Überzeugender Konter
In den WAZ-Online-Kommentaren fand ich folgenden überzeugenden Konter von einem doc-ralf auf eine verquaste Einlassung von einem p.s.a (s.u. *) zur „Lockerung“ der Baumschutzsatzung (WAZ 1.4.17: „Koalition lockert Baumschutz“):
WAZ-Online-Kommentar doc-ralf/2.4.17
„Weniger Baumschutz = mehr Bäume
Dieser Logik, die direkt orwellschem Neusprech entsprungen zu sein scheint, folgt die GroKo und jetzt auch p.s.a.
Die abstruse Argumentation ist wie folgt: „Eigentlich mögen alle Menschen Bäume, aber wenn die böse Baumschutzsatzung Bäume schützt, dann werden sie aus Trotz gefällt.“
Es ist aber gar nicht so, dass alle Menschen Bäume mögen. Alle Menschen mögen Bäume, solange sie nicht auf ihrem eigenen Grundstück stehen. Dort machen sie nämlich Dreck, nehmen Licht weg, verursachen Laubfall oder laden Vögel zum Kacken ein.
Das ist genau wie mit dem Klimaschutz: Alle sind dafür, aber die PS-Leistung der Autos nimmt trotzdem jedes Jahr zu.
Deshalb ist die Lockerung der Baumschutzsatzung ein Schritt in die falsche Richtung. Sie entlässt den einzelnen Baumbesitzer aus seiner Verantwortung und lastet die Konsequenzen der Gemeinschaft an.
Es ist ein Armutszeugnis, dass sich auch die SPD als ehemalige Partei der „kleinen Leute“ verpflichtet fühlt, die Freiheit von Grundstückseigentümern und Hausbesitzern über den Imparativ des Art. 14 GG zu stellen. („Eigentum verfplichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.“)
Trotz aller Schulz’schen Versprechen ist die „Partei der Kleinen Leute“ eine Partei der Grundstückbesitzer und Baumfäller geworden – und überlässt den nicht immobilienbesitzenden Teil der Bevölkerung den Parteien des linken und rechten Randes.
Traurig.“ (mehr …)
Abstimmung denkbar knapp
Die Abstimmung zur Baumschutzsatzung (Ratssitzung 30.3.17) war denkbar knapp. Bei namentlicher Abstimmung haben 37 Ratmitglieder für die „Lockerung“ gestimmt, 31 dagegen (Enthaltung Bürgermeisterin). Unter den 37 Befürwortern befanden sich 2 FDP-Ratsmitglieder (zur FDP siehe auch mein Beitrag „Bürgerlicher Anarchismus?„/ 11.1.17). Hätten die auch gegen die „Lockerung“ gestimmt, hätte das Ergebnis noch knapper ausgesehen: 35/33 (Enthaltung Bürgermeisterin). Ich vermute, dass einige SPD-Ratsmitglieder mit schlechtem Gewissen abgestimmt haben und möglicherweise bei einer geheimen Abstimmung anders votiert hätten. Die Abspaltung der SPD-Fraktion „Solidarität für Witten“ hat übrigens geschlossen – nach einem guten Redebeitrag von Thomas Richter – gegen die „Lockerung“ gestimmt.
Kosten der kommunalen Demokratie: Zuwendungen an die Fraktionen
Die WAZ veröffentlichte am 8.3.17 einen Artikel, in dem es unter anderem um die Zuwendungen an Fraktionen geht (WAZ 8.3.17: „750.000 Euro für Demokratie vor Ort“). In diesem Artikel findet sich eine Tabelle „Kosten der kommunalen Demokratie in Witten“ → WAZ Zuwendungen an die Fraktionen . Bei der ersten Lektüre stolperte ich in den Rubriken „Geldleistungen an die Fraktion 2015“ und „Geldleistungen an die Fraktion Plan 2016“ über den Sprung beim bürgerforum von 19.918 € (2015) auf 31.050 € (2016).
