Corona: Pandemie-Einschränkungen nicht grundgesetzkonform?
In Zusammenhang mit diversen aktuellen Demos für das Grundgesetz (?) und gegen die Corona-Einschränkungen möchte ich beiläufig auf Artikel 2 des Grundgesetzes verweisen:
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 2*:
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.**
Was mich betrifft, so fühle ich mich durch ein wider besseres Wissen fahrlässiges Verhalten von Personen, die meinen, die Freiheit ihrer Person durch die Gefährdung der Gesundheit anderer (und eben auch meiner) ausleben zu müssen, in meinen Grundrechten verletzt.***
*Fettungen von mir
**Siehe zu Erläuterungen zu (2) WikipediA: Artikel 2 Des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland https://de.wikipedia.org/wiki/Artikel_2_des_Grundgesetzes_f%C3%BCr_die_Bundesrepublik_Deutschland
***Siehe zu einer ähnlichen Problematik mein Beitrag „Bürgerlicher Anarchismus?“/11.1.17. Die Teilnahme von Herrn Kemmerich (Ich erinnere: FDP, Kurzzeitministerpräsident in Thüringen) an einer Demo in Thüringen gegen die Einschränkungen war eben nicht ganz zufällig.
Corona: Lockerungsbeschluss
Aktuell hier unkommentiert ein Link zum Lockerungsbeschluss der Bundesregierung und Ministerpräsidenten im Wortlaut (aus ntv 15.4.20/Politik/Schulen, Läden, Kontaktverbot/Der Lockerungsbeschluss im Wortlaut):
Lockerungsbeschluss: https://www.n-tv.de/politik/Der-Lockerungsbeschluss-im-Wortlaut-article21716860.html
Corona: Sorgen und Sorgen 2
Diese berechtigten Sorgen macht sich der Ministerpräsident von Baden-Würtemberg Winfried Kretschmann:
„Berlin (dpa) – Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann erwartet für die Zeit nach der Corona-Krise harte Verteilungskämpfe.
„Machen wir uns nichts vor: Das wird eine harte Debatte geben, wer die Kosten für die Rettungspakte trägt“, sagte der Grünen-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Letztlich werde die gesamte Bevölkerung dafür bezahlen: „Die meisten Menschen werden nach der Corona-Krise erstmal ärmer sein.“ Baden-Württemberg zum Beispiel spanne für fünf Milliarden Euro einen Schutzschirm, der Betrag sei binnen zehn Jahren zu tilgen. „Das heißt: Eine halbe Milliarde im Jahr muss im Haushalt anderswo eingespart werden. Das Geld fällt ja nicht vom Himmel.“ © dpa“
Derart berechtigte Sorgen sind auch kurz- und vor allem mittelfristig in Bezug auf den NRW-Landeshaushalt und den Wittener städtischen Haushalt angebracht. In NRW beläuft sich der Rettungsschirm des Landes – Schutzschild genannt – auf einen Nachtragshaushalt 25 Mrd. (+ Bürgschaften 8,5 Mrd.). Zum städtischen Haushalt siehe mein Beitrag „Corona: Städtischer Haushalt – keine schönen Aussichten!“/7.4.20. Wie Herr Kretschmann richtig feststellt: „Das Geld fällt ja nicht vom Himmel“.
Und diese Sorgen macht sich Herr Harald Kahl, Ratsmitglied und 1. Vorsitzender des bürgerforums Witten (Quelle: facebook-Auftritt des bürgerforums/6.4.20):
„❗Harald Kahl sieht Krise (gemeint ist wohl die Corona-Krise/K.R.) für die Kultur als zweischneidig❗
„Zwar gibt es Künstler wie mich und andere Kulturschaffende, die eh als Individualisten quasi ,aus sich heraus‘ arbeiten, Komponisten, Literaten, Solisten und andere. Diese empfinden dieses ,auf sich selbst zurück geworfen Sein‘, die Verlangsamung und dieses Weggehen vom hektischen Konsum sogar als wohltuend.“
„Aber uns fehlen natürlich andererseits das Publikum, die Ausstellungen, die Käufer, die Lesungen, der Austausch usw. Kunst braucht Austausch. (mehr …)
Corona: Panik ist schlecht, Leichtsinn aber auch
Seit kurzem wird eine epidemiologische Studie zu den Folgen von Corona in Heinsberg über Stock und Stein promotet. Tenor: Endlich eine wissenschaftliche Basis für eine baldige Lockerung. Allerdings gibt es berechtigte Kritik.
