Von Nix kommt Nix – ein selbstverschuldeter politischer Flop
Am 12.12.17 berichtet die WAZ über die Auswirkungen der von der Wittener GroKo initiierten Lockerung der Wittener Baumschutzsatzung:
→ WAZ 12.12.17 „Die Motorsägen stehen nicht still“ WAZ Baumschutz
und dem Stand der Initiative gegen diese Lockerung (Einwohnerantrag: Unterschriftensammlung):
→ WAZ 12.12.17 „Baumschutz-Bündnis hofft auf neuen Schub“ Baumschutz-Bündnis
Zum Stand der Unterschriftensammlung teilt der sog. „Sprecher“* der Initiative Einwohnerantrag Stefan Borggraefe mit, dass ganze 600 Unterschriften gesammelt worden seien (Zum Stand der Unterschriftensammlung im Juli 2017 siehe unten Anmerkung ****). Darüber hinaus äußert er die Hoffnung, dass diese Mitteilung einen „Schub“ für die Unterschriftensammlung bewirken würde.
Welch ein Armutszeugnis! Was ist da eigentlich passiert?
Über die Lockerung der Baumschutzsatzung muss kein Wort mehr verloren werden (siehe „Mein Redebeitrag/Thema Baumschutzsatzung/Rat 30.3.17“ und viele weitere Beiträge in diesem Blog). Deren desaströse Wirkungen sind mittlerweile offensichtlich (s.o. Motorsägen).
Und der Widerstand dagegen?
Nachdem im Rat die Lockerung mit knapper Mehrheit beschlossen worden war, hatte sich ein Parteien- und Wählergemeinschaftsbündnis formiert**, um den Widerstand mit außerparlamentarischen Mitteln fortzusetzen. (siehe mein Beitrag: „Endlich: Der Widerstand hat sich formiert!„/7.6.17) Nach Beratung einigte sich mensch dann auf einen Einwohnerantrag (Ziel: Erneute Beratung im Rat, Voraussetzung 4000 gültige Unterschriften), um eine breite Unterstützung für die Beibehaltung eines konsequenten Baumschutzes zu signalisieren und auf diesem Weg eine Rücknahme der Lockerung zu erreichen.
Und danach? Danach beginnt eine traurige und für das beteilgte Parteien- und Wählergeneinschaftsbündnis nicht sehr ruhmreiche Geschichte.
Nicht nur hätten dem glorreichen Parteien- und Wählergemeinschaftsbündnis eine gewisser Zeitdruck klar sein müssen (Trotz Lockerung waren die Bäume durch § 39 BundesNaturschutzGesetz bis zum 30. September geschützt, erst danach konnte die Kettensäge voll zum Einsatz kommen – was ja dann auch passierte), sondern auch, dass eine Unterschriftensammlung eigene gezielte und regelmäßige öffentliche Sammlungsaktivitäten voraussetzt. Tatsächlich haperte es daran nach einer Auftaktveranstaltung schon beim ersten öffentlichen Info-Stand der Initiative, der nur mit einiger Mühe zustande kam (übrigens, was die Sammlung anbetrifft, mit gutem Erfolg).
Schon der zweite Info-Stand war schwach besetzt (trotz der schwachen Besetzung dennoch mit relativ gutem Sammlungserfolg) mit drastisch abfallender aktiver Sammlungsbereitschaft des Bündnisses in der Folgeszeit. Das betrifft auch und gerade die Phase des Bundestagswahlkampfs.
Die Aussage von Stefan Borggraefe, der Bundestagswahlkampf hätte an der Unterschriftensammlung gehindert, ist für mich nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: Wäre der Bundestagswahlkampf nicht die beste Gelegenheit gewesen, über die Parteiprofilierung hinaus konkretes Engagement für Baumschutz und Umwelt vor Ort und damit Glaubwürdigkeit zu zeigen? Diese Gelegenheit ist leider nicht wahrgenommen und damit die Initiative praktisch wegen fehlendem Engagement des Bündnisses gegen die Wand gefahren worden.
Was lernen wir daraus?