Des Rätsels Lösung findet sich im Kasten „Rückzahlungen“. Die Rubrik „Geldleistungen an die Fraktion 2015“ weist den plannäßig zur Verfügung stehenden Betrag in 2015 minus Rückzahlungen der Fraktionen aus. Für die Fraktion bürgerforum hieß das in 2015: Planmäßßig standen der Fraktion durch „Zuwendungen an die Fraktion“ (so der Titel im städt. Haushalt/Anlagen) Mittel in Höhe von 31.050 € zur Verfügung, an die Stadt zurück gezahlt wurden 11.132,53 €. Daher der in der Tabelle aufgeführte Betrag von 19.918 €, d.h. die planmäßig möglichen Kosten bei voller Ausschöpfung des im städt. Haushalt zur Verfügung stehenden Betrags wurden erheblich verringert (zum Vergleich: Der SPD-Fraktion standen 2015 86.000 € zur Verfügung. 9.032,52 € wurden zurück gezahlt, also rd. 76.968 € verbraucht). (mehr …)
Geschichtsklitterung erlaubt?
Am 6.12.12 erschien in der WAZ als Antwort auf meinen Leserbrief (siehe mein Beitrag „Grüne gegen Haus Witten?„/5.12.12) folgender Leserbrief von Herrn Arnold Lohoff:
„Leserbrief WAZ 6.12.12: „Eigene Wahrheit“
Herr Riepes Emotionen im Leserbrief „Zugestimmt“ sind nicht nachvollziehbar. Jeder kann und darf eine Situation zu „Haus Witten“ vor zirka 25 Jahren anders erleben. Jeder erschafft sich seine eigene Realität, die er dann für sich als Wahrheit empfindet. Keine besondere Erkenntnis: Das Klaus-und-Klaus-Verhältnis, Lohmann zu Riepe, verbindet keine Freundschaft. Herr Riepe kann aus seinen festgefahrerenen Verhaltensmustern in seinem Politikverständnis gegenüber anderen nicht ausbrechen. Es verwundert schon, dass er hier Partei für die Grünen ergreift, ist Grün für Herrn Riepe sonst doch nur noch eine Mischfarbe.“
Mein Kommentar zu diesem Gebräu:
Sich die Geschichte nach Lust und Laune hinbiegen, egal ob’s stimmt? Herzlichen Glückwunsch, Herr Lohoff, zu solchen abstrusen Positionen. Ich möchte in diesem Zusammenhang allerdings beiläufig an das 8. Gebot erinnern. Da in der Sache, um die es mir ging, von Ihnen nichts Gegenteiliges zu hören war, scheine ich ja richtig gelegen zu haben.
Apropos „Widerspruch“
Beiläufig fiel mir gestern beim Joggen ein: Was spricht eigentlich dagegen, der Mehrheit „seiner“ Fraktion (oder politischen Organisation) zu widersprechen, wenn es der eigenen Überzeugung und politisch für richtig erachteten Position entspricht? Der begründete Widerspruch ist bekanntlich der Springquell kollektiven Lernens. Es gab einmal Parteien in Deutschland, für die galt: „Die Partei, die Partei hat immer recht“. Widerspruch wurde härtestens verfolgt und geahndet. Wohin das geführt hat? Zu Sklerose, Denkverboten, katastrophalen politischen Fehlentscheidungen und – zum Untergang. Also?
Kleine Hunde
Es heißt „Kleine Hunde bellen am lautesten“. Mensch sagt auch, dass Hunde die Größe ihrer Artgenossen nicht einschätzen können. Es sei dahin gestellt, ob das stimmt, jedenfalls wird gewöhnlich Menschen mehr Zurückhaltung und Einschätzungsvermögen unterstellt. Auf die Wittener Piraten scheinen weder Zurückhaltung noch Einschätzungsvermögen zuzutreffen.