Hier der Link zu einem kritischen Artikel zur Heinsberg-Studie: Süddeutsche Zeitung/10.4.2020: „Kritik und Zweifel an Studie aus Heinsberg“ https://www.sueddeutsche.de/wissen/heinsberg-studie-herdenimmunitaet-kritik-1.4873480.
Und hier ein Link zu einem weiteren kritischen Artikel: Zeit Online/10.4..2020 „Kritik an Corona-Studie aus Heinsberg“ https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-04/heinsberg-studie-coronavirus-hendrik-streeck-storymachine-kai-diekmann.
Ich kann in Zusammenhang mit Corona nur dem letzten Satz des Artikels der Süddeutschen Zeitung beipflichten: „Eine Rückkehr zur Normalität auf Grundlage der Heinsbergstudie scheint nach dem gegenwärtigen Stand übereilt“. Also: Nicht den Wunsch zur Basis des privaten und politischen Handelns machen! Panik* ist schlecht, Leichtsinn aber auch.
*Zu Panik siehe mein Beitrag „Panik und Aktionismus sind schlechte Ratgeber“/21.8.2019.
Corona: Internes Strategiepapier des Innenministeriums!(?)
Am 7.4.20 informiert abgeordnetenwatch.de: https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/informationsfreiheit/das-interne-strategiepapier-des-innenministeriums-zur-corona-pandemie über ein instruktives Strategiepapier des Innenministeriums. Von einigen Kommentatoren wird bezweifelt, dass das Papier authentisch ist. Ich gehe erst einmal von der Authentizität aus:
„Das interne Strategiepapier des Innenministeriums zur Corona-Pandemie
Das Bundesinnenministerium hat ein Strategiepapier ausgearbeitet, das den Umgang der Bundesregierung mit der Corona-Pandemie vorzeichnen soll. Zahlreiche Medien liegt das Dokument zwar vor, doch sie zitieren daraus nur auszugsweise – veröffentlichen tun sie es nicht. Auch das Innenministerium selbst machte das Dokument bisher nicht zugänglich. Unser Partnerprojekt FragDenStaat hat das Strategiepapier nun veröffentlicht.Wir dokumentieren es hier:
→ bmi-corona-strategiepapier: bmi-corona-strategiepapier“
Politische Loyalitäten
Mit den politischen Loyalitäten ist das so eine Sache. Viele meinen, die Loyalität müsse der politischen Partei oder dem politischen Verein gelten, deren Mitglied mensch ist, für die mensch gewählt worden ist oder die mensch wählt. Das sehe ich auf Grund meiner Jahrzehnte langen politischen Erfahrung mittlerweile anders, weil die Treue – manchmal Nibelungentreue – zur Organisation häufig zur Fixierung auf die „Autorität“ von Minigrüppchen und zur Unterdrückung von politischen Initiativen führt.
Diese Art von Loyalität ist bei genauerem Hinsehen undemokratisch und unproduktiv. Ich z.B. bin – noch – Ratsmitglied, Mitglied der Fraktion bürgerforum und der Wählergemeinschaft bürgerforum (die Wählergemeinschaft habe ich aktiv mitinitiiert und -gegründet). Wem gilt dann meine Loyalität?
Sie gilt:
- als Ratsmitglied der Stadt Witten (nicht im Sinne von „Witten first“, weil Witten kein eigener Planet ist);
- nach bestem Wissen und Gewissen der Lösung von Problemen dieser Stadt;
- dem programmatischen Rahmen des bürgerforums, für den ich gewählt worden bin;
- und erst 4. einer sozialen Gruppierung „Fraktion“ oder „Wählergemeinschaft“ bürgerforum, hinter deren Namen sich u.U. eine Menge politisches Unvermögen und heiße Luft verbergen.
„Wir sind das bürgerforum!“? Ja, was sind „wir“ denn dann? Doch erst einmal nur eine Worthülse, und die ist noch kein Garant für sinnvolle Loyalität und gute Politik. Für gute Politik gilt: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen! (1. Johannes 2,1-6). Das impliziert auch plausible öffentliche politische Positionierungen.
