Holzbauweise – nachhaltig und klimaneutral?

Am 18.12.19 berichtet die WAZ über einen Grünen Antrag (KiTas und Schulen in Holzbauweise_55_V16), der die Stadt verpflichten soll, mehr mit Holz zu bauen (WAZ Online 17.12.19: „Witten: Grüne fordern mehr öffentliches Bauen mit Holz“ Witten_ Grüne fordern mehr öffentliches Bauen mit Holz). Die Bauweise soll „nachhaltig“ und „klimaneutral“ sein. Dieses Argument tauchte auch schon im Zusammenhang des Uni-Neubaus auf, der in Holzbauweise erstellt wird (Zitat WAZ: „Das Gebäude soll dann zu den nachhaltigsten Hochschulbauten in Deutschland zählen“.). Nun mag ja die Holzbauweise günstiger und schneller fertig sein, wie die WAZ die Stadtsprecherin aus 2018 zitiert, aber nachhaltig und klimaneutral? Das ließ mich schon bei dem geplanten Uni-Neubau* stutzen. Sehen wir genauer hin.

Ich gehe davon aus, dass für das verarbeitete und verbaute Holz Bäume gefällt werden müssen. Diese Bäume waren vor Fällung lebendig und speicherten CO2. Nach Fällung waren sie tot und haben CO2 gespeichert, das bei Verrottung oder Verbrennung wieder in die Atmosphäre abgegeben würde.

Wo bleibt da die Klimaneutralität? Die Fällung vernichtet erst einmal eine laufende CO2-Speicherung und wäre nur dann klimaneutral (nicht klimaschützend!), wenn die gefällten Bäume 1 zu 1 – also in entwickeltem Zustand – ersetzt würden. Darüber hinaus ist die Klimaschädigung durch CO2-Freisetzung nur in die Zukunft verschoben worden, weil auch Holzbauten bekanntlich nicht ewig dauern.

Hinzu kommt, dass die „nachwachsenden Rohstoffe“ (ich hasse dieses Wort: Der Wald nur als Rohstoff!) produziert werden müssen. Und wie? Im Rahmen eines „Wildniswaldes“, wie die Grünen vor kurzem noch beantragt haben (Grüner Antrag: Ergaenzung_Wildniswald_51_V16_09_09_2019, FSC-Prinzip: FSC Prinzipien)? Der WAZ Artikel verweist in einem Kasten darauf, dass die Fichte (Baumplantagen!) am häufigsten für den Hausbau benutzt würde. Deren Bestand würde aber wegen des Klimawandels zurück gehen.

Wegen des Klimawandels? Nein, wegen des Borkenkäfers und der Baumplantagenwirtschaft, die die Klimaresistenz der Wälder vermindert. Wo soll also das („Rohstoff“- und Ersatz-) Holz herkommen, wenn sich die Holzbauweise zu einem Trend entwickeln würde? Dann wohl aus der Abholzung der Wälder Rumäniens (Holz-Mafia in Rumänien_ Illegale Abholzung und Gewalt eskalieren)?

Nachhaltigkeit und Klimaneutralität liegen also nicht per se in der Holzbauweise, sondern hängen von der beanspruchten Menge, der Qualität und der Art der Produktion des Rohstoffs ab. Der aktuell diskutierte „Green Deal“ auf Europaebene sieht sogar und richtigerweise die Notwendigkeit der Aufforstung vor. Dem dürfte eine generelle Bevorzugung der Holzbauweise widersprechen.

*Die Wittener Uni verdient übrigens den Inkonsequenz-Preis bzgl. Nachhaltigkeit und Klimaneutralität. Sie preist die Nachhaltigkeit ihres Neubaus und lässt gleichzeitig die Abholzung eines klimaschützenden Wäldchens zugunsten eines Parkhauses zu (die kosmetische Begrünung ändert an dem Schaden nichts).