Diese politische Formation hat offensichtlich Schwierigkeiten, zu zählen und sich selbst richtig zu verorten. Schlagen die Wittener Piraten doch tatsächlich in einem WAZ-Artikel (WAZ 27.6.16: „Piraten für Fusion der Kleinen“) vor, die Kleinen im Wittener Rat – sie meinen die Wählergemeinschaften bürgerforum, WBG und Witten direkt – sollten sich zusammen schließen, um den Bürgerinnen und Bürgern Kosten zu ersparen.
Erstens besteht die Fraktion bürgerforum aus 7 Mitgliedern und ist damit die viertstärkste Fraktion im Rat; Grund: Wahlergebnis; zweitens stellen die Piraten mit 2 Ratsmitgliedern eine Minifraktion dar und gehören damit mit Sicherheit zu den echten Kleinen; Grund: Wahlergebniss bei den Kommunalwahlen 2014 – 1 Mandat auf Grund der Wählerstimmen und 1 Überhangmandat durch die SPD; und drittens: Was hindert eigentlich die kleinen Piraten, sich mit anderen echten Kleinen zwecks Kostenersparnis zusammen zu schließen? Die Partei? Die gibt’s doch gar nicht mehr, wie aller Wahrscheinlichkeit die nächsten Landtagswahlen zeigen werden.
Und was die Bürgermeisterwahlen betrifft, empfehle ich auf Grund langjähriger Erfahrung, wegen fehlender Alternativen geparkte Stimmen – wenn nicht als Alternative Nichtwahl, und die gab’s ja hinreichend – nicht als originäre Zustimmung zu werten. Sonst sind womöglich unangenehme böse Überraschungen bei den nächsten Kommunalwahlen 2020 vorprogrammiert.
In der Sache korrekt
Abgesehen von der politischen Vergangenheit der Kritiker: In der angesprochenen Sache (WAZ 17.6.16: „SPD-Abtrünnige widersprechen“: WAZ 16.6.16 Solidarität für Witten widerspricht Verwaltung) hat die Solidarität für Witten (SfW) einfach recht. Allerdings dürfte das Problem des maroden Wittener Haushalts über Sparvorschläge und Sparmaßnahmen – die im übrigen bei den vorgeschlagenen Maßnahmen (Liste der Grausamkeiten, im Jargon des Kämmerers ‚Kompensationsmöglichkeiten für Steuererhöhungen‘! Siehe die Liste in meinen Beiträgen: „Wittener Haushalt – Licht am Ende des Tunnels, aber wie??“/6.1.16 und „Kuh vom Eis?“/29.2.16 ) nur die Bürgerinnen und Bürger treffen würden – ohne Einnahmeerhöhungen auch durch Steuererhöhungen kaum zu händeln sein.
Entscheidend sind aus meiner Sicht aber nicht die Einschnitte und Belastungen – deren Sinn muss natürlich im Einzelnen politisch bewertet werden – , sondern deren Befristung mit einem definierten und verbindlichen Ende der Durststrecke unter Einbeziehung des Schuldenabbaus – die Stadt schleppt immerhin ca. 400 Mio. € Schulden mit sich: Was passiert bei Zinsanstieg mit dem Haushalt? – und eine gerechte Verteilung der Lasten (nicht nur Abwälzung auf die Bürgerinnen und Bürger). (mehr …)
Etwas von oben herab
Eine Einlassung wie die folgende von Herrn Borggräfe (im Online-Kommentar-Teil der WAZ zum Artikel „Der Rat wird weniger bunt“/14.6.16) – so von oben herab: „viel Verständnis“: Na, mensch freut sich ja über so viel Verständnis – finde ich ziemlich arrogant (Schema „Wir gegen die Etablierten“).
