Mit Streetwork gegen Konflikte und Vandalismus?
Am 28.1.2021 berichtet die WAZ-Online unter dem Titel „Witten: Streetworker kümmern sich künftig um Jugendliche“ (Witten_ Streetworker kümmern sich künftig um Jugendliche), dass der Kinder- und Jugendhilfeausschuss auf den Antrag von drei Fraktionen hin zwei neue Stellen für Streetwork beschlossen habe. Hier der Antrag: Antrag Streetworker .
Jetzt also 2 Streetworker (aufsuchende Straßensozialarbeiter)*, um durch bestimmte „Personengruppen“ verursachte „Konflikte und Vandalismus in Witten“ zu reduzieren. Hört sich gut an, aber:
Was ist, wenn die Streetwork „Perspektivlosigkeit, Frustration und soziale Problemlagen“ nicht zum Besseren auflösen kann und die Probleme nicht „nachhaltig angegangen“ werden können? Und was ist, wenn die versuchte Beziehungsarbeit keine von den „entsprechenden Personengruppen“ akzeptierte Angebote und Perspektiven aufzeigen kann? Weiter: Wodurch sind bei den „entsprechenden Personengruppen“ „Perspektivlosigkeit, Frustration und soziale Problemlagen“ im konkreten Fall bedingt? Schließlich kann ja nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass Perspektivlosigkeit und Frustration auch durch beziehungsarbeitsresistente illusionäre Vorstellungen und unerfüllbare Wünsche verursacht werden.
Schlussendlich ist auch Streetwork nur ein Versuch, dessen Erfolg nicht garantiert werden kann.
Dann tauchen für mich aber weitere Fragen auf: Wie wird der Erfolg gemessen? Und wenn kein Erfolg eintritt, die „entsprechenden Personengruppen“ also weiterhin für „Konflikte und Vandalismus“ verantwortlich gemacht werden können: Was passiert dann mit den neu eingerichteten Stellen? Sind die dann den städtischen Haushalt dauerhaft belastende unbefristete Stellen, deren Aufgabe ins Leere läuft? (mehr …)
Chinas Durchmarsch? – Wie mensch mit Zahlen täuschen kann
In einem Spiegelartikel (Spiegel 4/2021, S. 8) mit dem Titel „Im Höhenrausch“ findet sich unter der Überschrift „Chinas Durchmarsch“ eine Prognose des Bruttoinlandsprodukts von China, den USA und der EU in Billionen Dollar für 2035 im Vergleich (Kasten S. 15). Hier die vom Spiegel angegebenen Summen: China 35 Billionen Dollar, USA 26 Billionen Dollar und die EU 19 Billionen Dollar.
Die Zahlen suggerieren für 2035 einen erheblichen Vorsprung Chinas vor seiner Konkurrenz. Ich frage mich allerdings, wie aussagekräftig die Angabe der absoluten Summen für die Messung des jeweiligen Reichtums wirklich ist. Für dessen Messung kann doch nur das Bruttoinlandsprodukt/Kopf in Frage kommen. Wird dieses berücksichtigt, sieht es mit dem Vorsprung schon ganz anders aus:
China würde dann 2035 bei einer Bevölkerung von 1.429.312.500 Einwohnern (eigene Rechnung*) ein Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von 24.487,297 Dollar erwirtschaften, die USA bei einer Bevölkerung von 364.390.500 Einwohnern (eigene Rechnung*) 71.352 Dollar und die EU bei einer Bevölkerung von 526.092.000 Einwohnern/28 Mitgliedsstaaten (eigene Rechnung*) 36.115,356 Dollar.
Das dürfte für China doch wohl eher dem auch im Spiegel zitierten Ziel „einer moderat wohlhabenden Gesellschaft“ (Kommunistischen Partei Chinas, Spiegel S. 10) entsprechen als einem „Durchmarsch“ – und das erst 2035! Übrigens: Die absoluten Summen besagen nichts über die Verteilung des jeweiligen Reichtums.
*Die eigene Rechnung basiert auf dem halbierten (-/+) Abstand zwischen 2030 und 2040 (siehe: https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/135821/bevoelkerungsentwicklung).
Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert?
Wir kümmern uns einfach nicht um Budgetbeschränkungen? Als es in Witten mit den wachsenden Haushaltsdefiziten in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts los ging, gab es vorübergehend eine weise Regelung bei Haushaltsanträgen. Die Regelung besagte, dass bei kostenwirksamen Haushaltsanträgen von Fraktionen, die nicht vom jeweils vorliegenden Haushaltsplan abgedeckt waren, ein Deckungsvorschlag unterbreitet werden musste.
