Vietnamkrieg* als Beispiel: Die Furie des Krieges
Hier als Ergänzung eine eindrucksvolle SPIEGEL-TV-Dokumentation des Vietnamkrieges: https://www.youtube.com/watch?v=qgG6cYxSYgY, https://www.youtube.com/watch?v=_IchseEqtbE, https://www.youtube.com/watch?v=ZDz0ugWGWMo&rco=1, https://www.youtube.com/watch?v=nR77pRuv9Ko.
Er ist schon länger her und hat damals bei einer ganzen jungen Generation zu Protesten, zur Politisierung und zur Erkenntnis der gewöhnlich skrupellosen imperialistischen Politik der USA beigetragen, so auch bei mir. Gegen das Vergessen hier einige engagierte und instruktive Videobeiträge aus der Weltwoche Daily Spezial: https://weltwoche.ch/daily/vietnamkrieg-spezial-us-general-william-c-westmoreland-1914-2005-in-saigon/, https://weltwoche.ch/daily/meilensteine-des-vietnamkriegs-der-gestuermte-praesidentenpalast-in-dem-sich-saigons-weltgeschichte-spiegelt/, https://weltwoche.ch/daily/vietnams-dschungel-reduit-das-bunker-labyrinth-der-cuchi-tunnels/, https://weltwoche.ch/daily/gewalt-unterdrueckung-und-kulturelle-groesse-frankreichs-ruhmlose-kolonialherrschaft-in-vietnam/, https://weltwoche.ch/daily/bestie-des-krieges-die-us-verbrechen-in-vietnam-zwischen-1965-und-1975/, https://weltwoche.ch/daily/am-grabmal-des-freiheitskaempfers-ho-chi-minh-und-die-unabhaengigkeit-vietnams/, https://weltwoche.ch/daily/hue-1968-der-wendepunkt-des-vietnamkriegs-und-der-amerikanischen-geschichte-bericht-aus-der-massiv-zerstoerten-kaiserlichen-zitadelle/.
Die Bundesrepublik hat sich damals glücklicherweise „nur“ mit einem Lazarettschiff an dem völkerrechtswidrigen und mit vielen Kriegsverbrechen der USA verbundenen Krieg beteiligt. (mehr …)
Tödliche Verrücktheiten (Zur Schulung der Vorstallungskraft)
Ich lese gerade wieder das sehr instruktive Buch von Roman Töppel „Kursk 1943/Die größte Schlacht des Zweiten Weltkriegs“*. Das Buch zeigt aus meiner Sicht eindrucksvoll, wie mensch sich einen mit modernen Waffen geführten konventionellen Krieg militärtechnisch vorzustellen hat. Mittlerweile sind natürlich noch modernere und effizientere konventionelle Höllenmaschinen (z.B. Drohnen) dem Arsenal hinzu gefügt worden – von den atomaren Höllenmaschinen, über die glücklicherweise noch keine Erfahrungen vorliegen, ganz zu schweigen.
Eine intensive Lektüre des Buchs ist unseren deutschen kriegsunerfahrenen Kriegsanheizern und Chickenhawks** dringend zu empfehlen, weil sie lernen könnten: 1. wie barbarisch der Ablauf einer Schlacht ist, 2. wie dünn der Abstand zwischen Planungen, anschließender Realität und Sieg oder Niederlage ist. 3. für welche Verrücktheiten – ich zitiere nur beispielhaft die Namen deutscher Eliteverbände „Großdeutschland“, „Leibstandarte SS Adolf Hitler“, SS-Divisionen „Das Reich“, „Totenkopf“ und „Wiking“ – zehntausende deutscher Soldaten bei der Schlacht um Kursk wahrscheinlich mit Überzeugung in den Tod gegangen sind – und Kursk war 1943, bis zur deutschen Kapitulation 1945 sind dann noch viele Tausende Soldaten (ohne Berücksichtigung der zivilen Opfer) dazu gekommen.
In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere auf die Fotos am Ende des Buches hinweisen. Dort sind junge Männer in guter Laune bei „ihren“ Waffen zu sehen. Bei vielen dieser Männer dürfte es am Ende geheißen haben „gefallen“***.
