Wunschpolitik
Am 18.9.20 hat im ASU eine Mehrheit (gegen die Stimmen der Grünen und meine Stimme) für einen Antrag der GroKo gestimmt, die Einrichtung eines Naturfreibads* an der Ruhr in Witten von der Verwaltung prüfen zu lassen (WAZ-Online 19.6.29: Witten_ Jetzt wird Standort fürs Freibad an der Ruhr gesucht). Hier der Antrag: Antrag Naturfreibad.
Ich habe aus zwei Gründen gegen den Antrag gestimmt:
– Dem Antrag war als Anlage beigelegt ein Handlungsleitfaden „Baden in Fließgewässern“** mit dem Schwerpunkt Baldeneysee. Nun gibt es aus meiner Sicht entscheidende Unterschiede zwischen der mittlerweile fertig gestellten „Seaside“ am Baldeneysee und der Wittener Ruhr: Der Baldeneysee – eben ein See – ist im Gegensatz zur Wittener Ruhr (Fließgeschwindigkeit, Strudel, Hochwasser) ein relativ ruhiges Gewässer. Heißt: Die Risiken beim Baden – auch in einem ausgewiesenen Naturfreibad – und die Häufigkeit möglicher Störungen des Badebetriebs wären in Witten sehr viel höher als in Essen.
– Der Handlungsleitfaden macht deutlich, welcher Vorbereitungsaufwand in Essen betrieben worden ist, um einen geeigneten Ort für ein Naturfreibad zu finden. Der Antrag verharmlost diesen Aufwand, der ja Personal und Finanzen bindet. Angesichts der aus meiner Sicht geringen Chancen, in Witten einen geeigneten Ort zu finden, der auch noch wirtschaftlich zu betreiben ist, sprachen in Abwägung von Kosten und Nutzen die Sachargumente für mich gegen den Prüfauftrag.
Die Grünen haben im Ausschuss ihre Ablehnung damit begründet, dass erst ein Betreiber gefunden werden solle. Das ist natürlich skurril, weil ein möglicher Betreiber ja erst wissen muss, worauf er sich einlässt.
Angesichts der Geschichte der Angelegenheit (s.u. *) drängt sich mir der Eindruck auf, dass der Antrag kurz vor der Kommunalwahl am 13.9. nicht unerheblich durch den Wahlkampf motiviert war. (mehr …)
Naturfreibad: Mal eben „anschieben“?
Am 30.7.19 titelt die WAZ-Redakteurin Susanne Schild kess in ihrem Kommentar zu dem Artikel „Badende in der Ruhr bekommen Knöllchen“: „Naturfreibad muss her“.
Im Kommentar äußert sie sich dann weiter wie folgt: „Es wird allerhöchste Zeit, dass sie Politik das Thema „Naturfreibad“ richtig anschiebt und der Verwaltung klare Aufträge erteilt. Es reicht nicht, an heißen Sommertagen das populäre Thema halbherzig auszubuddeln, achselzuckend auf Nachbarstädte zu schauen, die bereits eine Lösung gefunden haben, hilft da wenig. Und war es nicht sogar ein Wahlversprechen der GroKo?“
Echt kess, denn wer buddelt denn hier? Vielleicht ihr Kollege Herr Vaupel, der in der WAZ am 25.7.19 (Artikel „Naturfreibad bleibt vorerst ein Traum“) schrieb: „2018 stellten CDU und SPD eine Anfrage an die Verwaltung wegen eines Strandbades in Bommern. Seitdem ist nichts passiert.“
Statt immer wieder zu buddeln, wäre es vielleicht gut, sich über den Stand 2018 zu informieren, den die CDU- und SPD-Vertreter (Ratsmitglieder Simon Nowack und Klaus Wiegand), die sich im Artikel von Herrn Vaupel pro Naturfreibad positionieren, eigentlich kennen müssten.
Warum? Weil der Rat auf Antrag von SPD/CDU (genannt GroKo) schon am 15.9.16 der Verwaltung einen Prüfauftrag erteilt hat, auf den die Verwaltung mit einer Mitteilung vom 26.1.18 reagiert hat (Ich verweise auf meinen Beitrag „Beschämend?“/6.7.18). (mehr …)
Apropos Hitze
Diesen instruktiven Artikel fand ich im vorletzten Spiegel (2018, Nr. 29). Für Witten heißt das: Speziell die Innenstadt wird in den nächsten Jahren mit noch zunehmender Hitze und Hitzeinseln (u.a. mit den entsprechenden Gefahren für die Gesundheit) zu rechnen haben. Deshalb ist Vorsorge dringend nötig. Dazu gehören auch (mehr) Grün und Bäume in der Innenstadt, aber auch – s. Stockum – Frischluftschneisen und das Intakthalten regionaler Grünzüge.