Allerdings gibt es immer wieder Menschen, die meinen, der Name allein sei schon das Entrée-Billet zum Himmelreich des politischen Erfolgs (Rastmitgliedschaft, Dabeisein): Ich nenne diesen Typus Namenstrittbrettfaher, der auch bei anderen politischen Organisationen – z.B. den Grünen – mittlerweile sehr verbreitet sein dürfte. (mehr …)
Kein Monopol auf Kamikaze
Dass die SPD kein Monopol auf Kamikaze hat, machen Karikatur und Kommentar aus der WAZ vom 30.10.19 deutlich:
→ Karikatur „Ring frei zur Wahlanalayse“: Ring frei zur Wahlanalyse
→ Kommentar: „Aus dem Hinterhalt“ (https://www.waz.de/politik/cdu-merz-schiesst-mit-seiner-kritik-aus-dem-hinterhalt-id227506305.html)
Wie steht eigentlich die Wittener CDU zu diesen Ereignissen? Ist sie in der Wittener GroKo-Bräsigkeit eingeschlafen? Oder glaubt sie, auf kommunaler Ebene mit dem Kamikaze nichts zu tun zu haben? Das dürfte ein Irrtum sein: Die Kommunalwahlen 2020 (Bürgermeister_in und Stadtrat) stehen bekanntlich vor der Tür.
Kamikaze mit Kapschack
Am 18.10.19 finde ich in der WAZ folgende Notiz: „Kapschack für eine ÖPNV-Modellprojekt“. In dieser Notiz heißt es: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Kapschack begrüßt das von der Bundesregierung beschlossene Klimaschutzkonzept. ….“
So sieht Kamikaze aus, denn es ist doch mittlerweile sonnenklar, dass dieses Konzept nicht einmal im Entferntesten in der Lage ist, eine wirksamen Klimaschutz zu erreichen. Hier die Einschätzung von Campact: „Das große Klima-Versagen – und jetzt?“*. Allerdings gab es auch kritische Positionen in der SPD, wie aus einem Spiegel-Artikel „Willy werden“ (Spiegel Nr. 44, 26.10.19) hervorgeht.
Karl Lauterbach und Nina Scheer waren für konsequenten und wirksamen Klimaschutz. Wie das dann allerdings in der SPD abging, machen folgende Passagen aus dem Spiegel-Artikel deutlich: „Drei Tage später sitzt sie (Nina Scheer/K.R.) mit Lauterbach im Zug von Berlin zur nächsten Konferenz in Braunschweig und ist noch immer fassungslos über den Verlauf der Fraktionssitzung in dieser Woche. Leider habe die Fraktion ein Stück weit den Bezug zur Realität verloren. Es sei ernsthaft erzählt worden, dass das Klimapaket der Bundesregierung nicht so schlecht sei. Der Tenor sei gewesen: Wenn wir zusammenhalten und zu dem Paket stehen, dann werde es schon als Erfolg rüberkommen. Als sie das Paket dann kritisiert habe, als Einzige, sei man ihr regelrecht ins Gesicht gesprungen. ‚Ich habe so was noch nie erlebt.’“
Instruktiv ist auch folgendes Zitat: „Auf der Bühne kritisiert Scheer dann Olaf Scholz für das Klimapaket der Regierung. Man solle nicht so tun, als sei das gut, was man erreicht habe. Scholz steht neben ihr und lächelt, wie er all die 23 Veranstaltungen durchlächelt, freundlich und entrückt. Er zeigt keinerlei Regung. Zu den meisten Konferenzen hätte er auch einen Papp-Olaf schicken können. Es hätte keine großen Unterschied gemacht.“
Wagenburgmentalität mit Kamikaze-Effekt und Mobbing, und Herr Kapschack war offenbar beteiligt. Dass das so mit einer Erneuerung der SPD nichts werden kann, scheint mir offensichtlich zu sein. (mehr …)
In der Sache falsch
In der WAZ vom 25.10.19 finde ich folgenden Leserbrief von Herrn Gerhard Keller:
