Hopfen und Malz verloren: Programm neues bürgerforum/Gesundheit

Ich wollte eigentlich vor der Wahl die Kritik des Programms des neuen bürgerforums beenden, aber ich kann’s mir im Fall dieses „gesundheitspolitischen Programms“ doch nicht verkneifen: Welch ein programmatisches Gefasel – doch wahrscheinlich von Ärzten zu verantworten, die mittlerweile 11 Jahre im Wittener Stadtrat sitzen. Ein kommunalpolitisches Programm ist das nicht. Bleibt mein Fazit: Fotoshooting fesch, Politik mangelhaft. Hier meine Kommentierung und Kritk (in Rotfärbung):

Gesundheit

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet Gesundheit als einen Zustand vollkommenen
körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und des Fehlens von Krankheit und Gebrechen.
Gesundheitspolitisches Hauptziel ist eine medizinisch hochwertige und nachhaltige Patientenversorgung. Sie muss sich an erster Stelle an einem wissenschaftlich messbaren Bedarf orientieren (Gibt es so einen eindeutig „wissenschaftlich messbaren“ Bedarf? Hat nicht gerade Corona gezeigt, dass es auch im medizinischen Bereich wissenschaftlich unterschiedlich interpretierbare Forschungsergebnisse gibt? Ein bisschen Medizingeschichte wäre auch für einen niedergelassenen Arzt vielleicht nicht das Schlechteste, um den Wissenschafts-Köhlerglauben zu überwinden*) und die Vielzahl der Therapieansätze (Die gibt es genau wegen der Interpretationsbedürftigkeit von Daten!) berücksichtigen. Die medizinische Indikation und ethische Grundsätze (Die Ethik dürfte nach bisherigem Stand der Forschung und Diskussion keine eindeutige Wertehierarche liefern können!) sind allein maßgeblich. Die wirtschaftlichen Interessen verschiedener Dienstleister im Gesundheitswesen werden diesem Ziel nachgeordnet und eine bessere Honorierung wird angestrebt. Dabei ist aber auch auf die Eigenverantwortung, die Selbstbestimmung und Mitarbeit des mündigen Patienten zu setzen (Was hat das mit Wittener Kommunalpolitik zu tun? Wie will das bürgerforum im Stadtrat zur Umsetzung dieser Forderungen beitragen?).

Die Corona-Krise hat deutlich gezeigt, wie elementar notwendig eine gute Gesundheitsversorgung ist. Keinesfalls dürfen Krankenhäuser, Materialbeschaffung und Bezahlung von Ärzten und Pflegepersonal den Marktgesetzen unterworfen sein mit ihrem Zwang zur Rentabilität, Kosteneinsparung und Billigproduktion. Das Geld darf nicht darüber entscheiden, wer behandelt wird und wer nicht ( Soll Geld unbegrenzt zur Verfügung gestellt werden? Auch jenseits von „Marktgesetzen“ sollte im Interesse aller Bürger_innen auf Wirtschaftlichkeit geachtet werden – Beispiel aus dem Nichtgesundheitsbereich: Haushalt der Stadt Witten. Es geht – prosaisch formuliert – um Kosten, die ja von irgendwem aufgebracht werden müssen: Wer soll mit den Kosten belastet werden?). Auch die vielen Diskussionen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die alten Modelle der Beitragszahlung nicht mehr für die ausreichende Finanzierung sorgen können (Wie dann? Steuern? Zusätzliche Gesundheitssteuer?).

 Mittelfristig sieht das bürgerforum witten eine Lösung darin, die gesamte Wertschöpfung unserer
Volkswirtschaft in die Finanzierung unseres Gesundheitssystems mit einzubeziehen (Was heißt das?).

In Krankenhäusern und ambulanten Diensten fehlen viele Pflegekräfte.

 Deren Ausbildung und Bezahlung ist massiv zu verbessern, es müssen schnell Pflegekräfte
eingestellt werden (bundesweit ca. 100.000) (Wieder: Wer kommt dann für die Personalkosten auf? Umverteilung? Aber woher?).

Die voranschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen ist gleichzeitig Fluch und Segen. Einerseits sind verschiedene Abläufe schneller und vereinfachender organisierbar, andererseits ist die Vorstellung vom gläsernen Patienten problematisch. Bei diesem versuchen Apparate und digitalisierte Abläufe den Arzt mit seinen Erfahrungen zu ersetzen. Aber gerade diese Erfahrungen und die Sensibilität sind für den Heilerfolg entscheidend.