Vor diesem Hintergrund bekommt die Papst-Intervention in Bezug auf den Ukraine-Krieg („weiße Fahne“, Waffenstillstand, Verhandlungen) – unabhängig von den Spekulationen über Verhandlungsbereitschaften und von juristischen Fragen – ihr Gewicht.**** Ich bin überzeugt, dass bei Wahrnehmung des sog. „Rechts auf Selbstverteidigung“ die Kosten abgewogen werden sollten. Sonst könnte es am Ende tatsächlich heißen „Fiat Justitia, pereat Ukraine“*****. Insofern halte ich die Papst-Intervention für richtig und angemessen.
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AfD-Demo: „Es ist 5 vor 33“?
Am 25.1.24 berichtet die Wittener WAZ über die Demo gegen Rechts und die AfD. Sie zitiert eine der Demo-Losungen „Es ist 5 vor 33“. Was ist von einer solchen Losung zu halten? Befindet sich die Bundesrepublik wirklich kurz vor der Machtübernahme durch Nazis? Natürlich nicht, und natürlich hat die gegenwärtige politische Befindlichkeit der Bundesrepublik nichts, aber auch gar nichts mit der Verfasstheit der Weimarer Republik vor ihrem Ende zu tun*. Darauf habe ich schon in meinem Beitrag „Muss unsere Demokratie aktuell verteidigt werden?“/22.1.24 hingewiesen.
Bei solchen Losungen, die bei ähnlichen Anlässen gegen Rechts immer wieder auftauchen, fällt mir die Fabel vom Hirtenjungen und dem Wolf ein** und zum gegebenen Anlass die Frage, wie es denn aussehen würde, wenn der Wolf wirklich auftauchen würde. Möglicherweise würde dieser eine ganz andere Physiognomie haben als 1933. Kurz: Der immer wieder bemühte Vergleich mit 1933 hinkt sowohl historisch wie auch politisch. Zudem ist er politisch gefährlich, weil er den Blick für andere, realere Gefahren trübt.
Um etwas Substanz in die Phantasmen von einer Machtübernahme durch die AfD zu bringen, hier die zurückliegenden Wahlergebnisse der AfD für Witten. Bei den Kommunalwahlen 2020 hatte die AfD in Witten einen Stimmenanteil von 4,67%/ 1.681 Stimmen und besetzt damit 3 Sitze im Rat, bei den Bundestagswahlen 2021: 7,2% Erststimmen = 4091 Stimen absolut, Zweitstimmen 7,27% = 3975 Stimmen absolut, bei den Landtagswahlen 2022: 5,33 Erststimmen = 2125 Stimmen absolut, Zweitstimmen 5,47% = 2185 Stimmen absolut. Die Stimmen für die AfD hielten sich also bei diesen Wahlen in einem sehr überschaubaren Bereich und gingen bei den Landtagswahlen im Vergleich zu den Bundestagswahlen in Witten sogar zurück. (mehr …)
Putin: Niederlage Russlands im 1. Weltkrieg wegen eines „Dolchstoßes“?
Im Zusammenhang mit der Prigoschin-Revolte hielt Putin am 24.6.2023 eine Rede, in der er behauptete: „Genau dieser Schlag wurde 1917 ausgeführt, als das Land im ersten Weltkrieg war. Aber der Sieg wurde gestohlen. Intrigen und Streitereien hinter dem Rücken der Armee führten zur größten Katastrophe, zur Zerstörung der Armee und des Staates, zum Verlust riesiger Gebiete, was zu einer Tragödie und zum Bürgerkrieg führte“*.
Das ist natürlich ein nationalistischer Geschichtsmythos von diesmal russischer Seite und eine handfeste Geschichtsverdrehung**. Das zaristische Russland hat den Krieg nicht wegen eines „Dolchstoßes“ („Intrigen und Streitereien hinter dem Rücken der Armee“) verloren, sondern weil:
– der russische Zarismus und die ihm zugrunde liegende Produktionsweise durch und durch marode und auch schon vor dem Krieg von Krisen (1905 (!)***) geschüttelt war. Ein glänzend formulierte kurze Skizze der Lage im zaristischen Russland vor dem Krieg findet sich im 1. Kapitel von Leo Trotzki, Geschichte der russischen Revolution, Erster Teil: Februarrevolution, Frankfurt 1982, S. 13 – 23: „Die Eigenarten der Entwicklung Russlands“, auch unter https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1930/grr/index.htm;
– die russischen Armeen vor diesem Hintergrund technisch und organisatorisch nicht in der Lage waren, einen längeren großen Krieg durchzustehen. Ein gute Analyse findet sich op.cit., S. 24 – 37: „Das zaristische Russland im Kriege“, auch unter https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1930/grr/index.htm;
– diese Armeen waren gegen Ende des Krieges in Auflösung begriffen. Die Soldaten wollten sich einfach nicht mehr zum Kanonenfutter machen lassen. Das Debakel der militärischen und zivilen Eliten führte zur Februar- und – weil die die Februarrevolution tragenden politischen Kräfte den Krieg nicht beenden wollten – schließlich zur Oktoberrevolution****.