→ Spiegel 2018, Nr. 29: Heißzeit Spiegel 2018 Nr. 29 Heißzeit
Sorge um Ackerland in Stockum?
Am 9.6.18 titelt die WAZ: „Angst vor Gewerbeflächen flackert neu auf“. Die Stockumer würden sich um Ackerland sorgen.
→ WAZ 9.6.18: Angst vor Gewerbe flackert neu auf
Die Formulierungen sind so missverständlich. Die Stockumer sorgen sich sicher auch um Ackerland, aber hauptsächlich sorgen sie sich um die Intaktheit eines regionalen Grünzugs, dessen Funktion – die Verbesserung des Stadtklimas – durch eine Nutzung als Gewerbefläche außer Kraft gesetzt würde. Das wäre dann nicht allein ein Stockumer Problem, sondern eins der ganzen Stadt* – genau so, wie die Opferung des regionalen Grünzugs in Heven (Erdbeerfelder) ein Problem der ganzen Stadt gewesen wäre. Das Letztere ist ja jetzt wohl endgültig vom Tisch.
Und der von der Bürgermeisterin und Herrn Bongartz beschworene Mangel an Gewerbeflächen? Dazu kann ich nur wiederholen: Dieser Mangel ist grundsätzlich nicht endgültig zu befriedigen. Er dürfte nach Vernutzung neuer Flächen immer wieder erneut auftauchen. Was ist, wenn die Stockumer Fläche als Gewerbefläche vernutzt ist? Schaden für die Gesundheit und Umwelt angerichtet und neuer Mangel?
Mensch muss sich entscheiden. Das Stichwort heißt Nachhaltigkeit, also vorsorglicher Umgang mit den knappen Ressourcen u.a. einer Stadt im Interesse der Gesundheit, einer intakten Umwelt und zukünftiger Generationen. Eigentlich müsste dies auch im Interesse der Wirtschaft („Arbeitgeber“ und Beschäftigte) liegen, wenn nicht enge betriebswirtschaftliche Kalküle (Profit, Shareholder-Value) immer wieder zu einer Verdrängung übergreifender Probleme und zu damit verbundenen Schäden führen würden (jüngstes Beispiel: der Dieselskandal der deutschen Autoindustrie).
Diese Schäden gilt es zu vermeiden, bevor sie angerichtet werden. Heißt für Stockum und die Stadt: Die Intaktheit des regionalen Grünzugs muss erhalten bleiben. Finger weg von den Äckern! (mehr …)
Hohenzollern?
Vor dem Hintergrund der neuerlichen Diskussion um den Namen des Hohenzollernviertels empfehle ich als Heilmittel gegen rechte und linke Hohenzollernmythen das Buch von Sebastian Haffner „Preußen ohne Legende“ (Hamburg 1998). Die Geschichte verläuft eben nicht immer so geradlinig, wie manche sich das einbilden. Gerade Historiker sollten das wissen. Siehe zur Namensdikussion auch mein Beitrag „Hohenzollerviertel: Statt Streit um Namen besser Information“/20.3.17.
Schulpolitik á la Trump?
Und ich dachte in meiner unendlichen Naivität immer, es solle bei der Schulwahl neben der Qualität der Schule auch immer um für die Schüler möglichst günstige, also auch nahe gelegene Standorte gehen. Große Teile der Wittener Politik und die zuständige Verwaltungsspitze scheinen das mittlerweile anders zu sehen (siehe WAZ 2.3.17: „Gesamtschule weist 58 Wittener Kinder ab“).
