Bund und Land sollen zahlen?

Die Klage von Kommunen, auch der Stadt Witten, über fehlende Gegenfinanzierung von übertragenen Aufgaben ist endemisch. Sofort heißt es gebetsmühlenartig: Wir werden überlastet, Bund und Land müssten eigentlich für die Kosten dieser Aufgaben aufkommen (Konnexitätsprinzip; zum Konnexitätsprinzip siehe auch mein Beitrag: „Einhaltung des Konnexitätsprinzips – die Rettung?“/25.9.14). Diese Klage war auch angesichts der dräuenden Haushaltsberatung für den Haushalt 2016 auf der letzten Ratssitzung wieder zu hören.

Dazu einige Zahlen:

„Gemessen an dem Schuldenstand je Einwohner bestand für den öffentlichen Gesamthaushalt (Bund, Länder, Sondervermögen des Bundes sowie Gemeinden und Zweckverbände) Ende 2013 in Deutschland eine durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung von 25.289 Euro. Davon fallen rund 62 Prozent auf den Bund (15.860 Euro pro Kopf), rund 31 Prozent auf die Länder (7.755 Euro pro Kopf), etwa 7 Prozent auf die Kommunen (1.807 Euro pro Kopf*) und ein marginaler Teil auf die Sozialversicherungen (10 Euro pro Kopf).“**

Was belegen diese Zahlen?

Sie belegen, dass die Finanzierung durch Bund/Land von auf die Kommunen übertragenen Aufgaben wohl die Verschuldung der Kommunen – so sie sich denn verschulden müssen – verringern, allerdings zu einem Schuldenanstieg bei Bund und Land führen würde.

Der Schuldenstand je Einwohner insgesamt, also die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung der Bürgerinnen und Bürger würde auch durch eine Kostenverlagerung auf jeden Fall steigen.

Für die Bürgerinnen und Bürger ist es also Jacke wie Hose, welche staatliche Ebene das Geld für die zusätzlichen Aufgaben bereit stellt. Sie wären auch bei konsequenter Einhaltung des Konnexitätsprinzips immer diejenigen, die über Steuern oder über Schulden irgendeiner staatlichen Ebene in letzter Instanz zur Kasse gebeten werden. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die Kommunen die am wenigsten verschuldete Ebene ist.

Meiner Meinung nach wäre deshalb etwas weniger Geschrei und Klagen der Kommunen, speziell
der Stadt Witten, über Nichtberücksichtigung des Konnexitätsprinzips ganz gut. Aus Haushaltsklemmen befreit mensch sich durch Eigenleistung und nicht durch die Suche nach kreditfinanziertem fremdem Geld. Die finanziellen Spielräume für die Gesundung kommunaler Finanzen dürften eher im originären kommunalen Bereich statt auf höheren Ebenen zu finden sein. Mein Standardtip: Wirtschaftskraft, Personalkosten und ein kluger, nachhaltiger Umgang mit den eigenen Mitteln.

*Die Pro-Kopf-Verschuldung der Einwohner der Stadt Witten (95.629 Einwohner/Stand 31.12.2013) beträgt übrigens (Schulden bezogen auf den Kernhaushalt plus AöR KuFo/Haushalt 2015: 400.027 Mio. Euro, davon 335.309 Mio. Euro Liquiditätskredite, 69.108 Mio. Euro Investitionskredite, abzüglich 4.480 Mio. Euro Tilgung): rd. 4.183 Euro pro Kopf!

**Quelle: Jörg Bogumil/Lars Holtkamp/Martin Junkernheinrich/Uwe Wagschal: Ursachen kommunaler Haushaltsdefizite; in: PVS, 55. Jg.,4/2014, S. 616, Anmerkung K.R.: Die Autoren verweisen darauf, dass die Erfassung der exakten Höhe der Kommunalverschuldung komplex ist. Die Summen mögen sich zwischenzeitig leicht verändert haben, die Relation der Anteile dürfte aber im Wesentlichen gleich geblieben sein.