Fazit: Kein „Dolchstoß“, sondern die Unfähigkeit des Zarismus zu Reform und Modernisierung haben zur Niederlage Russlands im 1. Weltkrieg geführt. Dieser „Modernisierungs-Lag“ ist dann mit Terror und schrecklichen Opfern unter Stalin aufgeholt worden (nachholende Industrialisierung) und hat wesentlich zur Niederlage der deutschen Wehrmacht gegen die Rote Armee und Sowjetunion im 2. Weltkrieg beigetragen***** . (mehr …)
Nationalistische Geschichtsmythen: Schlacht bei Warschau gegen sowjetische Truppen?
Am 15.8.23 lese ich in tagesschau.de folgenden Beitrag:
„Polen gedenkt Schlacht gegen Sowjetunion/Stand: 15.08.2023 18:20 Uhr
Mit einer Militärparade hat Polen der Schlacht von 1920 gedacht und Verteidigungsbereitschaft demonstriert: Seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine sind Milliarden in neue Ausrüstung geflossen, die Armee wird weiter aufgestockt.
Polen hat mit einer großen Militärparade an den Jahrestag der Schlacht bei Warschau gegen sowjetrussische Truppen gedacht. … (https://www.tagesschau.de/ausland/europa/polen-warschau-militaerparade-100.html).
Ich stutze. Wie war das denn wirklich 1920?
1. Eine Schlacht bei Warschau gegen sowjetische Truppen konnte 2020 gar nicht stattgefunden haben, weil es 2020 noch gar keine Sowjetunion gab. Die ist erst 1922 gegründet worden*.
2. Eine Schlacht hat tatsächlich stattgefunden, und sie ist durch die polnische Armee gewonnen worden. Sie ist aber nicht gegen sowjetische Truppen, sondern gegen die damalige Rote Armee Russlands (!) gewonnen worden. Interessant ist allerdings, wie es zu dieser Schlacht gekommen ist, denn die hat eine Vorgeschichte, die für Polen nicht rühmlich ist. Dem Einmarsch der Roten Armee in Polen und der Schlacht waren nämlich ein militärischer Überfall der Polen auf Russland unter Pilsudski** und eine kurzfristige Eroberung der russischen Ukraine durch Polen vorauf gegangen, die durch eine Rückeroberung durch die Rote Armee und durch eine panikartige Flucht der Polen beendet wurde. Wie Isaac Deutscher zeigt, war der anschließende Einmarsch der Roten Armee in Polen innerhalb der bolschewistischen Partei durchaus strittig***. (mehr …)
Mit Patriotismus in die Katastrophe?
Manchmal hat mensch den Eindruck, dass es in der Geschichte – die ja eigentlich aus Einzelereignissen besteht – doch sich wiederholende Muster gibt. Meine Literaturempfehlung in diesem Zusammenhang: Dieter Groh, Negative Integration und revolutionärer Attentismus/Die deutsche Sozialdemokratie am Vorabend des Ersten Weltkrieges, Frankfurt/M-Berlin-Wien 1973, speziell die Kapitel 6 und 7*.
Das Beispiel der plötzlichen (?) „vaterländischen“ Kriegsbereitschaft** und -beteiligung der ursprünglich kriegskritischen SPD zeigt, wie leicht eine politische Formation durch tiefsitzende Vorurteile, Fake-News, Manipulation und Anpassungsbereitschaft in einen Strudel hinein geriet, der zum Ersten Weltkrieg***, der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ führte (insgesamt ca. 9 Mio. Gefallene und ca. 6 Mio. zivile Tote, davon allein Deutschland ca. 2 Mio. Gefallene und ca. 700.000 zivile Tote, darunter auch viele sozialdemokratische Parteimitglieder und Wähler).
