Vorschlag zur Güte: Das Wittener Modell einer AöR-Verwaltungsreform

Beim Nachdenken über Vor- und Nachteile der Betriebsform Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) fiel mir ein, wie mensch einige Probleme der Stadtverwaltung einschließlich der Selbstverwaltung in Witten lösen könnte (Anmerkung sicherheitshalber: Der Vorschlag ist nicht ganz ernst gemeint).

Folgender Vorschlag: Wir lösen die gesamte Stadtverwaltung fachbezogen in einzelne AöRs auf. Die AöR Kulturforum (KuFo) hat es schließlich vorgemacht, wie nicht nur technische Ämter, sondern auch beliebige andere in eine AöR überführt werden könnten. Was wäre damit gewonnen?

Der Rat wäre nur noch für Beratung und Verabschiedung von Wirtschaftsplänen und Jahresabschlüssen der AöRs im Rahmen der jährlichen Haushaltsbeschlüsse verantwortlich. Die Zahl der Ratssitzungen könnte bedeutend reduziert werden (Kostenersparnis! Haushaltskonsolidierung!).

Die kommunale Selbstverwaltung = Politik wäre außerhalb des Rates nur noch in den jeweiligen Verwaltungsräten präsent, die entsprechend der Tagungshäufigkeit des Verwaltungsrats KuFo viel seltener tagen würden als die bisherigen Ratsausschüsse (Kostenersparnis! Haushaltskonsolidierung!). Die jetzigen Ausschüsse könnten aufgelöst werden.

Da die Kompetenzen der Verwaltungsräte eingeschränkt sind (z.B. entsprechend der Zuständigkeit des Verwaltungsrats der AöR KuFo*) und sie nichtöffentlich – verbunden mit der Verschwiegenheitspflicht für Mitglieder der Verwaltungsräte – tagen, dringt kein Sterbenswörtchen über ungeliebte Differenzen und politische Alternativen mehr nach außen.

Auch Bürgerbegehren gegen Entscheidungen der Verwaltungsräte wären grundsätzlich nicht mehr möglich, wie die Auseinandersetzung um den Standort der Zentralstelle der Stadtbücherei gezeigt hat.

Im Wesentlichen zuständig für das Verwaltungshandeln wären die Bürgermeisterin/der Bürgermeister als Vorsitzende zusammen mit den jeweiligen Vorständen/Betriebsleitungen der AöRs. Das erfahrungsgemäß äußerst fachkompetente Verwaltungshandeln in Witten – das selbstverständlich nur das Allgemeinwohl im Auge hat! – könnte sich endlich weitgehend ungestört von der nervigen Politik und den bekanntermaßen inkompetenten Bürgerinnen und Bürgern vollziehen.

Die Selbstverwaltung = Politik wäre von der Verantwortung entlastet, sich Fachkompetenz aneignen und öffentlich umstrittene schmerzhafte Entscheidungen treffen zu müssen. Sie könnte sich ganz unpolitischen ehrenamtlichen Tätigkeiten wie z.B. dem Engagement für Flüchtlinge, für Städtepartnerschaften und für den Sport widmen. Die Aufwandsentschädigungen wäre endlich nicht mehr – wie bei der bisherigen schweißtreibenden Tätigkeit – unzureichend und würden der wirklichen Belastung entsprechen. Wie hieß es noch früher in alternativen Kreisen: Politik soll Spaß machen!

Im Übrigen könnten Ratsmitglieder im Rat endlich befreit von der leidigen poltischen Auseinandersetzung ein gutes Verhältnis zueinander suchen, miteinander Kaffee trinken, klönen und politisch Gott einen guten Mann sein lassen, denn die noch zu vollziehenden Entscheidungen über den Haushalt sind ja nach den Vorentscheidungen in den AöRs und den Vorgaben der Verwaltungsspitze alternativlos.

Die weise Wittener Verwaltung würde wissen, was der Stadt frommt: den Bürgerinnen und Bürgern Steuererhöhungen und Leistungseinschränkungen (im Verwaltungsjargon: Aufgabenkritik), der Verwaltung ein ordentliches Auskommen und akzeptable Arbeitsvollzüge (sonst: Krankenstand!).

Demokratische Flausen, wie sie in einem Wahlflyer des bürgerforums zum Ausdruck kommen, hätten sich allerdings endgültig erledigt.

Forderungen aus dem Wahlflyer des bürgerforums:

■ Für mehr Transparenz, öffentliche Diskussion
und Bürgerbeteiligung: Bürgerbeteiligung statt Kungelei!

– Ausweitung der Bürgerbeteiligung über den Rat hinaus
(z.B. Bürgerbegehren, Bürgerforen);

– Aktive Unterstützung von Bürgerbegehren und Bürgerinitiativen, die für unsere Ziele stehen;

– Kompetenzsteigerung durch stärkere Einbeziehung
sachkundiger Bürger;

– Der Rat soll seine Steuerungskompetenz wieder wahrnehmen.

*Aus der Satzung der AöR KuFo:

→ Satzung der AöR KuFo 20060620 Satzung Kulturforum

Zuständigkeit des Verwaltungsrates
1. Der Verwaltungsrat überwacht die Geschäftsführung des Vorstandes.
Er kann jederzeit vom Vorstand über alle Angelegenheiten der Anstalt Berichterstattung
verlangen.
2. Der Verwaltungsrat entscheidet über:
a) den Erlass von Satzungen im Rahmen der durch diese Anstaltssatzung übertragenen Aufgabenbereiche
b) die Beteiligung der Anstalt an anderen Unternehmen
c) die Bestellung und Abberufung sowie den Regelungsinhalt des Dienstverhältnisses
des Vorstandes
d) die Feststellung und Änderung des Wirtschaftsplanes einschließlich des Stellenplanes
e) die Feststellung des Jahresabschlusses
f) die Ergebnisverwendung
g) die Entlastung des Vorstandes
h) die Bestellung und Abberufung sowie den Regelungsinhalt der Dienstverhältnisse
der Leitungen des Saalbau/Haus Witten mit Kulturbüro, der Museen, des Büchereisystems, der Musikschule und des Stadtarchives
i) die Festsetzung allgemein geltender Tarife, Gebühren und Entgelte für die Angebote der Anstalt
j) die Bestellung des Wirtschaftsprüfers für den Jahresabschluss
k) alle sonstigen Verträge, wenn der Wert im Einzelfall den Nettobetrag von 200.000,–
Euro jährlich übersteigt
l) den Erwerb, die Veräußerung und Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sofern der Wert im Einzelfall den Nettobetrag von 50.000,– Euro
übersteigt
m) die Zustimmung zu Mehrausgaben für Einzelvorhaben des Vermögensplanes, soweit sie einen Betrag von 10.000,– Euro überschreiten
n) die Zustimmung zu Mehrausgaben des Erfolgsplanes von mehr als 50.000,– Euro,
soweit die Mehrausgaben nicht aufgrund rechtlicher Verpflichtungen erwachsen
In den Fällen der Buchstaben a) und b) unterliegt der Verwaltungsrat den Weisungen
des Rates der Stadt Witten.
In den Fällen der Buchstaben c) bis g) ist die Zustimmung des Rates der Stadt Witten
einzuholen.
Im Übrigen bestimmen sich die Rechte und Pflichten des Verwaltungsrates nach § 114
a (7) GO sowie den Bestimmungen der KUV.