Hintergrund wieder – es ist schon fast langweilig – die zum größten Teil selbst verschuldete desaströse Finanzsituation der Stadt und der damit verbundene „Sparzwang“. Devise: „Witten first“ (modifiziertes Trump-Zitat des Wittener Schuldezernenten, zitiert im o. g. WAZ-Artikel). Heißt: Nur keine „stadtfremden“ Schüler an Wittener Schulen, weil diese Schüler aus Haushaltsmitteln der Stadt finanziert werden müssen. Und vor diesem Hintergrund sind Politik und Stadt offenbar bereit, Schüler wie auf dem Reißbrett hin und her zu schieben, egal wie lang die Schulwege werden. Zwei typische Beispiele:
– Hardenstein-Gesamtschule: Bei der Diskussion über den Standort wird immer wieder auf „stadtfremde“ Schüler aus Sprockhövel verwiesen. Sprockhövel verfüge über eine eigne Gesamtschule. Das stimmt. Aber: Sprockhövel besteht aus vielen weit auseinander gezogenen Ortsteilen. Die Gesamtschule liegt in Haßlinghausen, das ziemlich weit z.B. vom Bereich Niedersprockhövel, dem Witten am nächsten gelegenen Ortsteil, entfernt ist. Natürlich ist es im Interesse der Schüler aus meiner Sicht sinnvoll, die nächst gegelegne weiter führende Schule zu wählen – und das ist in diesem Fall wahrscheinlich die Hardenstein-Gesamtschule. (mehr …)
Mit der Elefantenbüchse auf Spatzen?
Am 14.9.16 erreichte die Stadt Witten eine Schreiben des Landrats, mit dem dieser versucht, eine abschließende Entscheidung des Rates am 19.9.16 bzgl. des Wickmanngeländes in Annen (Entwicklung auf Basis von § 34 Baugesetzbuch) bei Androhung „aufsichtsrechtlicher Maßnahmen“ zu verhindern.
→ Schreiben des Landrats: wickmann-gelaende-schreiben-landrat-14-09-2016
Dieser Versuch, sich in die kommunale Planungshoheit der Stadt Witten einzumischen – abgesehen vom späten Zeitpunkt – ist starker Tobak. Was ist davon zu halten?
Der Landrat begründet seine Intervention mit einem Hinweis auf ein Urteil der Bundesverwaltungsgerichts, das angeblich eine Planungspflicht der Stadt zwingend vorschreibe. Ist diese Begründung plausibel und hätte der Landrat im Streifall gute Karten? Ich glaube nicht.
→ Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: urteil
Bei genauer Lektüre (im Schreiben des Landrats wird sehr selektiv zitiert) wird deutlich, dass der Sachverhalt, auf den sich das Urteil bezieht, schon von seinen Dimensionen her mit der Wittener Problematik überhaupt nicht zu vergleichen ist. Im Urteil ging es um die geplante Erweiterung eines Gewerbeparks (vorhandene 120.000 qm sollten um ca. 50.000 qm erweitert werden) mit zu erwartenden erheblichen schädlichen Auswirkungen auf die Nachbarkommunen. Dass das Gericht in diesem Fall sozusagen als Notbremse die strittige Intervention der Aufsichtsbehörde als rechtskonform einschätzt und eine Planungspflicht festschreibt, um Schaden zu vermeiden, ist nachzuvollziehen.
Weniger nachzuvollziehen ist die Übertragung auf Witten, die der Landrat vornimmt. Denn in Witten geht es im „worst case“ um ca. 11.000 qm, wahrscheinlich aber um weniger (ca. 9.000 qm). (mehr …)
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär‘ …
Im Fall des sog. Verträglichkeitsgutachtens (von den Kaufleuten aus der Nachbarschaft des Wickmann-Areals und der Innenstadt beauftragt) – die WAZ berichtet am 9.3.16: „Gutachter sehen City in Gefahr“ – könnte mensch den Spruch „Wenn das Wörtchen wenn nicht wär‘, wär‘ mein Vater Millionär“ abwandeln in „…, wär‘ mein Vater (die City) Bettelmann“. Ja, wenn ….
Der entscheidende Fehler des Gutachten ist die Suggestion, als seien die genannten Betriebsgrößen (Summe 7000 qm) bei Zustimmung zu den Planveränderungen des Wickmann-Areals schon – quasi automatisch – in trockenen Tüchern. Dabei wird unterschlagen, dass natürlich auch nach den Planveränderungen kein freier Zugriff von Investoren auf das Areal möglich sein wird. Es gibt in deutschen Städten keine planungsfreien Räume.
Die Stadt – wie die WAZ schreibt – hat nicht nur die Prüfung jedes Einzelvorhaben auf seine Verträglichkeit hin zu „wollen“, sondern muss diese Prüfung nach § 34 BauGB vornehmen. Dieser schreibt nämlich eine Einzelfallprüfung auf Zentrenschädlichlkeit hin verbindlich vor. Das Verfahren ist aufwändiger als im Rahmen eines B-Plans und deshalb vom Planungsamt nicht geliebt, aber eben geboten:
→ Auszug aus § 34 BauBG Auszug aus § 34 BauGB
Und was dann von dem Worst-Case-Szenario, das das Gutachten an die Wand malt, übrig bleibt, wird sich zeigen. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass die Beantragung eines Elektrofachmarkts von 3.800 qm eine derartige Prüfung ungeschoren überstehen wird. Ich kann mich erinnern, dass die ursprünglich beantragte Größe für den Elektrofachmarkt bei ca. 1.100 qm lag, und das hört sich doch schon ganz anders an. Also: Bange machen gilt nicht. (mehr …)
Wickmann-Gelände Annen: Endlich geschafft!
