRW nach wie vor allzuständiges Gremium die Aufgabe, politische Leitlinien über verbindliche Mehrheitsentscheidungen fest zu legen und dafür das politische Risiko zu tragen. Diese Last und Verantwortung kann nicht an die Bürgermeisterin oder den Kämmerer delegiert werden – Wahlkampf hin, Wahlkampf her.
Auf den „Ideewettbewerb“ der Fraktionen und die Haushaltsreden darf mensch gespannt sein. Hoffentlich wird in diesem Jahr mehr und Besseres geboten als zum Haushalt 2015 (siehe dazu mein Beitrag „Städtischer Haushalt 2015: Inkompetenz, Desinteresse und Perspektivlosigkeit„/4.12.14).