Erstens hat das „Sich-Einbringen“ nicht auf die Piraten gewartet und ist in der Vergangenheit – z.B.bei diversen Bürgerbegehren – leider häufig frustrierend für diejenigen gelaufen, die sich gegen den Willen der etablierten Macht „eingebracht“ haben (gezielte Botschaft von Seiten der etablierten Macht: „Widerstand ist zecklos!“), (mehr …)
Aufgespießt
Am 14.6.16 berichtet die WAZ (Artikel „Der Rat wird weniger bunt“), dass mit Einführung der neuen Sperrklausel (2,5%) den neuen Kleinstfraktionen im Wittener Rat bei den nächsten Wahlen das Aus drohen würden. Die Piraten wollen gegen diese Entscheidung vor dem Verfassungsgericht klagen. Herr Borggräfe, Ratsmitglied der Piraten, nimmt in dem Artikel mit einigen Äußerungen kritisch Stellung.
Ich fand zu dem Artikel folgende Kommentare von einem „batgirl“ im Online-Kommentarbereich der WAZ, denen ich mich weitgehend anschließen kann (Reihenfolge chronologisch):
„batgirl“:
„’Neun Prozent der Stimmen hätten keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Rates gehabt‘ so der Pirat Borggräfe kritisch in Bezug auf die neue Sperrklausel. Das stimmt, aber welchen Einfluss haben sie wirklich gehabt? Fakt ist doch, dass diese neun Prozent – auf die jeweiligen politischen Formationen verteilt – diesen Formationen (Piraten etc.) nur zu einem (EINEM!) Ratsmitglied verholfen hätten. Mit Fraktion und Ausschussmitgliedschaften wäre es also nichts gewesen.
Seine Mitgliedschaft in einer Fraktion (mit allem Drum und Dran: Fraktionsvorsitz mit dreifacher Aufwandsentschädigung, Fraktionszuwendungen) hat Herr Borggräfe einzig und allein nicht den Wählerstimmen, sondern dem guten Abschneiden der SPD (alle Direktmandate) mit entsprechenden Überhangmandaten (1 Überhangmandat für die Piraten) zu verdanken. Das gleiche gilt für zwei weitere Minifraktionen. Eine vierte Formation musste sich mit einer Abwerbung aus einer anderen Fraktion behelfen, um auf Fraktionsstärke zu kommen.“ (mehr …)
Blutzufuhr per Fremdimport?
In einem WAZ-Artikel (WAZ 16.6.16: „Kleinfraktion zeigt keine Angst vor Sperrklausel“) spinnt sich der Vorsitzende der Wählergemeinschaft WBG (und der Minifraktion WBG) Herr Brömmelsiek allerlei zurecht über zukünftige (oder weniger zukünftige?) übergreifende Wählergemeinschaften. Dabei rückt auch das bürgerforum in den Fokus seines Begehrens. Klar: Nach den massiven Wahlniederlagen der WBG bei den zurückliegenden zwei Wahlen wäre eine Blutzufuhr per Fremdimport dringend notwendig, um die Personalressourcen aufzufrischen und den Absturz in die absolute Bedeutungslosigkeit zu verhindern.
Ob die Rechnung unter der Flagge der „Bürgerlichkeit“ allerdings aufgehen kann, wage ich zu bezweifeln. Kampfbegriffe von anno dunnemals dürften kaum mobilisierende Wirkung haben, und Kandidaten von Wählergemeinschaften – es sind immer Menschen bei Wählergemeinschaften, die gewählt werden, keine Namen: Das zumindest kann mensch aus Wahlergebnissen erschließen – werden gewählt, weil sie Vertrauen binden und eine positive politische Bilanz aufzuweisen haben.
Wenn bürgerforum und WBG die „Bürgerlichen“ repräsentieren sollen, wer sind dann die Nichtbürgerlichen? Die CDU oder gar die SPD (vaterlandslose Gesellen, wie es vormals hieß?). Oder die Piraten und die FDP? Also: „Bürgerlichkeit“ als Abgrenzungs- und Ausgrenzungskriterium? Das ist doch schlicht absurd und zeigt, dass Herr Brömmelsiek offensichtlich nicht über das nachdenkt, was er sagt. (mehr …)