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz (ASU) vom 3.3.16 hat die leidige Auseinandersetzung um das Wickmann-Gelände mit seiner Beschlussfassung (Änderung des Masterplans: neuer Zuschnitt des Annener Zentrums, Aufhebung obsoleter B-Pläne) endlich mehrheitlich zu einem vernünftigen Abschluss geführt. Es wurde auch Zeit!
Einzige opponierende Fraktion: Die Linke. An Argumenten kam nicht Neues: Herr Kalusch (Ratsmitglied der Linken) beschwor zum wiederholten Mal eine Katastrophe für den Einzelhandel der Innenstadt, forderte die Weiterführung des Klageverfahrens Schöpke/Stadt Witten (bekanntlich in erster Instanz mit eine Klatsche für die Stadt ausgegangen) und beschimpfte die GroKo wegen angeblicher Politik im Interesse eines einzigen Investors (gemeint war Herr Schöpke/k.r.). Muss mensch so etwas ernst nehmen? Nein.
Herr Dr. Jäger (SPD-Fraktion) konterte korrekt, dass die wenig aussichtsreiche Weiterführung der gerichtlichen Auseindersetzung bei einer zu erwartenden Niederlage der Stadt gerade nur diesen gemeinten einzigen Investor privilegiert hätte, weil dann nur dieser das Recht zu seiner Investition zugesprochen bekommen hätte. Andere interessierte Investoren wären leer ausgegangen.
Ich, der ich die jetzige Lösung politisch mit getragen habe – ich hätte mir nur ein schnelleres Verfahren vorstellen können -*, verbitte mir übrigens, einer Spezi-Politik bezichtigt zu werden. (mehr …)
Ein gutes Zeichen?
Am 3.3.16 stand die Vorlage 0441/Schaffung von Mietwohnungbaus auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz (ASU) (siehe dazu mein Beitrag „Augen zu und durch?„/21.2.16). Überraschenderweise wurden Beratung und Beschlussfassung auf das Begehren der GroKo hin (SPD- und CDU-Fraktion) auf einen späteren Zeitpunkt verschoben: Beratungsbedarf. Ein gutes Zeichen? Ich weiß aus anderer Quelle, dass die SPD-Fraktion nicht viel von dieser Vorlage hält. Mit Recht! Ich hatte folgende kurzen Redebeitrag vorbereitet, der meine Position zu der Angelegenheit deutlich macht. Dieser musste nun nicht vorgetragen werden. Ich hoffe jetzt natürlich, dass die kritischen Anmerkungen bei den fraktionsinternen Beratungen der Fraktionen Berücksichtigung finden werden:
ASU 3.3.16/TOP 5/Vorlage 0441/Schaffung von Mietwohnungsbau/Redebeitrag:
„Frau Bürgermeisterin, meine Damen und Herren,
mit dem Beschlussvorschlag der Vorlage 0441 strebt die Verwaltung offensichtlich eine Art Paketbeschluss an. Dieser Generalermächtigung der Verwaltung für das weitere Vorgehen werde ich auf keinen Fall zustimmen. Erfahrungsgemäß werden solche Beschlüsse von der Verwaltung als vorweg genommene abschließende Zustimmung zum ganzen Paket interpretiert. Deshalb kann es aus meiner Sicht nur eine Einzelabstimmung der einzelnen Projekte geben, die ich hiermit beantrage.
Sachlicher Hauptgrund für mich: Die Projekte hätten bei ihrer Umsetzung eine jeweils sehr unterschiedlichen Auswirkung auf die Qualität der betroffenen Quartierszusammenhänge. Generell gilt für mich: 1. Die Projekte Breite Straße und Schwanenmarkt sollten aus meiner Sicht auf keinen Fall nach § 34 BauGB durchgezogen werden. Die Quartierszusammenhänge sind zu sensibel. Städtebauliche, verkehrliche, soziale und Umweltaspekte müssen berücksichtigt werden, um Kosten und Nutzen abwägen und eine begründete Entscheidung treffen zu können. 2. Zu den genannten Projekten sollte auf jeden Fall eine Bürgerbeteiligung erfolgen. (mehr …)