Kein eigener Ausschuss für Klima und Umwelt – eine richtige Entscheidung!

Der vorige Beitrag gibt mir Gelegenheit, wie angekündigt auf das Problem zusätzlicher Ausschüsse einzugehen*. Anlass: Die Fraktionen Bürgerforum und Linke hatten beantragt, einen zusätzlichen Ausschuss für „Klimafragen“ (Bürgerforum+) oder „Klima- und Umweltschutz“ (Linke) zu installieren**. Die WAZ berichtete (WAZ-Online 3.11.20 „Witten: Kein eigener Ausschuss für Klima und Digitalisierung“ witten-kein-eigener-ausschuss-fuer-klima-und-digitalisierung).

Der Redner der Linken, Herr Kalusch, begründete den Antrag auf der Ratssitzung am 3.11.20 mit allerlei Zuständigkeiten (Altlasten, Luftbelastung etc.), die dem neuen Ausschuss übertragen werden sollten. Es sei ihm unverständlich, dass die Grünen der Einrichtung eines solchen Ausschuss nicht zustimmen würden. Wie ist die Angelegenheit von der Sache her zu bewerten?

Ich selbst habe noch die Zeit erlebt (von 1989 bis 1999), als es einen eigenständigen Umweltausschuss (Ausschuss für Umweltschutz und Grünflächen) gab. Damals existierten zwei Ausschüsse, in denen häufig parallel identische Angelegenheiten behandelt wurden: zusätzlich zum genannten Ausschuss den PSA (Ausschuss für Planung und Sanierung). War damals der Umweltschutz durch einen eigenständigen – übrigens von den Grünen in den 80er Jahren initiierten – Ausschuss stärker positioniert?

Meiner Erfahrung entspricht das nicht (ich war als grünes Ratsmitglied Mitglied des Umweltausschusses), weil im Konfliktfall regelmäßig die Entscheidungen des Umweltausschusses gegenüber PSA-Entscheidungen zurück standen.

Mensch muss sich die damalige Konstellation im vor Augen halten: Der Umweltausschuss entschied Hü und der PSA Hot. Wer war dann der übergeordnete Letztentscheider? Natürlich der übergeordnete Ausschuss HFA (Haupt- und Finazausschuss) oder letztinstanzlich immer der Rat mit seiner Mehrheit (damals noch absolute Mehrheit der SPD sowohl in den Ausschüssen wie im Rat – hieß für grün-oppositionelle Anträge kein Durchkommen).

Nun, die Mehrheiten haben sich mittlerweile geändert, aber sie sind verfahrenstechnisch immer noch letztinstanzlich entscheidend. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass die Einrichtung eines eigenständigen Klima- und Umweltausschusses im Vergleich zum Ist-Zustand (der aktuell für Klima und Umwelt zuständige Ausschuss ist der ASU/Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz) keinen zusätzlichen Vorteil für den Klima- und Umweltschutz bringen würde – abgesehen von einer zusätzlichen Plattform für wirkungslose Fensterreden von Minderheitsfraktion.

Alle von Herrn Kalusch angesprochenen Themen konnten schon in der Vergangenheit im ASU beraten und entschieden werden. Wenn das nicht im Sinne von Herrn Kalusch geschah, hatte das damit zu tun, dass die Linke die Themen nicht eingebracht oder für ihre Politik keine Mehrheit gefunden hat. Das würde sich auch in dem beantragten neuen Ausschuss angesichts der Mehrheiten nach der letzten Wahl nicht gändert haben.

Zudem wäre ein Konflikt zwischen zwei Ausschüssen eher kontraproduktiv. Darauf hat Herr Jan Richter (Grüne) in seiner Gegenrede verwiesen. Darüber hinaus hat er richtiger Weise darauf verwiesen, dass die Themen „Klima“ und „Umweltschutz“ integraler Bestandteil einer Stadtentwicklung sein müssen und auch deshalb im bisherigen ASU und zukünftigen ASUK (Ausschuss für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Klima: Der Name ist in der neuen Zuständigkeitsordnung geändert und die Zuständigkeiten sind erweitert worden), der eben auch für Stadtentwicklung zuständig war und sein wird, bestens aufgehoben sein werden. Dem kann ich nur beipflichten.

Denn es gilt, dass für die kommunale Bewältigung von Klimakrise und Umweltproblemen zwei Aspkte zentral sind:

– Nicht die Existenz eines Ausschusses und/oder ein Ausschussname ist entscheidend, sondern die im jeweiligen Ausschuss agierende Mehrheit und die von dieser initiierte Politik. Die Mehrheit hat sich zugunsten der Grünen verändert. Jetzt gibt es ein Bündnis von SPD und Günen mit sehr viel stärkeren Grünen als noch zu Zeiten der sog. „Kooperation der Vernunft“ von 2009 – 2014 (diese Kooperation noch mit der WBG). Ich bin gespannt, welche Auswirkungen dies für die Ausschussinitiaven in Sachen Klima und Umwelt haben wird. In den zurück liegenden Jahren ist ja von den Wittener Grünen leider nicht viel gekommen.

– Ganz entscheidend wird es aber auch sein, über Ausschussinitiativen hinaus eine in Sachen Klima- und Umweltschutz eher lahmende Wittener Verwaltung auf Trab zu bringen*** und mit entsprechenden Ressourcen auszustatten. Dazu könnte die Wiedereinrichtung eines Umweltamts (könnte ja auch „Klima- und Umweltamt“ heißen) **** und die damit verbundene Stärkung des Klima- und Umweltschutzes innerhalb der Verwaltung beitragen. Die Zeit drängt.

*Ankündigung siehe mein Beitrag „Das neue Bürgerforum: Mit Fake-News sind wir dabei“/4.11.10.

**Hier die beiden Anträge: Antrag bürgerforum Ausschuss für Klimafragen und Antrag Linke Ausschuss für Klima- und Umweltschutz.

***Zur in Sachen Klima- und Umweltschutz lahmenden Verwaltung siehe mein Beitrag „Klimanotstand: Der Berg kreißte und gebar – bisher – ein Mäuslein“/12.3.20.

****Ein Umweltamt hat es in Witten schon einmal gegeben. Siehe dazu meine Beiträge „Klima- und Umweltschutz in Witten – ein leidige Geschichte“/11.7.19 und „Grüne unterstützen Sonja Leidemann – Was ist davon zu halten?“/23.9.20.