Wer sich nach einer parlamentarischen Niederlage mit einem für sie/ihn ernsthaften Anliegen auf außerparlamentarischen Widerstand einlässt, sollte dann auch diesen Widerstand ernsthaft betreiben, sonst schadet sie/er der Sache und sich selbst nachhaltig. Warum sich selbst? Weil sie/er an Respekt beim politischen Konkurrenten und Glaubwürdigkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern verliert. Erfolge fallen bekanntlich nicht vom Himmel. Ein Parteien- und Wählergemeinschaftsbündnis, dessen Mitglieder bei außerparlamentarischen Aktionen nicht selbst eine Vorbildfunktion in Hinblick auf Aktivität für nötig halten, erweist sich als politischer Flop (Zu meinem eigenen Engagement in der Sache siehe Anmerkung ****).
Nach dem eigenen Versagen von einem politischen „Schub“ zu sprechen, empfinde ich schon als fast zynisch.
*Es gab für die Initiative keinen „Sprecher“, sondern nur drei legitimierte Vertreter der Unterzeichner des Einwohnerantrags: Joris Immenhauser (Bündnis 90/Die Grünen), Oliver Kalusch (DIE LINKE) und Stefan Borggraefe (PIRATEN).
**bestehend aus bbu, Bündnis 90/Die Grünen, bürgerforum, DIE LINKE, grüne jugend, NaWit, Piratenpartei, SOLIDARITÄT FÜR WITTEN.
***Obwohl für einen Einwohnerantrag keine Frist besteht (im Gegensatz zur einem Bürgerbegehren, für das in diesem Fall – Satzung – eine 6-wöchige Sammlungsfrist für über ca. 5000 Unterschriften bestanden hätte), muss allen Beteiligten klar gewesen sein, dass nicht beliebig viel Zeit zur Verfügung stehen würde.
****Mein eigenes Engagement in der Angelegenheit machen folgende zwei Mails deutlich:
Mail vom 21.7.17:
„Hallo Stefan,
ich hätte am Samstag von 11 – 13 Uhr Zeit zum Sammeln. Übrigens haben Ina und Klaus Riepe auf dem Tummelmarkt am letzten Samstag 57 Unterschriften gesammelt (eigentlich 58, aber eine Eintragung wegen fehlender Unterschrift ungültig; bisherige Ausbeute der Familie Riepe: 24 + 16/1. Infostand, 24/2. Infostand, 57/Tummelmarkt = 121 – …). Die müssten also mindestens – wahrscheinlich liegen noch mehr dezentral vor – zu den ca. 400 Unterschriften aus der Pressemitteilung hinzu gezählt werden. Es wäre vielleicht gut gewesen, vor Weitergabe einer Zahl an die Presse den aktuellen Stand per Mail abzufragen.
Zur organisatorischen Koordination: Schon der zweite Info-Stand war sehr überschaubar besetzt. Ich erinnere an die Anregung meiner Mail vom 14.6.17: „Um die Qualität der laufenden Organisation zu garantieren, sollte sich eine überschaubare Gruppe face-to-face regelmäßig treffen. Internetaustausch reicht efrahrungsgemäß nicht.“. Ich meinte damit wöchentlich oder 14tägig zu einem festen Termin, damit mensch sich frühzeitig auf den Termin einrichten kann.
Grüße
Klaus“
Mail vom 24.7.17:
„Hallo Stefan,
ich habe die mir vorliegenden Unterschriften überprüft … und gehe von mir vorliegenden 149 wahrscheinlich gültigen Unterschriften aus. Macht zusammen mit den im Naturtucheladen deponierten ca. 400 noch nicht überprüften Unterschriften ca. 549. Wie gesagt: Unser Erfolg dürfte keine Frage der Akzeptanz, sondern der öffentlichen Präsenz und des Sammelfleißes sein.
Grüße
KLaus“
Da es selbstverständlich nicht möglich ist, per sporadischer Einzelaktion 4000 Unterschriften zu sammeln, habe ich nach der letzten Mail auf weitere Aktivitäten des Bündnisses gewartet, um gemeinsam die Unterschriftensammlung voran zu treiben. Diese Aktivitäten erfolgten leider nicht, und ich hatte nicht vor, Tausende Unterschriften als Familienunternehmen oder im Alleingang zu sammeln. Offensichtlich wurde die Aktion vom Bündnis als zu anstrengend empfunden oder es hatte sich in den Köpfen der Betreiberinnen und Betreiber die naive Illusion festgesetzt, dass ihnen die Unterschriften hinterher laufen, sprich: dass die Bürgerinnen und Bürger sich zur Unterschriftenleistung drängeln würden.