Neuer Referent des Bürgermeisters: Wird er’s richten?

Jetzt also Herr Noske als Referent des neu gewählten Bürgermeisters (WAZ-Online 7.12.20 „Witten: Bürgermeister macht Ex-Fraktionschef zum Referenten“ https://www.waz.de/staedte/witten/witten-buergermeister-macht-ex-fraktionschef-zum-referenten-id231088652.html). Was sagt uns das?

Es bestätigt das, was eigentlich von vornherein klar war. Der neue Bürgermeister, der gemäß Gemeindeordnung mit der Personal- und Organisationshoheit ausgestattet ist, hat – als Chef einer komplexen Kommunalverwaltung – keinerlei Verwaltungserfahrung. Das ist natürlich ein Problem für seine Amtsführung und – vermittelt über die Qualität der Amtsführung – für die Stadt.

Ob Herr Noske dieses Defizit kompensieren kann, wird sich zeigen. Eine Polizeiverwaltung ist keine Kommunalverwaltung mit ihrem bunten Strauß an Dienstleistungen und unterschiedlichen Machtzentren auf mehr oder weniger gleicher Augenhöhe. Jedenfalls hat sich Herr Noske in seiner langen Zeit als Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion als Verwaltungsexperte – mit dem Anspruch, Mängel zu beheben – nicht besonders hervor getan, obwohl es für ein solches Engagement mit Sicherheit vielfältige Möglichkeiten gegeben hätte.

Und die „Prozessoptimierung“, um die sich der neue Referent kümmern will? Wie soll dieses Anliegen vom Bürgermeister und seinem Referenten umgesetzt werden? Erstens ist jede Optimierung abhängig von den jeweiligen inhaltlichen Zielvorgaben, die vom Rat (s.u.) politisch festgelegt werden, und zweitens gibt es doch auch noch die Dezernenten mit ihrem eigenständigen Verantwortungsbereich und – last but not least – den Personalrat. Um nicht missverstanden zu werden: Prozessoptimierung ist in der Wittener Stadtverwaltung an vielen Stellen dringend notwendig, nur dürfte für die Bewältigung dieser Aufgabe ein Referent des Bürgermeisters kaum ausreichen, denn die Wittener Stadtverwaltung hat es im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gelernt, ihre Prozessabläufe unabhängig von Optimierungszumutungen weitgehend selbst zu definieren, und Widerstandsmöglichkeiten gegen nicht genehme Zumutungen gab und gibt es in vielfältiger Weise.

Der WAZ-Redakteur Augstein-Peschel mahnt in einem Kommentar zum oben genannten Artikel an, dass die „Rollenverteilung“ klar sein müsse. Diese dürfte bezüglich der Rollenverteilung zwischen dem Bürgermeister und seinem Referenten zumindest formal kein Problem sein. Ein Problem sehe ich eher in der Äußerung von Herrn Noske, er wolle keine Politik machen, und die Aufgaben würde der Bürgermeister festlegen. Sowohl was die Politik wie auch die Festlegung der politisch-inhaltlichen Aufgaben anbetrifft, irrt sich Herr Noske. Denn beides – so nicht von übergeordneten Instanzen vorgegeben – wird immer noch vom Stadtrat festgelegt. Und dort wie auch noch in noch stärkerem Maß in den Ausschüssen hat politisch nicht der CDU-Bürgermeister oder die CDU-Fraktion die Mehrheit, sondern das neue SPD-Grüne-Bündnis*.

Fazit: Die Installation des neuen Referenten ist nicht mehr als eine Notlösung, die die totale Verwaltungsunerfahrenheit des neuen Bürgermeisters kompensieren und möglicherweise dadurch bedingte Entscheidungsfehler vermeiden soll. Mehr nicht, aber in den vorgegebenen Grenzen zur Vermeidung von Schäden auch nicht falsch. Ein Wechsel – Wir erinnern uns: „Den Wechsel wählen!“ – vom bisherigen Laissez-faire in Richtung auf eine Bewältigung des erheblichen Modernisierungs- und Optimierungsbedarfs der Wittener Stadtverwaltung ist das allerdings noch lange nicht.

*Sitzverteilung in den Ausschüssen: Anlage_2_Nied_Rat_03_11_2020_TOP_9 und politisch-inhaltliches Programm des neuen Bündnisses für diese Wahlperiode: 2020-2025_Vereinbarung_Zusammenarbeit_SPDGRUENE