Fehlentwicklung 2: Kenntnisfrei, ich bin dabei
Andererseits: Bei der Möglichkeit von Minifraktionen (2 gewählte Ratsmitglieder) kann die auf eine sehr geringe Zahl von Wähler_innen reduzierte Anerkennung sich dennoch lohnen – nach der bescheidenen politischen Maxime „Kenntnisfrei, ich bin dabei“: auch materiell*. Und damit die gewählten Minifraktionäre nicht unter der Last der Verantwortung und schweißtreibenden Arbeit zusammen brechen, gibt es ja – soweit Mitarbeit in den Ausschüssen für Minifraktionen möglich ist – die sachkundigen Bürgerinnen und Bürger, die nicht von den Wählerinnen und Wählern gewählt, sondern von den Fraktionen benannt und vom Rat gewählt werden.
Dann ist mensch doch – fast – überall „dabei“! Nur: Mit Programm und Gestaltungsoption hat das dann nicht mehr viel zu tun, eben: eine Fehlentwicklung. Kommunalpolitik sollte schließlich kein privates Hobby sein, sondern zumindest der ernsthafte Versuch einer möglichst weitgehenden Umsetzung des – wie heißt es doch so schön – Wähler_innenauftrags. Wer das nicht will, überlässt das Feld anderen, traktiert nur noch sein eigenes Sitzfleisch und führt genau genommen ihre/seine Wähler_innen hinters Licht.
* Denn auch eine Minifraktion verfügt in Witten über eine Fraktionsvorsitzende/einen Fraktionsvorsitzenden mit dreifacher Aufwandsentschädigung (das sind gegenwärtig ca. 1.200 €/Monat, sowohl monatlich wie über die Jahre – normale Wahlperiode 5 Jahre, laufende Wahlperiode 6 Jahre – ein hübsches Sümmchen) und städtischen Zuschüssen für die Fraktionsarbeit (siehe dazu auch meine Beiträge „Idealismus?„/2.3.16 und „Kosten der kommunalen Demokratie …„/9.3.17).
Nebenbei: 3 Wittener Minifraktionen – WBG (Wählergemeinschaft), FDP (Partei), Piraten (Partei)- existieren nur, weil die SPD bei den letzten Kommunalwahlen alle Direktmandate „erobert“ hat. Die Folge waren Überhangmandate, die den jetzigen Minifraktionen mit jeweils einem zusätzlichen Ratsmitglied zugute gekommen sind. Sonst wären die genannten Fraktionen nur mit jeweils einem Ratsmitglied im Rat (und nicht in den Ausschüssen) präsent gewesen.
Die Minifraktion Witten direkt (Wählergemeinschaft) – unmittelbar nach den Wahlen nur 1 Ratsmitglied – ist durch einen Überläufer von der CDU zustande gekommen, und die Minifraktion Pro NRW (Partei) hat sich erst sehr spät in der Wahlperiode als Fraktion konstituiert.