Visionen aus der Mottenkiste: Radfahrer- und Fußgängerbrücke Annen
Was mag da wohl passiert sein? Ich vermute Folgendes: Der neue Stadtbaurat Herr Rommelfanger steht vor der Aufgabe, auf Einladung der Annenener SPD Zukunftskonzepte und -projekte darzustellen. Da er neu ist und nur in die neuesten Porjekte involviert ist, läßt er sich von seinen MitaberterInnen briefen. Und was passiert – für mich nicht überraschend? Das glorreiche Planungsamt zieht ein uraltes gescheitertes Projekt aus der Mottenkiste, und schwups – wir haben eine Vision.
→ WAZ 25.10.17 „Annen schlägt Brücken in die Zukunft“ ‚Annen plant doppelten Brückenschlag in die Zukunft I WAZ_de I Witten‘
Da ich seit langem das Privileg oder das Pech habe, mit dem Gewurschtel der Wittener Stadtplanung befasst zu sein, hier meine Analyse des Projekts „Radfahrer- und Fußgängerbrücke Annen“ aus 2001 (kurz bevor das Projekt glücklicherweise gecancelt worden ist):
→ Analyse des Projekts „Radfahrer- und Fußgängerbrücke Annen“: Fußgängerbrücke Annen
Nach 16 Jahren hat sich in Annen natürlich Einiges geändert (Aufzählung unsystematisch): Statt WAL-Mart Real, Centro-Vital, Penny-Markt, Erneuerung der Annenstraße, kürzlich: ehem. Wickmann-Gelände, zukünftig hoffentlich die Thyssen-Deponie als Gewerbefläche, das Bildungsquartier – und natürlich die Soziale Stadt, in deren Vorfeld das Planungsamt keine gute Figur gemacht hat:
→ Chronologie Soziale Stadt Annen: Chronologie Soziale Stadt Annen
Das Nachhaken der WBG ist übrigens durch mich als damaliger Fraktionsgeschäftsführer erfolgt.
Ob allerdings durch die zwischenzeitigen Veränderungen eine wirkliche Stabilisierung des Stadtteils erreicht worden ist, sollte einmal an Hand z.B. der Dimensionen Arbeitsplätze, Einzelhandel, soziale Struktur (s. Soziale Stadt) und Kaufkraftentwicklung untersucht werden.
Negativ wäre zu erwähnen, dass die Verlagerung der Adolf-Reichwein-Realschule gegen ein zahlenmäßig gut aufgestelltes Bürgerbegehren (2003: ca. 4.900 Unterschriften, davon ca 1.200 wegen Ungültigkeit gestrichen) zum Schaden des Stadtteils exekutiert worden ist.
Nebenbei: Der ehemalige Sprecher der vormaligen Bürgerinitiative „Für ein l(i)ebenswertes Annen“, Herr Prof. Dr. Dieckmann, war an der Verhinderung des Brückenprojekts auch beteiligt – mit vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern, die bei den gut besuchten Bürgerversammlungen zur Planung des Projekts ihre Ablehnung eindeutig bekundet habe. Und bei den „überdachten Rolltreppen“ wird der ehemalige Klinikchef sicher bereit sein, die Unterhaltungs- und Pflegekosten zu übernehmen – oder? Sonst müssten die Kosten nämlich aus dem maroden städtischen Haushalt aufgebracht werden.
Hätte ich fast vergessen – noch eine Anmerkung zum „KULTUR-RUF“
Sorry, aber es nervt wirklich. Zumindest jedem Ratsmitglied müsste eigentlich bekannt sein, dass der Rat der Stadt Witten am 28.11.2016 einen Doppelhaushalt 2017/18 beschlossen hat (gegen meine und andere Stimmen, aber mit Mehrheit und damit verbindlich), der mittlerweile von der Kommunalaufsicht genehmigt ist (siehe dazu mein Beitrag „Haushaltsgenehmigung Doppelhaushalt 2017/18 – wieder mit einem blauen Auge“/12.6.17).
Der Doppelhaushalt beinhaltet auch die Zuschüsse zum KuFo einschließlich des Jahres 2018. Wie im Rahmen dieses laufenden Doppelhaushalts eine Erhöhung des Zuschusses auf etwa 6 Mio. Euro ab 2018 – heißt doch wohl einschließlich 2018 – möglich sein soll, ist mir ein Rätsel (Nachtragshaushalte sind nur unter genau geregelten, für den in Frage stehenden Fall nicht gegebenen Bedingungen zulässig: s. Gemeindeordnung NRW/§ 81/Nachtragssatzung). Eine Erhöhung wäre also frühestens ab 2019 denkbar.
Noch einmal: Bei der Formulierung von Forderungen ist Nachdenken über die Rahmenbedingungen und die möglichen Konsequenzen von Forderungen nicht das Schlechteste. Wer nicht begreift, dass Kommunalpolitik (insbesondere in Witten) kein Wunschkonzert ist und sein kann, hilft der Sache nicht, für die sie/er eintritt, fängt sich schnell ein Eigentor ein und verbrennt eine Forderung. Übrigens: Fragen kostet nichts.
KULTUR-RUF: Falscher „Feind“
Am 14.10.17 berichtet die WAZ („Wittens Kulturschaffende starten Hilferuf“) über ein Initiative „KULTUR-RUF“. Hier der Text des „KULTUR-RUFs“ im Original:
→ KULTUR-RUF: KULTUR – RUF 17.7.17
Was ist davon zu halten? Einige Anmerkungen seien mir gestattet:
1. Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA)*– nicht „GemeindePrüfAnstalt“ – „fordert“ nicht, wie der „KULTUR-RUF“ suggeriert, sondern berät – mehr erst einmal nicht. Was mensch auch immer von den Ratschlägen im Einzelnen halten mag: Diese Einrichtung hat die Aufgabe, Kommunen mit extremen Finanzproblemen (Problemen bei der Haushaltskonsolidierung) bei der Konsolidierung durch Hinweise auf Risiken und Konsolidierungsmöglichkeiten zu unterstützen (Im GPA-Bericht finden sich keine Forderungen, sondern nur Feststellungen und Empfehlungen. Auch der problematische Hinweis auf die Musikschule ist eben nur ein exemplarischer Hinweis und keine Forderung → Auszug aus dem GPA-Bericht/Kulturforum: GPA Kulturforum).
Ob die Hinweise umgesetzt werden, darüber entscheidet nach wie vor der Rat allein – und natürlich indirekt die Kommunalaufsicht, die städtische Haushalte genehmigt oder nicht genehmigt. Die GPA „plant“ also keinen Kulturabbau – dazu hat sie gar nicht die Kompetenz. Ein Kulturabbau kann nur der Rat und das Kulturforum (Kufo) selbst planen und hat ihn im Rahmen des sog. „worst-case-Szenarios“ in den zurückliegenden Jahren schon massiv vollzogen – ich erinnere nur an die Ausdünnung der Wittener Stadtteilbüchereien. (mehr …)