Bürgerbegehren/Bürgerentscheide in Witten – Höhen und Tiefen
Hier ein Überblick über die bisherigen Bürgerbegehren/Bürgerentscheide in Witten. Es hat Höhen und leider auch Tiefen gegeben.
Bürgerbegehren/
Bürgerentscheid gegen Rathausanbau |
1997 | Quorum weit überschritten (ca. 14.000 Unterschriften), Bürgerentscheid haushoch gewonnen: Bei einer Beteiligung von 40,4% 77,05% (25.182 Stimmen) gegen Rathausanbau | Unterschriftensammlung erfolgreich. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid erfolgreich |
Bürgerbegehren gegen Schließung/
Abriss Stadtbad |
2002 | Quorum weit überschritten (ca. 9.200 Unterschriften), wegen angeblicher formaler Mängel für ungültig erklärt | Unterschriftensammlung erfolgreich, durch Mehrheitsbeschluss des Rates für ungültig erklärt |
Bürgerbegehren gegen Verlagerung ARR | 2003 | Ungültig wegen Unterschreitung des Quorums (ca. 4.900 gesammelt, ca. 1.300 gestrichen) | Unterschriftensammlung wegen schludriger Sammlung nicht erfolgreich |
Bürgerbegehren gegen Ansiedlung von Lidl im Gerberviertel | 2003/
2004 |
Bei ca. 5.800 Unterschriften knickt der Rat vor der Kommunalwahl ein und entspricht dem Bürgerbegehren | Unterschriftensammlung erfolgreich. Erfolgreich |
Klimaschutz: Es ist ja nicht so schlimm?
Zur Kenntnis und Mahnung an das „Es-ist-ja-nicht-so schlimm-Lager“: Im Spiegel vom 1.4.2017 erschien ein instruktiver Leitartikel, der die Dramatik der weltweiten Klimasituation nach dem Trumpschen Ausstieg aus dem Klimaschutz klar macht. Früher hieß es: „Think globally – act locally!“, heute ist „Act globally – act locally!“ dringend geboten. Die „Lockerung“ der Baumschutzsatzungen setzt in Witten – und in anderen Städten – in dieser Hinsicht eindeutig ein falsches Zeichen.
→ Spiegel 14/1.4.2017/Leitartikel: Leitartikel Die Dreckschleuder Spiegel Nr.14 1.4.2017
Überzeugender Konter
In den WAZ-Online-Kommentaren fand ich folgenden überzeugenden Konter von einem doc-ralf auf eine verquaste Einlassung von einem p.s.a (s.u. *) zur „Lockerung“ der Baumschutzsatzung (WAZ 1.4.17: „Koalition lockert Baumschutz“):
WAZ-Online-Kommentar doc-ralf/2.4.17
„Weniger Baumschutz = mehr Bäume
Dieser Logik, die direkt orwellschem Neusprech entsprungen zu sein scheint, folgt die GroKo und jetzt auch p.s.a.
Die abstruse Argumentation ist wie folgt: „Eigentlich mögen alle Menschen Bäume, aber wenn die böse Baumschutzsatzung Bäume schützt, dann werden sie aus Trotz gefällt.“
Es ist aber gar nicht so, dass alle Menschen Bäume mögen. Alle Menschen mögen Bäume, solange sie nicht auf ihrem eigenen Grundstück stehen. Dort machen sie nämlich Dreck, nehmen Licht weg, verursachen Laubfall oder laden Vögel zum Kacken ein.
Das ist genau wie mit dem Klimaschutz: Alle sind dafür, aber die PS-Leistung der Autos nimmt trotzdem jedes Jahr zu.
Deshalb ist die Lockerung der Baumschutzsatzung ein Schritt in die falsche Richtung. Sie entlässt den einzelnen Baumbesitzer aus seiner Verantwortung und lastet die Konsequenzen der Gemeinschaft an.
Es ist ein Armutszeugnis, dass sich auch die SPD als ehemalige Partei der „kleinen Leute“ verpflichtet fühlt, die Freiheit von Grundstückseigentümern und Hausbesitzern über den Imparativ des Art. 14 GG zu stellen. („Eigentum verfplichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.“)
Trotz aller Schulz’schen Versprechen ist die „Partei der Kleinen Leute“ eine Partei der Grundstückbesitzer und Baumfäller geworden – und überlässt den nicht immobilienbesitzenden Teil der Bevölkerung den Parteien des linken und rechten Randes.
