Kriegsverbrechen

Im Zusammenhang mit den wahrscheinlichen Kriegsverbrechen russischer Truppen in Butscha (unabhängige Untersuchungen laufen, die aber ein Kriegsverbrechen immer näher legen) einige Anmerkungen zu Kriegsverbrechen meinerseits:

Was unter Kriegsverbrechen juristisch (d.h. mit Strafandrohung) zu verstehen ist, zeigt folgender Beitrag: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/ukraine-krieg-das-voelkerrecht-definiert-was-kriegsverbrechen-sind?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE. Der Schutz von Zivilpersonen in militärischen Auseinandersetzungen ist im Genfer Abkommen IV (https://de.wikipedia.org/wiki/Genfer_Konventionen#Weitere_Entwicklung_bis_zum_Zweiten_Weltkrieg) seit 1949 geregelt.*

Wie schwer aber dieser Schutz in größeren Kriegen ist, zeigen vor 1949 z.B. die Bombardements deutscher Städte (z.B. die Bombardierung Hamburgs, Kölns, Dresdens etc.) im zweiten Weltkrieg, die in erster Linie Wohngebiete und damit Zivilpersonen trafen, und der Abwurf der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki, und nach 1949 z.B. die Bombardierung Nordvietnams durch die USA im Vietnam-Krieg (https://de.wikipedia.org/wiki/Vietnamkrieg), die Bombardierung Bagdads im II. Irak-Krieg durch die USA, Großbritannien und die „Koalition der Willigen“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Irakkrieg) und – jüngeres Beispiel – die Bombardierung Belgrads im Kosovo-Krieg (mit deutscher Beteiligung) durch die NATO (https://taz.de/Zehn-Jahre-Kosovokrieg/!5165840/).

Alle Beispielfälle müssten nach strenger Definition als Kriegsverbrechen gewertet werden. Sind diese Taten in irgendeiner Weise bestraft worden? Natürlich nicht, und warum nicht? Weil in Kriegen – trotz aller Versuche einer Einhegung – das Recht des Stärkeren und Gewinners gilt und Kriege – leider – scheinbar quasi automatisch im Zuge der militärischen Auseinandersetzung zu Kriegsverbrechen führen.

Heißt: Das Kriegsverbrechen ist während eines Krieges nicht das zentrale Problem, sondern der Krieg selbst. Heißt weiter: Um Kriegsverbrechen zu verhindern, müssen laufende Kriege so schnell wie mögliche beendet oder Kriege im Ansatz verhindert werden. Mit Aufheizen eines Konflikts aus der Ferne, ohne selbst den Kopf hinhalten zu müssen, aggressiver Rhetorik, in Bezug auf eine schnelle Beendigung des Krieges unwirksamen Sanktionen und kriegsverlängernden Waffenlieferungen wird dies mit Sicherheit nicht erreicht. Siehe dazu auch mein Beitrag „Sahra Wagenknecht: Zwei instruktive und bemerkenswerte Beiträge in medial finsteren Zeiten„/5.4.22.

*Wie schnell allerdings Zivilpersonen (die unter dem Schutz des Genfer Abkommens IV stehen und deren Tötung ein Kriegsverbrechen wäre) zu Kombattanten (deren Tötung kein Kriegsverbrechen wäre) mutieren können, zeigt der Beitrag: https://www.arminwolf.at/2022/03/04/was-ist-im-krieg-nicht-erlaubt/ . Heißt: Wenn patriotische Zivilpersonen zur Verteidigung ihres Landes Gewehre oder Molotow-Cocktails in die Hand nehmen, diese gegen den Feind einsetzen wollen und so bewaffnet auf den Feind treffen, stehen sie nicht mehr unter dem Schutz der Genfer Konvention IV.