Noch ein Rückblick: Die Politik der KPD nach 1945

Im Rahmen eines studentischen Seminars ca. 1973 habe ich als Student folgendes Referat zur Politik der KPD in Westdeutschland nach 1945 verfasst*. Die Interviewform hat mir ermöglicht, eine Art neutraler immanenter Kritik** zu entwickeln.

→ Referat „Die Politik der KPD nach 1945“: Die Politik der KPD nach 1945

Festzuhalten bleibt:

– Die Politik der KPD ging regelmäßig an den jeweiligen politisch-ökonomischen Konjunkturen vorbei. Von wegen: Die Partei hat immer recht.

– Damit war ein Scheitern vorprogrammiert – übrigens ähnlich wie im Kampf gegen den erstarkenden Nationalsozialismus Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre des vergangenenen Jahrhunderts. Die linksradikale Thälmann-Losung „Für eine deutsche Sowjetrepublik“ hat mit Sicherheit nicht zur Stärkung des antfaschistischen Kanpfes beigetragen.

– Durch die falschen Losungen und Schwerpunktsetzungen sind in stalinistischer Manier Menschen massenhaft verheizt worden – mit dem tragischen Ende des Verbots und der folgenden Illegalität der KPD, deren mehr oder weniger gebrochene Opfer ich dann 1970 nach meinem Eintritt in die DKP vor Ort kennenlernen konnte.

Zu lernen ist daraus, dass zu einer erfolgreichen linken Politik nicht nur Phrasendrescherei, sondern auch eine richtige Analyse der konkreten Situation gehört. Und die ist mit Sicherheit nicht durch Ukas eines Politbüros oder eines selbsternannten Avantgardezirkels, sondern nur durch eine lebendige Debatte zu erreichen. Andernfalls provoziert eine politische Formation nicht nur ihr eigenes Scheitern, sondern macht sich auch mitschuldig an der Niederlage der gesellschaftlichen Bewegung, für die sie zu stehen vorgibt.

Was auch noch zu lernen ist: Machtgestützte Geschichtsfälschungen tragen nicht zur Weisheit der politischen Formationen bei, die zur eigenen Herrschaftssicherung derartige Fälschungen vornehmen. Fortlaufende Geschichtsfälschungen führen auf die Dauer zur Erosion der eignenen Machtbasis. Mit der DDR und der parteioffiziellen „Geschichte der Arbeiterbewegung“ war es 1989 zu Ende.

Was mich betrifft: Ich war in der Zeit der Abfassung des Refarats ein – in gewisser Weise naives – Mitglied der DKP. Heute weiß ich, dass ein derartiges Referat in der DDR mich wahrscheinlich meine Existenz gekostet hätte (Bautzen?).

*Zur Vorgeschichte der politischen Situation in der damaligen Sowjetunion empfehle ich:

Charles Bettelheim: Die Klassenkämpfe in der UdSSR/Band 3 und 4; Berlin 2016;

zur Situation der Sowjetunion nach 1945 immer noch:

Isaac Deutscher: Stalin; Berlin 1990;

und zu den Auswirkungen des Stalinismus in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts in den sowjetischen Satellitenstaaten:

Arthur London: Ich gestehe; Hamburg 1970.

**Aus Wikipedia „Immanente Kritik“: Immanente Kritik ist ein grundlegendes hermeneutisches Verfahren der Auseinandersetzung mit philosophischen Texten, Kunstwerken und ähnlichem, bei dem der Gegenstand auf Grundlage seiner eigenen Mittel, Begriffe und Denkfiguren … einer Kritik unterzogen wird.