Stadtmarketing Witten- eine Dauerbaustelle?
Stadtmarketing Witten befindet sich wieder in einer schwierigen Situation, nachdem der zuletzt amtierende Geschäftsführer nun endgültig den schwankenden Kahn verlässt. Diese schwierige Situation ist nicht in erster Linie durch Personen bedingt, sondern durch die Struktur und Geschichte der Einrichtung. Um für nicht Eingeweihte etwas Licht ins Dunkel der Probleme zu bringen, bringe ich hier einen Beitrag aus dem Jahre 2005, ergänzt 2009, der die Geschichte des Wittener Stadtmarketings bis 2009 (samt einer kurzen Ergänzung 2013) beleuchtet:
Beitrag aus 2005:
„Endlich Stadtmarketing in Witten? Wie bei so vielen „Fortschritten“ in Witten ist auch hier ein großes Fragezeichen angesagt, denn nicht alles, was lange währt, wird auch automatisch endlich gut.
Die Geschichte des verwaltungsunabhängigen Stadtmarketings (Vorläufer: verwaltungsabhängiges gescheitertes Stadtmarketing noch unter Stadtdirektor Wiederhold) beginnt 1993 mit einem Antrag der CDU. Dieser wird durch eine absolute Mehrheit der SPD – wie damals so häufig – abgelehnt und 1994 mit einem eigenen Antrag der SPD – auch wie damals so häufig – vor der Kommunalwahl 1994 aufgegriffen, ohne dass die SPD zum damaligen Zeitpunkt praktische Initiativen zu einer Gründung ergriffen hätte.
1995 versucht dann der damals frisch installierte Stadtdirektor Dr. Buhren, die Regie zu übernehmen. Er setzt ein Verfahren durch, bei dem in einem ersten Schritt ein Einzelhandelsgutachten durchgeführt wird und in einem zweiten die Gründung eines Stadtmarketings vorbereitet werden soll. Dieses Verfahren zieht sich über fünf Jahre hin. Im Jahr 2000 (nach Einzelhandelsgutachten und vorbereitenden Gründungaktivitäten) wird ein Abschlussbericht des beauftragten Unternehmens vorgelegt. Stadtmarketing ist im Prinzip gründungsreif.
Pech nur für Stadtmarketing und die Stadt, dass der selbsternannte Stadtkönig (Einladungskarte zum Geburtstag) Klaus Lohmann 1999 zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt wird. Da Herr Lohmann nicht an einem verwaltungsunabhängigen, selbstbewussten Stadtmarketing interessiert ist – Machtteilung ist Klaus Lohmann immer fremd gewesen -, geht es ihm in erster Linie um die Unterbringung ihm ergeben Personals, um den persönlichen Durchgriff zu garantieren.
Die Wirtschaft, die zwecks Finanzierung mit ins Boot genommen werden muss, kann unter diesen Umständen mit Recht den Sinn von Stadtmarketing nicht nachvollziehen. Folglich verläuft in den nächsten Jahren der Gründungsprozess trotz vieler fruchtloser Diskussionen und Arbeitskreise im Sande.
Kurz vor der Kommunalwahl 2004 beginnen dann wieder hektische Aktivitäten, den Gründungsprozess doch noch – als Wahlkampfbonbon der SPD – zu einem Abschluss zu bringen. Wieder scheitert der Versuch an der fehlenden Finanzierung durch Private.
Und nach der Kommunalwahl 2004? Neue Bürgermeisterin, neues Glück!?
Tatsächlich liegt jetzt ein Ratsbeschluss zur Gründung von Stadtmarketing vor. Aber was ist nach jahrelangem Gezerre von dem hehren Projekt der 90er Jahre übrig geblieben?
Abgesehen davon, dass Mitte der 90er Jahre Stadtmarketing eine damals beginnenden Stadterneuerungsprozess begleiten und unterstützen sollte (bilanzieren lässt sich mittlerweile, dass die meisten der in diesem Rahmen angegangenen Projekte – Celestian-Bau, Rathausplatz, Bahnhofstrasse, Neue Mitte Annen etc. – mehr oder weniger gescheitert sind), haben sich die Rahmenbedingungen und damit auch die Anforderungen an Stadtmarketing im Laufe der Jahre verändert. Im Gegensatz zur Initiierungsphase der 90er Jahre, die von verhaltenem Optimismus und Aufbruchsstimmung geprägt war, sind die Rahmenbedingungen sehr viel schlechter geworden mit der Folge, dass ein Stadtmarketing, wenn es erfolgreich sein will, auch als Krisenmanagement wird fungieren müssen.