Drängen sich einige Parallelen zur aktuellen globalen Situation nicht geradezu auf? (mehr …)
Und wieder nichts ohn’Ursach: Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion am 22.6.1941
Ich erhielt mehrere Veranstaltungseinladungen zu einer Gedenkveranstaltung am 22. Juni. Gedacht werden soll der 80. Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion (22.6.1941). Dazu folgende knappe Gedanken meinerseits:
Der Überfall – der wirklich ein Überfall war, weil paktbrüchig – und seine Folgen hatte katastrophale Auswirkungen auf die Sowjetunion (siehe dazu: https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/deutschlandarchiv/207010/verwuestetes-land-die-sowjetunion-nach-holocaust-und-krieg), aber letztlich auch auf das mit enormen Kosten besiegte Deutschland (siehe dazu: https://www.zeit.de/news/2015-05/08/geschichte-hintergrund-der-zweite-weltkrieg-in-zahlen-und-fakten-08065612). Die Sowjetunion ist durch den Überfall überrascht worden. Grund für die Überraschung war, dass Stalin ihm zugegangenen Hinweisen auf den Überfall nicht geglaubt hat, weil er sich vor dem Hintergrund des Hitler-Stalin-Pakts* sicher fühlte, seinem Paktpartner also offenbar vertraut hat.
Die Überraschung hat sicher zu den Anfangserfolgen der deutschen Wehrmacht beigetragen. Sie erklärt aber aus meiner Sicht nicht allein die katastrophalen Niederlagen und enormen militärischen und zivilen Verluste der Sowjetunion in den ersten Jahren. Zur Erklärung muss auf die Vorgeschichte der Sowjetunion in den 30er Jahren zurück gegangen werden: Ab ca. 1934 wütete in der Sowjetunion der verschärfte Stalinsche Terror, dem unter anderem auch die Spitzen der Roten Armee zum Opfer fielen. Zu diesem Terror empfehle ich das Buch von Charles Bettelheim, Die Klassenkämpfe in der UdSSR Band 3 und 4, Band 3, Dritter Teil, Massenterror und Zwangsarbeit, und Band 4, Kapitel 4, Die Verschärfung der Diktatur der Führungsgruppe über die Partei und die Kader (Ende 1934 bis Ende 1938), darüber hinaus natürlich die Lektüre des ganzen Buchs.
Auch hier gilt wieder: Nichts ohn‘ Ursach. Zu den Ursachen für die Katastrophe des Krieges zwischen Nazideutschland und der Sowjetunion zählt sicher in erster Linie die Herrschaft des Nazionalsozialismus in Deutschland mit seiner absehbaren, früh erklärten Aggressivität gegenüber dem Kommunismus (Sowjetunion) und seiner rassistischen Verachtung des slawischen Untermenschen, aber eben auch der Terror in der Sowjetunion, der dem mörderischen deutschen, nazigesteuerten Militarismus in der ersten Phase der militärischen Auseinandersetzung seine „Erfolge“ leicht gemacht haben**. (mehr …)
Noch ein Rückblick: Die Politik der KPD nach 1945
Im Rahmen eines studentischen Seminars ca. 1973 habe ich als Student folgendes Referat zur Politik der KPD in Westdeutschland nach 1945 verfasst*. Die Interviewform hat mir ermöglicht, eine Art neutraler immanenter Kritik** zu entwickeln.
→ Referat „Die Politik der KPD nach 1945“: Die Politik der KPD nach 1945
Festzuhalten bleibt:
– Die Politik der KPD ging regelmäßig an den jeweiligen politisch-ökonomischen Konjunkturen vorbei. Von wegen: Die Partei hat immer recht.
– Damit war ein Scheitern vorprogrammiert – übrigens ähnlich wie im Kampf gegen den erstarkenden Nationalsozialismus Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre des vergangenenen Jahrhunderts. Die linksradikale Thälmann-Losung „Für eine deutsche Sowjetrepublik“ hat mit Sicherheit nicht zur Stärkung des antfaschistischen Kanpfes beigetragen.
– Durch die falschen Losungen und Schwerpunktsetzungen sind in stalinistischer Manier Menschen massenhaft verheizt worden – mit dem tragischen Ende des Verbots und der folgenden Illegalität der KPD, deren mehr oder weniger gebrochene Opfer ich dann 1970 nach meinem Eintritt in die DKP vor Ort kennenlernen konnte.
