bürgerforum: Keine Ärztepartei mehr?

In der WAZ vom 15.2.20 („Bürgerforum stellt sich neu auf“) schwadroniert der 1.Vorsitzende des bürgerforums, Herr Harald Kahl, das bürgerforum wolle weg von seinem Ruf als Ärztepartei.

Ich bin irritiert und frage mich, warum Herr Kahl die Etikettierung „Ärztepartei“ so prominent aufgreift?

Faktisch ist das bürgerforum personell und in seinem politischen Engagement zu keiner Zeit eine „Ärztepartei“ gewesen, sondern – in diffamierender Absicht? – von politischen Konkurrenten so tituliert worden. Um sich davon zu überzeugen, hätte Herrn Kahl eigentlich ein Blick auf die zurückliegenden Kandidaturen genügen müssen: Kommunalwahl 2009: Wahlbezirke: von 26 Bezirken 8 Ärzte (ca. 31%); Reserveliste: von 20 Listenplätzen 7 Ärzte (35%). Kommunalwahl 2014: Wahlbezirke: von 26 Bezirken 14 Ärzte (ca. 54%); Reserveliste: von 24 Listenplätzen 12 Ärzte (50%).

Das Engagement von Ärzten zumindest bei den Wahlen war sicher überproportional, aber warum nicht? Zum Wahlerfolg des bürgerforums bei beiden zurückliegenden Wahlen haben Ärzte nicht überproportional, aber auch beigetragen. Entscheidend bei dem besonders guten Abschneiden bei den Kommunalwahlen 2014 waren aber aus meiner Sicht nicht die Zahl der beteiligten Ärzte, sondern ein intensiv geführter Wahlkampf, Spitzenergebnisse in einigen Wahlbezirken (siehe die Rankingliste des bürgerforums*), ein gutes Programm und natürlich – last but not least – die Schwäche der Konkurrenz.

Und die Politik? Die spielte sich in den beiden zurückliegenden Wahlperioden im Wesentlichen in den Bereichen Stadtentwicklung, Umwelt, Verkehr und Kultur ab.

Ich erinnere beispielhaft nur an die Auseinandersetzung um den Standort der Stadtbücherei-Zentrale, die Auseinandersetzung um die Rettung der Meesmannstraße in Herbede, die Gewerbeflächen in Stockum und Heven und die Aufweichung der Baumschutzsatzung. Das „Gesundheitsthema“ hat kaum eine Rolle gespielt, obwohl ich mir eine stärkere Berücksichtigung bei gesundheitspolitisch stadtübergreifenden Problemen – z.B. dem Klimaschutz – gut hätte vorstellen können, z.B. durch frühzeitigen ärztlichen Einsatz für das Projekt „Gesunde Stadt“.

Was es dann heißen soll, das neu aufgestellte bürgerforum wolle weg von seinem Ruf als Ärztepartei, ist mir als Gründer, langjährigem Ratsmitglied und Noch-Mitglied der Wählergemeinschaft bürgerforum** ein Rätsel. Sollen im September weniger Ärzte in den Wahlbezirken und auf der Reserveliste für das bürgerforum kandidieren? Da ist der 1. Vorsitzenden wohl aus Unkenntnis und politischer Naivität mit seiner Distanzierung von der Etikettierung „Ärztepartei“ einem Anschlag von politischen Konkurrenten aufgesessen.

*Kommunalwahlergebnisse bürgerforum 2014 Kommunalwahlergebnisse bürgerforum 2014

**siehe zum Thema auch mein Beitrag „Fehlentwicklung 3: Magische Ausstrahlungskraft des Namens„/13.11.18