Wird dazu das jetzt beschlossene Stadtmarketing in der Lage sein? Wohl kaum. Warum? Weil die Schwächung und ein Dahindümpeln schon vorprogrammiert sind.
Das liegt wesentlich am unklaren Profil und an der vorgegebenen problematischen Struktur. Beispiel: Der – noch zu findende – hauptamtliche Geschäftsführer soll mit einer ( nur ) halben Stelle und mit eingeschränkten Zuständigkeiten von vornherein geschwächt die enormen Probleme, die auf ihn zukommen werden, bewältigen.
Er wird sich Leistungen des Personals des Amts für Wirtschaftsförderung bei Bedarf „leihen“ (Zuständigkeits- und Abstimmungsprobleme) und die übernommenen Aufgaben des Verkehrsvereins einer „erfahrenen“ Verkehrsvereinsmanagerin überlassen müssen. Als Kernzuständigkeiten bleibt für ihn die Organisation von „events“ übrig, auf die sich der Arme zwecks Selbstfinanzierung wird konzentrieren müssen. Woher der Geschäftsführer bei dieser Konstruktion Personal, Zeit und Kraft zur Bewältigung von aktuellen und strategischen Problemen der Stadt nehmen soll, bleibt ein Rätsel.
…
Ergänzung 09.01.09:
Unser Verdacht, dass die Schwächung und das Dahindümpeln des Wittener Stadtmarketing mit Gründung vorprogrammiert waren, hat sich mittlerweile tragisch bestätigt. So etwas passiert, wenn Köchinnen und Köche eine Suppe kochen, die nichts vom Kochen verstehen. Nachdem zwei GeschäftsführerInnen gescheitert sind (der eine gezwungenermaßen, die andere durch Flucht), ist jetzt die dritte Besetzung am Start. Angesichts der nicht bewältigten strukturellen Probleme (s.o.) sehen wir aber auch hier schwarz.
Nach dem zweifachen Scheitern der Geschäftsführung und der offensichtlich Lern- und Handlungsunfähigkeit der für die Arbeit und strategische Ausrichtung des Wittener Stadtmarketing verantwortlichen Gremien muss auch hier diagnostiziert werden:
Ein erfolgreiches Stadtmarketing wird es nur bei einer grundlegenden Änderung der Basisstruktur geben. Zentraler Punkt muss die Stärkung der Geschäftsführung sein: d.h. klare Führungs- und Durchgriffskompetenz gegenüber dem eigenen Laden und Unabhängigkeit von der Stadtverwaltung. Bei der bekannten schlechten Qualität der Wittener Stadtverwaltung darf Stadtmarketing kein Anhängsel der Verwaltung sein, sondern muss in die Lage versetzt werden, auch unabhängig von und kritisch gegenüber der Stadtverwaltung zu agieren. Nach Lage der Dinge und den Erfahrungen der letzten Jahre gehen wir allerdings auch bei diesem ungelösten Problem davon aus, dass eine grundlegende Änderung der Basisstruktur nur mit neuen politischen Mehrheiten erreichbar ist.“
Ergänzung 01.08.13:
Ich hatte früher damit gerechnet, aber jetzt hat auch der 3. Geschäftsführer den vorzeitigen Abgang gewählt. Die Stelle soll intern neu besetzt werden. Das lässt nichts Gutes vermuten.
Auf aktuelle Probleme verweist eine Anfrage der CDU:
→ Link: Anfrage CDU „Stadtmarketing Witten“ vom 31.07.13 Anfrage 69 07 13
Einen interessanten Ansatz enthält auch eine Anfrage der SPD:
→ Link: Anfrage der SPD „Kommunale Wirtschaftsförderung“ vom 1.8.13 Kommunale Wirtschaftsförderung
Siehe zu diesem Thema auch mein Beitrag „Stadtmarketing 1989 – Gläserens Rathaus?“/August 2013.