Gesundheit hat eine übergeordnete Bedeutung in unserem Leben. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden auf Bundes- und Landesebene gesteckt (So ist es!). Im Kommunalbereich muss es in konkrete Feinarbeit umgesetzt werden.

In Witten haben engagierte Ärzte versucht (Was heißt „versucht“? Was ist aus diesem Versuch geworden?), einen vernünftigen Ansatz zur Kostenreduktion, Krankheits- und Leidensvermeidung zu wagen. Sie haben wissenschaftlich fundierte, hochqualifizierte Kurse in einem Wittener Zentrum etabliert. Hier ging es um die Vermittlung von Informationen und Fähigkeiten in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Entspannung. Auch wenn es letztlich an der fehlenden Unterstützung durch viele gesetzliche Krankenkassen scheiterte, bleibt die Erkenntnis, dass wir uns für diese drei Pfeiler der Gesundheitsförderung weiterhin einsetzen müssen.

 So ist zum Beispiel die stationäre Versorgung akut erkrankter Patienten mit psychiatrischen
Krankheitsbildern in Witten zu schaffen. Bislang musste ihnen ein viel zu langer Weg nach
Hattingen-Niederwenigern zugemutet werden (Die Angelegenheit ist doch längst durch das Land entschieden!).

 Jegliche breitensportlichen Aktivitäten müssen unterstützt werden. Dazu gehören der Erhalt und die Neuanlage von Sportanlagen und Schwimmbädern. Aber genauso auch ein sicheres und
vollständiges Radverkehrsnetz, bewegungsförderliche Spielplätze, Schulturnhallen und -Bäder (Und wieder: Wo soll das Geld herkommen? Bei marodem Haushalt: Schulden?).

 Die Stadt als großer kommunaler Arbeitgeber sollte neben der normalen betrieblichen
Gesundheitsvorsorge mit gutem Beispiel voran gehen und alles für eine qualifizierte
Gesundheitsförderung seiner Mitarbeiter tun, z.B. die Nutzung von Fahrrädern auf dem Weg zur
Arbeit unterstützen (Wird leider meist nicht angenommen, Zwang soll ja nicht ausgeübt werden?), das Angebot von gesunden Nahrungsmitteln am Arbeitsplatz fördern (Wie? Es gibt schon lange keine Rathauskantine mehr) und Kurse und Möglichkeiten zur Stressbewältigung anbieten (Auch das noch!).

 Bezüglich einer gesunden Ernährung bedarf es eines Umdenkens. Besonders in Schulen sollte Wert gelegt werden auf gesunde, nachhaltig produzierte Nahrungsmittel, die möglichst zusammen mit der Schülerschaft zubereitet werden (Wer bereitet zu, und wie läuft das im Rahmen des übrigen Unterrichts?).

 Das europäische Schulobstprojekt, das in die richtige Richtung geht, sollte in Witten angewendet
werden. Entspannungsübungen am Arbeitsplatz und in der Freizeit sollten öffentlich
gefördert werden, nicht nur in der Stadtverwaltung und kommunalen Einrichtungen (Wie in China?), sondern auch zum Beispiel durch Maßnahmen, die den Lärm reduzieren (Wer soll da und wo genau fördern, und seit wann sind „Maßnahmen gegen den Lärm“ Entspannungsübungen?). Dieser ist extrem krankmachend und verursacht einen hohen Adrenalinausstoß im menschlichen Körper. Verkehrslärmmessungen durch das Ordnungsamt sollten vermehrt durchgeführt werden (Einfach so uns Blaue?).

 So sollten auch Lärm und Stress im Alltagsleben, Trinkwasserverunreinigung und
Luftverschmutzung Bestandteil kommunalpolitischer Erwägungen sein (Wer „erwägt“?).

 Diesbezüglich gibt es Initiativen vieler Städte zu einer Aktion des BUND, denen sich die Stadt Witten anschließen sollte (Was sind das für Initiativen?).

*Im Gegensatz zum Köhlerglauben an „die Wissenschaft“ kennt auch die Medizin Paradigmenwechesel und unterschiedliche Gegenstandskonstruktionen. Beispiel aus der Medizingeschichte: Michel Foucault, Die Geburt der Klinik, Eine Archäologie des ärztlichen Blicks, München 1973, und aktuell: das Leibkonzept der Anthroposophie. Der Dogmatismus des Köhlerglaubens ist nicht Erkenntnis fördernd, weil dogmatisch. Übrigens ist die dominante praktizierte Mainstream-Medizin bekanntlich sehr stark von den Interessen der Pharmaindustrie geprägt.