„Keine Volkspartei/Tempolimit auf Autobahnen: Auf Empfehlung des Verkehrsausschusses hat der Bundestag mehrheitlich am 17.10.2019 die Einführung dieses Tempolimits (Tempo 130 /K.R.) abgelehnt. Der Empfehlung des Verkehrsausschusses hat auch Bundestagsmitglied Ralf Kapschack zugestimmt. Eine Partei, die den Willen der Mehrheit ihrer Basis nicht vollzieht, ist keine Volkspartei. Ich schlage vor, Herrn Kapschack einmal zu interviewen, wie er seine Gewissensentscheidung vor der Parteibasis und der Mehrheit der Bevölkerung (über 60 %) rechtfertigt.“
Im Kern kann ich Herrn Keller nur Recht geben. Was mag wohl den Wittener SPD-Bundestagsabgeordneten Ralf Kapschack geritten haben, dem Tempolimit 130 für deutsche Autobahnen nicht zuzustimmen? Ob er auch der Auffassung von Herrn Scheuer ist, dass eine derartiges Tempolimit gegen jeden Menschenverstand gerichtet sei, wo doch im Gegenteil von der Sache her alles für ein Tempolimit spricht? Siehe dazu mein Beitrag „Gegen jeden Menschenverstand?“/5.3.19): „Dabei ist es aus meiner Sicht genau anders herum: Der Verzicht auf ein Limit ist eigentlich gegen jeden aufgeklärten Menschenverstand – wenn Vorsorgeprinzip und Risikobegrenzung ernst genommen werden.“
Den Hinweis von Herrn Keller auf eine Parteibasismehrheit und eine Mehrheit der Bevölkerung halte ich allerdings für fragwürdig. Natürlich ist eine Umfragemehrheit von 60 % zu begrüßen, aber selbst wenn diese nicht vorhanden wäre, sollten in erster Linie Sachargumente und keine volatilen Umfragemehrheiten bei Entscheidungen von Bundestagsabgeordneten den Ausschlag geben. Aus guten Gründen kennt das Grundgesetz kein imperatives Mandat – weder einer Parteibasis noch irgendwelcher anderen Mehrheiten. Eine andere Regelung würde auch mit Sicherheit wegen der Schwierigkeit legitimer und verbindlicher Mehrheitsfindung zum politischen Tohuwabohu führen.
Herr Kapschack ist zu kritisieren, nicht weil er einer fiktiven Parteibasis oder Mehrheit nicht entspricht, sondern weil sein Votum gegen Tempolimit 130 dazu beigetragen hat, Schlechtes nicht zu beenden: Die hemmungs- und rücksichtslose Raserei auf deutschen Autobahnen gefährdet das Klima, die nicht rasenden Verkehrsteilnehmer_innen und natürlich auch die Raser_innen selbst. Wer Rennen fahren möchte, sollte die dafür vorgesehenen Rennstrecken benutzen. Autobahnen eignen sich nicht dazu.
Ganz hoher Besuch
Am 23.10.19 finde ich in der WAZ eine Notiz mit dem Titel „Hoher Besuch bei der Tafel“.
Ich stutze. Von welcher Hoheit mag die Rede sein? Kaiserliche Hoheit persönlich? Nein, sondern um „Ihre Hoheit“ die Landtagsabgeordnete der Grünen Verena Schäffer (wie der Text der Notiz deutlich macht), die offenbar nur während der sitzungsfreien Zeit im Landtag Zeit hat, ihren Wahlkreis zu besuchen und Self Marketing vor Ort zu betreiben. Der Job muss ja enorm schweißtreibend sein!
Abgesehen davon, dass zu den Grundsäulen der Grünen früher die Basisdemokratie zählte (lang ist’s her) und ich als basisdemokratische Mindestpflicht bei einer grünen Landtagsabgeordneten einen regelmäßigen öffentlichen Rechenschaftsbericht in ihrem Wahlkreis über ihre Arbeit vermisse: Wes Geistes Kind muss eine Redaktion sein, die eine Notiz so titelt?
Was passiert denn, wenn unser Bundestagsabgeordneter Ralf Kapschack – bekanntlich einer anderen Partei angehörig – im Rahmen seines Self Marketings seinen nächsten pressewirksamen Termin in seinem Wahlkreis lanciert? Wird das dann ein „oberhoher Besuch“?