Haushaltskrise pur: Eine instruktive und schonungslose Bilanz des Wittener Kämmerers

Ich versuche seit Jahren, über die desolate Situation des Wittener städtischen Haushalts zu informieren und habe mich manchmal wie ein einsamer Rufer in der Wüste gefühlt*. Jetzt hat Corona offenbar einen I-Punkt gesetzt und den Kämmerer zu einer instruktiven und schonungslosen Bilanz veranlasst. Hier seine Etatrede**: Etatrede_2021

Ich hatte schon in meinem Beitrag „Haushalt der Stadt: Den lahmen Gaul mit einem Trick über die Hürden gequält, Genehmigung gesichert?“/12.11.20 darauf hingewiesen, dass der Haushaltsaugkeich nur durch einen buchhalterischen Trick erreicht wird. Faktisch ist der städtische Haushalt – das belegt und bestätigt der Kämmerer – hoch defizitär und wäre eigentlich nicht genehmigungsfähig.

So weit, so schlecht für den aktuellen Haushalt. Noch schlechter ist allerdings, dass sich für die nächsten Jahre abgesehen von wagen Hoffnungen auf eine kompensierende Konjunkturbelebung kein Lichtstreif einer Verbesserung am Horizont abzeichnet. So ist das eben leider, wenn mensch ohne Reserven in eine desaströse Finanzlage hinein schlittert.

Der Etatrede habe ich in der Sache nichts hinzuzufügen. Anmerken möchte ich aber Folgendes:

Von irgendwelchen „Spielräumen“ („Handlungsfähigkeit der Kommune bewahren“: https://www.waz.de/staedte/witten/cdu-fraktionschef-wittener-sollen-stolz-auf-ihre-stadt-sein-id231034614.html) im Rahmen dieses Haushalts zu reden, wie der neue Vorsitzende der CDU-Fraktion Herr Pompetzki, zeugt einfach von Unkenntnis oder Naivität.

Wer sich die Programme der bei den letzten Kommunalwahlen gewählten politischen Formationen ansieht, wird feststellen müssen, dass den Wähler_innen kein reiner Wein eingeschenkt worden ist. Bei manchen Programmen, die sogar Steuersenkungen in Aussicht gestellt haben, drängt sich der Eindruck auf, dass wider besseres Wissen – beteiligt waren ja politische Formationen, die schon länger im Rat sitzen – mit Illusionen Wähler_innnen geködert worden sind.

Wenn im politischen Raum nicht bald etwas Sachkenntnis Einzug hält, dürfte die ausbleibende Lernbereitschaft wohl keine Auswirkungen auf die Selbstalimentierung der politischen Formationen (z.B. Fraktionszuwendungen) haben, auf die weiter vor sich hin dümpelnde Verschlechterung der Dienstleistungen dieser Stadt (bei gleichzeitigen fortlaufenden Personalkostensteigerungen!) aber schon. Ein Rat trägt auch in schwierigen Zeiten Eigenverantwortung und kann nicht immer alle Schuld für die desolate Lage – wie bei einigen Fraktionen bisher üblich – auf andere (andere Parteien, das Land, den Bund) abschieben.

*Hier sei nur verwiesen auf meine Beiträge „Wittener Finanzmisere -Kein Licht am Ende des Tunnels?„/30.11.15, „Wittener Haushalt – Licht am Ende des Tunnels, aber wie??„/6.1.16 und diverse fortlaufende Beiträge auf dieser Website (siehe Inhaltsverzeichnis unter der Rubrik „Finanzen/Haushalt/Haushaltsdesaster der Stadt Witten“).

**Die bei Einbringung des Haushalts am 15.12.20 – möglicherweise wegen Corona – leider nicht vorgetragen worden ist (Quelle der Etatrede: Website der Stadt Witten https://www.witten.de/rathaus-service/verwaltung/haushalt/haushalt-2021/). Stattdessen verwies der neue Bürgermeister nur auf einige neue Stellen (Klimaschutz, Fahrrad).