Bonsai-Maßnahmen helfen nicht gegen die Klimakrise

Ich frage mich manchmal, was eigentlich mit der Politik dieser Stadt los ist. Denn irgendetwas scheint da immer wieder zu sehr eigenartigen Ergebnissen zu führen. Ein Beispiel ist folgender Haushaltsantrag der SPD, der vom Rat mit großer Mehrheit (TOP 4.2.14: Niederschrift Rat, 06.12.2021, öffentlicher Teil) beschlossen worden ist: 0205-AG17.

Noch einmal und immer wieder: Der Rat hat 2019 einen Antrag beschlossen, der die Klimakrise anerkannte (Klimanotstand) und – quasi als Selbstverpflichtung die Politik (+Verwaltung) – die zeitnahe Erreichung von Klimazielen festlegte*. Ich habe schon mehrfach eingeklagt**, dass bisher von einer konsequenten Umsetzung dieser Selbstverpflichtung nicht die Rede sein konnte.

Und jetzt dieser Antrag, mit dem die SPD Maßnahmen zur mobilen Begrünung der Innenstadt in Form von Blumenkübeln und -ampeln wünscht – finanziert durch die wahrhaft bedeutenden Summe von 10.000 € . Das ist doch schlicht ein Witz und hat mit einer für den Klimaschutz notwendigen Begrünung nichts zu tun. Ein erster Schritt in Richtung eines mit Recht bei der Verwaltung angemahnten Grünkonzepts für die Innenstadt und die Stadtteile, das seinem Namen gerecht würde, ist diese Spielerei mit Sicherheit nicht, sondern ein Pop-Up-Placebo.

Dabei müsste doch mittlerweile gar nicht mehr auf ein Konzept gewartet werden, um eine wirksame Begrünung der Innenstadt – auch per Antrag – voran zutreiben. Hier einige Anregungen aus dem Fundus meiner Beiträge: Rathausplatz: „Grüne Mitte?“/27.6.19; Dachbegrünung: „Ratspfusch: Antrag Bürgerforum+/Dachpark – viel Humbug und ein sinnvoller Kern“/15.1.21; Straßenbäume: „Wittener Grüne: Kleckern, nicht klotzen?“/9.12.21; Gärten: „Auch nicht zum Lachen – Nachschlag“/1.8.19.

Und was die 10.000 € anbetrifft: Die Minisumme macht deutlich, wie ernst es SPD, Grüne und andere mit dem Klimaschutz in Witten nehmen.

Die Summe muss bewertet werden vor dem Hintergrund anderer Ausgaben, z.B. der Rathaussanierung: von ca. 25 Mio. 2015 (siehe mein Beitrag „Rathaussanierung startet – endlich und ohne PPP!“/13.3.15) auf aktuell ca. 40 Mio.: Geschätzter städtischer Eigenanteil ca. 8. Mio. €; der Pferdebachstraße: Fast Verdoppelung der geplanten Kosten von 12,4 Mio. € auf mindestens 20 Mio. €: Geschätzter städtischer Eigenanteil ca. 3,5 Mio. €.; aber auch dem Anstieg des Personalaufwands von 2020 bis 2022 um 8,5 Mio.*** (Quelle Etatrede des Kämmerers zum Haushalt 2022: Siehe dazu mein Beitrag „Städtischer Haushalt 2022 – und munter weiter in die Miesen!„/2.12.21).

Nicht dass ich die Notwendigkeit dieser Maßnahmen – abgesehen von der Personalkostensteigerung – bestreiten würde (die Rathaussanierung impliziert auch eine energetische Sanierung), aber mehr als der Kleckerbetrag von 10.000 € hätte es für die Begrünung der Innenstadt schon sein können und müssen. Das gilt im übrigen auch für den grünen Antrag, 50.000 € mehr für Straßenbäume bereit zu stellen: Bonsai-Maßnahmen helfen eben nicht gegen die schädlichen Auswirkungen der Klimakrise****.

*Nicht auf Grund eines Sparrens, sondern um gravierende Schäden bei Nichterreichung der Ziele auch für unsere Stadt zu vermeiden. Siehe mein Beitrag „Klimanotstand: Die Wende? Hoffentlich!„/8.7.19.

**Erstmals in meinem Beitrag „Klimanotstand: Der Berg kreißte und gebar – bisher – ein Mäuslein“/12.3.20.

***Merke: Jeder Anstieg des Personalaufwands führt bei begrenztem Budget zu einer Verminderung anderer Ausgaben, eben auch sächlicher Dienstleistungen: z.B des Pflanzens neuer Bäume.

****Auch nicht, wenn es sich, wie in der Konrad-Adenauer-Straße von Frau Dr. Priddat beabsichtigt, um 8 1 mal 1 m kleine Holzkisten handelt, in die zwangsläufig nur Minibäumchen platziert werden können.