Traurig.“ (mehr …)
Abstimmung denkbar knapp
Die Abstimmung zur Baumschutzsatzung (Ratssitzung 30.3.17) war denkbar knapp. Bei namentlicher Abstimmung haben 37 Ratmitglieder für die „Lockerung“ gestimmt, 31 dagegen (Enthaltung Bürgermeisterin). Unter den 37 Befürwortern befanden sich 2 FDP-Ratsmitglieder (zur FDP siehe auch mein Beitrag „Bürgerlicher Anarchismus?„/ 11.1.17). Hätten die auch gegen die „Lockerung“ gestimmt, hätte das Ergebnis noch knapper ausgesehen: 35/33 (Enthaltung Bürgermeisterin). Ich vermute, dass einige SPD-Ratsmitglieder mit schlechtem Gewissen abgestimmt haben und möglicherweise bei einer geheimen Abstimmung anders votiert hätten. Die Abspaltung der SPD-Fraktion „Solidarität für Witten“ hat übrigens geschlossen – nach einem guten Redebeitrag von Thomas Richter – gegen die „Lockerung“ gestimmt.
„Purismus“?
Wer meinen Redebeitrag zur Baumschutzsatzung (Ratssitzung 30.3.17) unvoreingenommern liest, wird feststellen, dass er nichts mit „Purismus“ zu tun hat, wie der WAZ-Redakteur Kopps in seinem Kommentar (WAZ 01.04.17: „Mehr Freiheit im eigenen Garten“) etikettiert. Die übrigen Beiträge der Gegner der Lockerung hatten übrigens auch nichts damit zu tun. Aber wenn schon Etikettierung, scheint mir Herr Kopps zum „Es-ist-ja-nicht-so schlimm-Lager“ zu gehören. Leider sind Klimawandel und Klimaverschlechterung weltweit und lokal definitiv schlimm, und mit Trump wird es noch schlimmer.
Mein Redebeitrag/Thema Baumschutzsatzung/Rat 30.3.17
Hier mein Redebeitrag zum Thema Baumschutzsatzung auf der Ratssitzung am 30.3.17, auf der die GroKo die „Lockerung“ der bisher geltenden Satzung durchgezogen hat. Die gefärbten Stellen des ursprünglichen Entwurfs habe ich weggelassen, um die in der Ratsgeschäftsordnung rigide festgeschriebenen Redezeitbegrenzung von 3 Minuten einzuhalten.
→ Redebeitrag: Redebeitrag Langfassung
Mir ging es in meinem Redebeitrag darum:
1. den Widerspruch zwischen der von der GroKo durchgesetzten „Lockerung“ der bisher geltenden Satzung und dem immer dringender notwendigen auch örtlichen Klimaschutz aufzuweisen. Ich unterstelle der GroKo keine Leugnung der Wichtigkeit des Klimaschutzes, sondern selbstwidersprüchliches Handeln, was die Sache nicht besser macht.
Selbstverständlich haben Bäume – jeder Baum – auch noch andere positive Funktionen über den Klimaschutz hinaus (darauf hat richtigerweise die NaWit hingewiesen), aber angesichts des Klimawandels und der damit verbundenen Klimaverschlechterung kann nur immer wieder betont werden:
Zitat aus Redebeitrag: „Grundsätzlich: Jeder Baum trägt zum Klimaschutz bei, also zur Minderung und Vermeidung der schädlichen Auswirkungen der durch Menschen verursachten Klimaverschlechterung. Im Rahmen des Klimaschutzes ist also jeder Baum lebendiger Partner des Menschen zur Vermeidung und Dämpfung der Klimaverschlechterung. Folglich verschlechtert jede ersatzlose Beseitigung von Bäumen, die ohne dringende Not erfolgt, wegen der damit gegebenen vermeidbaren absoluten Verminderung des Baumbestands den Klimaschutz.“.
Und genau diese absolute Verminderung des Baumbestands befördert ohne Not aller Wahrscheinlichkeit nach die jetzt beschlossene „Lockerung“. (mehr …)