Schulpolitik á la Trump?

Und ich dachte in meiner unendlichen Naivität immer, es solle bei der Schulwahl neben der Qualität der Schule auch immer um für die Schüler möglichst günstige, also auch nahe gelegene Standorte gehen. Große Teile der Wittener Politik und die zuständige Verwaltungsspitze scheinen das mittlerweile anders zu sehen (siehe WAZ 2.3.17: „Gesamtschule weist 58 Wittener Kinder ab“).

Hintergrund wieder – es ist schon fast langweilig – die zum größten Teil selbst verschuldete desaströse Finanzsituation der Stadt und der damit verbundene „Sparzwang“. Devise: „Witten first“ (modifiziertes Trump-Zitat des Wittener Schuldezernenten, zitiert im o. g. WAZ-Artikel). Heißt: Nur keine „stadtfremden“ Schüler an Wittener Schulen, weil diese Schüler aus Haushaltsmitteln der Stadt finanziert werden müssen. Und vor diesem Hintergrund sind Politik und Stadt offenbar bereit, Schüler wie auf dem Reißbrett hin und her zu schieben, egal wie lang die Schulwege werden. Zwei typische Beispiele:

– Hardenstein-Gesamtschule: Bei der Diskussion über den Standort wird immer wieder auf „stadtfremde“ Schüler aus Sprockhövel verwiesen. Sprockhövel verfüge über eine eigne Gesamtschule. Das stimmt. Aber: Sprockhövel besteht aus vielen weit auseinander gezogenen Ortsteilen. Die Gesamtschule liegt in Haßlinghausen, das ziemlich weit z.B. vom Bereich Niedersprockhövel, dem Witten am nächsten gelegenen Ortsteil, entfernt ist. Natürlich ist es im Interesse der Schüler aus meiner Sicht sinnvoll, die nächst gegelegne weiter führende Schule zu wählen – und das ist in diesem Fall wahrscheinlich die Hardenstein-Gesamtschule.

– Holzkamp Gesamtschule: Ähnlich dürfte es bei den „stadtfremden“ Herdecker Schülern der Holzkamp-Gesmtschule aussehen. Abgesehen davon, dass offenbar nicht allein die örtliche Herkunft der Schüler für die Aufnahme an eine Gesamtschule entscheidend ist, wie aus dem o. g. WAZ-Artikel hervorgeht, wäre es auch hier interessant, den genauen Wohnort der Herdecker Schüler zu erfahren. Wohnen die evtl. an der Wittener Stadtgrenze?

Spitze der Kirchturmpolitik auf Kosten von Schülern und Eltern ist es aber, wenn die Wittener Schulverwaltung meint, „stadtfremde“ Schüler an der Hardenstein-Gesamtschule verhindern zu müssen, um die dann freien Plätze mit Schülern zu belegen, die an der Holzkamp-Gesamtschule nicht mehr untergebracht werden konnten. Schicken wir die Schüler auf einen möglichst langen Schulweg, um sie weltläufiger zu machen?

Eine dritten Gesamtschule in Witten-Mitte wird hoffentlich etwas Vernunft in diesen kirchturmpolitischen Unsinn bringen (der leider an der Adolf-Reichwein-Realschule auf dem Sonnenschein schon gegriffen hat: siehe dazu mein Beitrag: „Kein Friede der Adolf-Reichwein-Realschule?“/28.10.15) – aber nur, wenn sog. stadtfremde Schüler weiter die weiterführenden Schulen in Randlage besuchen dürfen und die Schulstandorte nicht dem Fetisch „Sparen“ geopfert werden.