Wirtschaftsförderung durch Schrumpfung?
Am 1.4.16 berichtet die WAZ, dass die Stadt Witten (Bürgermeisterin) die Wirtschaftsförderung neu strukturieren wolle (kein Aprilscherz!). Das eigenständige Amt für Wirtschaftsförderung werde aufgelöst. Seine Aufgaben würden in einem neu geschaffenen „Amt fürBodenmanagement und Wirtschaftsförderung“ zusammen gefasst. Begründung dieser „strategischen Entscheidung“ von Seiten der Bürgermeisterin (auch Wirtschaftsdezernentin)*: Sie habe festgestellt, dass es eine „erhebliche Überschneidung“ von Aufgaben aus dem Bereich Wirtschaftsförderung und Liegenschaften gebe. Ihr Beispiel: Hoher Bedarf an Gewerbeflächen.
Eine richtige strategische Entscheidung? Ich glaube nicht. Wenn unterstellt werden kann, dass angesichts zunehmender wirtschaftlicher Entwicklungsprobleme der Stadt Witten eine intelligente Wirtschaftsförderung dringend nötig ist, dann läuft diese strategische Entscheidung genau in die falsche Richtung, nämlich in die Richtung eines Zurückfahrens der Wirtschaftförderung auf Sparflamme und in Uraltbahnen.
Denn das nutzbare Gewerbeflächenpotential in Witten ist wegen des Volllaufens alter Gewerbeflächenareale (Rüdinghauser Feld, Wullener Feld etc.) doch sehr überschaubar geworden. Die Bürgermeisterin benennt gerade mal noch die ehemalige Thyssen-Deponie (Salinger Feld), das Gebiet Drei Könige und Gewerbeflächen am Bebbelsdorf.
Hinzu kommt, dass die Zeiten, wo mensch mit einem Flächenangebot nur auf ansiedlungs- und umsiedlungswillige Unternehmen zu warten brauchte, längst vorbei sind. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass andere Städte in Bezug auf Flächenangebote auch nicht schlafen, wie der aktuelle Fall Draco demonstriert, und dass generell Neuansiedlungen immer seltener geworden sind. Gewerbesteuerhebesatz und Grundsteuer B (für ansiedlungswillige Beschäftigte) spielen möglicherweise auch eine Rolle.
Insofern wäre es aus meiner Sicht gerade dringend erforderlich gewesen, den Bereich Liegenschaften im Rahmen einer intelligenten Wirtschaftsförderung eher zurück zu fahren und für die städtische Wirtschaftsförderung neue Arbeitsfelder zu erschließen.
Vor einer strategischen Entscheidung der Bürgermeisterin, die ich für einen fatalen, bei der Bürgermeisterin nicht seltenen Schnellschüsse halte – ich erinnere nur an ihr Startprojekt einer Verlagerung der Wittener Werkstadt zugunsten von Parkplätzen -, wäre es sinnvoll gewesen, den von dem jetzt versetzten (ein Schelm, der Böses dabei denkt!) ehemaligen Amtsleiter Klaus Völkel angesprochenen Masterplan Wirtschaft zu erstellen. Übrigens ist mir als Ratsmitglied bisher weder das Projekt eines solchen Masterplans noch die zweimalige Ablehnung von dessen Finanzierung durch die Politik bekannt gewesen. Wer in der Politik hat da und wann abgelehnt?
In eigener Sache möchte ich zum Thema Wirtschaftsförderung an mein Bürgermeisterwahlprogramm von 1999 erinnern. Ich habe 1999 als unabhängiger Knndidat für das Bürgermeisteramt kandidiert.
→ Mein Programm: Wirtschaft und Arbeitsplätze/ Initiative statt Trägheit – Konzept statt Konzeptlosigkeit: Programm Wirtschaft und Arbeitsplätze
*Im Rahmen ihrer Organisationsgewalt kann die Bürgermeisterin sich leider ohne Beteiligung des Rates ihr eigenes Dezernat stricken (§ 63 Gemeindeordnung NRW).