Zu lernen ist daraus, dass zu einer erfolgreichen linken Politik nicht nur Phrasendrescherei, sondern auch eine richtige Analyse der konkreten Situation gehört. Und die ist mit Sicherheit nicht durch Ukas eines Politbüros oder eines selbsternannten Avantgardezirkels, sondern nur durch eine lebendige Debatte zu erreichen. Andernfalls provoziert eine politische Formation nicht nur ihr eigenes Scheitern, sondern macht sich auch mitschuldig an der Niederlage der gesellschaftlichen Bewegung, für die sie zu stehen vorgibt. (mehr …)
„Sozialrevolutionäre“ Fake News
Am 1.5.17 demonstriert der autonome „Historiker“ Ralph Klein „Gegen Kapital und Nation für die soziale Revolution“.
→ Foto WAZ/2.5.17: ‚Antifa-Demonstranten stören Mai-Kundgebung‘
Unser „Historiker“ ist ganz links im Bild zu sehen.
Mensch würde von dem Demonstranten angesichts solcher Aktionen gern erfahren, wo es denn mit der „sozialen Revolution“ hingehen soll – nach einigen historischen Erfahrungen mit Revolutionen, die nach hinten losgegangen sind und/oder sehr unerwünschte Folgen gehabt haben – , also: Welche konkreten Ziele mit dem ja erfahrungsgemäß nicht unerheblichen Aufwand und den nicht unerheblichen sozialen Kosten einer sozialen Revolution denn erreicht werden sollen? „Gegen Kapital und Nation“, aber wofür?
Da dies dem „revolutionären“ Auftritt nicht zu entnehmen ist, scheint bei unserem „Historiker“ das Mittel zum Zweck und zur hohlen Phrase zu mutiert zu sein. Konsequenz: Um sich die Mühen der risikoreichen Praxis (Risiken für sich und vor allem für andere) zu ersparen, macht sich unser „Historiker“ seit einiger Zeit daran, die soziale Revolution bequem in der Vergangenheit durchzuführen, indem er sie „sozialrevolutionär“ hinbiegt.
Jüngste Beispiele:
Beispiel 1: Der vom Zaun gebrochene Namensstreit um den Namen des sog. Hohenzollernviertels (siehe dazu mein Beitrag „‚Historiker‘-Kappes – jetzt auch stadtoffiziell?„/24.1.18).
Beispiel 2: Die Sinnverfälschung der Historie des Namens der ev. Gedächtniskirche. (mehr …)
Hohenzollernviertel: Statt Streit um Namen besser Infomation
Am 17.3.17 veröffentlichte die WAZ einen Leserbrief von Herrn Ralph Klein, in dem dieser vorträgt, der Name „Hohenzollernviertel“ sei für ihn nicht hinnehmbar:
→ Leserbrief Ralph Klein: Leserbrief Ralph Klein
Wie mensch auch immer zu den Hohenzollern stehen mag – die Dynastie hat sich in manchen dunklen Phasen deutscher Geschichte nicht gerade mit Ruhm bekleckert -, der folgende Auszug aus dem Buch „Heinrich Schoppmeyer/Witten/Geschichte von Dorf, Stadt und Vororten/Erster Band/Witten 2012“ scheint mir nahe zu legen, dass der Name „Hohenzollernviertel“ die ursprünliche planerische und städtebauliche Konzeption des Viertels, deren bauliche Überbleibsel wir heute attraktiv finden, richtig wiedergibt. H. Schoppmeyer schreibt: „Das 1877 hier eingeweihte, fälschlich als Kriegerdenkmal apostrophierte Siegesdenkmal verdeutlicht hinreichend, dass Witten hier abseits vom alten Dorfkern und in der Nähe zu Bahnhof und Eisenbahn sein bürgerliches Vietel plante.“
Ich halte diese Einschätzung für zutreffend, und es war ein durch und durch reichs- und hohenzollerntreues Bürgertum, das hier tätig wurde (dokumentiert im genannten Buch von H. Schoppmeyer durch den Absturz der Fortschrittspartei und den rasanten Aufstieg der Nationalliberalen in Witten nach 70/71/S. 412/413).
→ Auszug aus „Witten etc.“: Hohenzollernviertel
Statt über einen Namen die problematischen Aspekte der Gründung des Viertels und Errichtung eines Denkmals wie des „Siegesdenkmals“ (Germania) zu verleugnen, hielte ich es für besser, bei der Erneuerung des Karl-Marx-Platzes (früher: Königsplatz!) und der wünschenswerten städtbaulichen Aufwertung des Viertels auf die problematischen Aspekte, z.B. durch Hinweise auf Informationstafeln, hinzuweisen. (mehr …)