Und wieder einmal: Vorauseilender Gehorsam
Ein zentrales Argument der „Zustimmer“ zum Haushalt war, dass bei Nichtzustimmung die finanziellen Einbrüche, sprich Steuerausfälle, zunehmen würden und dann der Hebesatz noch weiter erhöht werden müsste.
Wenn ich das Argument richtig verstanden habe, ist gemeint, dass bei Hinausschieben der Hebesatzanhebung um Monate, z.B. bis zum Einsatz eines „Sparkommissars“ (besser: Haushaltssanierers), ein steuerlicher Verlust in Größenordnung der bis dahin unterlassenen Hebesatzanhebung eintreten würde, die der „Sparkommissar“ dann durch Anhebung des Hebesatzes über die jetzt von der Mehrheit beschlossenen 910 Prozentpunkte Grundsteuer B und 520 Prozentpunkte Gewerbesteuer hinaus kompensieren müsste.
Dagegen muss festgehalten werden, dass Aufgabe und Ziel eines „Sparkommissars“ nicht die Maximierung von Steuereinnahmen wäre, sondern einzig und allein die Exekution eines genehmigungsfähigen Haushalts durch Herstellung des Haushaltsausgleichs in 2016 entsprechend den Vorgaben des Stärkungspakts. Danach würde er Witten wieder unmittelbar verlassen (siehe dazu mein Beitrag „Sparkommissar – droht der schwarze Mann? (aktualisiert 23.09.14)“/15.9.14), und die sog Spielräume wären genau so gegeben wie jetzt auch, nämlich minimal. Allerdings wäre die Genehmigung des Haushalts nach dem Wirken des Kommissars sicher gestellt, auf die jetzt noch gespannt gewartet wird.
Die „Zustimmer“ haben dem „Sparkommissar“ also in vorauseilendem Gehorsam wieder einmal nur die Arbeit abgenommen, selbst den „Sparkommissar“ gespielt und damit darauf verzichtet, ein klares Zeichen des Protests zu setzen.
Mir leuchtet die Rechnung des Arguments bzgl. der bei Nichtzustimmung drohenden finanziellen Einbrüche nicht ein.
Unterstellt, die Anhebung wäre um 3 Monate verschoben worden. Dann wären natürlich für diese drei Monate, gemessen an einer frühzeitigeren Anhebung, Einnahmeausfälle eingetreten. Nur: Die Anhebung nach drei Monaten wäre genau so rückwirkend wie die jetzt beschlossene. Der „Verlust“ würde durch die rückwirkende Anhebung kompensiert. Jetzt oder später – aber noch in diesem Jahr rückwirkend – wäre also Jacke wie Hose. Die Steuerzahler hätten bei einer Verschiebung nur eine größere Nachzahlung leisten müssen. Zu einer Anhebung über die 910 Prozentpunkte Grundstuer B und die 520 Prozentpunkte Gewerbesteuer hinaus hätte also für einen „Sparkommissar“ kein Anlass und keine Berechtigung bestanden, weil kein wirklicher Verlust entstanden wäre und die genannten Steuererhöhungen für einen Haushaltsausgleich – wie jetzt auch schon nach vorliegendem Haushaltsplan – gereicht hätten.
Oder habe ich da etwas falsch verstanden?