Sinn dieser Regelung war natürlich, Fraktionen, die immer voller „guter“ Ideen für Geschenke an die Bürger_innen stecken, zur Berücksichtigung von Budgetschranken und zur Finanzverantwortlichkeit zu verpflichten. Beantragende Fraktionen wurden verpflichtet, 1. sich intensiv mit dem jeweils vorliegenden Haushaltsplanentwurf zu befassen und 2. anzugeben, wie die Mittel für beantragte kostenwirksame Projekte aufgebracht werden sollten (z.B. durch Einschränkung in anderen Bereichen, höhere Steuern oder höhere Verschuldung).
Diese Regelung ist leider im Laufe der Zeit vergessen worden, obwohl es dem Wittener städtischen Haushalt immer schlechter ging. Folge: Manche Fraktionen gerierten und gerieren sich so, als gebe es keine Budgetbeschränkungen, wenn es um von ihnen bevorzugten Projekte ging und geht. Für diese Fraktionen scheint der Wilhelm-Busch-Spruch zu gelten: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“.
Ein verantwortlicher Umgang mit den von den Steuerzahler_innen dem Rat anvertrauten Finanzmitteln ist das nicht. Deshalb würde ich – gerade angesichts der aktuellen extremen Haushaltskrise (siehe dazu mein Beitrag „Haushaltskrise pur: Eine instruktive und schonungslose Bilanz des Wittener Kämmerers„/28.12.20) – die umgehende Wiedereinführung der oben genannten Regelung vorschlagen, um Fraktionen und Ratsmitglieder zur Finanzverantwortlichkeit zu erziehen und die Neigung zu propagandistischen Anträgen zu disziplinieren.
Corona in Witten: Statt dringend gebotener Maskenpflicht Schockstarre der Stadtverwaltung?
Ergänzung 29.01.21: Glücklicherweise scheint sich der Inzidenzwert im Augenblick auch in Witten nach unten zu bewegen. Dennoch bleibt natürlich Vorsicht geboten und festzuhalten, dass der Abstand zwischen dem Wittener Inzidenzwert und dem Kreisinzidenzwert (mittlerweile auch dem bundsweiten Inzidenzwert) immer noch erheblich ist: Witten weiterhin tiefblau. Warum?
Ergänzung 21.01.21: Instruktiv eine Grafik des Keises EN, die die Corona-Belastungen im Kreisgebiet dokumentiert: https://www.enkreis.de/gesundheitsoziales/gesundheit/faq-corona/zahlen-und-statistiken.html#c37847. Witten tiefblau (nach Hattingen, das mit weitem Abstand hinter Witten rangiert, und dem weitgehend gering belasteten übrigen Kreisgebiet), heißt: Witten ist der Corona-“Hotspot“ im Kreisgebiet und drückt damit auch den Inzidenzwert des Kreises nach oben! Aussitzen?
Was ist eigentlich in unserer Stadt los? Sind Verwaltungsspitze und Verwaltung angesichts der Pandemie in Schockstarre verfallen? Ich lese in der Presse von einem steigenden Inzidenzwert in Witten, der wohl manchmal etwas zurück geht, sich aber tendenziell weiter aufschaukelt: Ein Zeichen für die fortschreitende Ausbreitung von COVID 19 in Witten.
Der steigende Inzidenzwert sollte eigentlich ein Alarmsignal für alle für die Gesundheit der Bürger_innen Verantwortlichen sein, weil abzusehen ist, dass sich die Lage durch das Auftauchen von schneller ansteckenden Virusmutationen eher verschlechtern und die (erhoffte) Wirkung der Impfung auf sich warten lassen wird.
Mittlerweile sollte sich herum gesprochen haben, welche Maßnahmen gegen das Virus wirksam sind: Masken – möglichst FFP2, Abstand halten, Kontaktbeschränkung, Hygiene. Dennoch sehe ich bei meiner Bewegung in der Wittener Innenstadt eine erheblichen Anteil von Menschen, der es offenbar nicht nötig hat, eine Maske zu tragen, heißt: sich und andere zu schützen.
Diese Rücksichtslosigkeit und Fahrlässigkeit ist schlimm, für noch schlimmer halte ich es allerdings, dass ein derartiges Verhalten durch die Aufhebung der Maskenpflicht in Witten seit dem 18.12.20 offiziell durch die Stadtverwaltung goutiert wird. (mehr …)
Ratspfusch: Antrag Bürgerforum+/Dachpark – viel Humbug und ein sinnvoller Kern
Für die erste Sitzung des ASUK/Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Klima (früher: ASU) in der neuen Wahlperiode am 28.1.21 stellt das Bürgerforum+ einen Antrag an die Verwaltung zur Prüfung von Fördermitteln für ein Projekt „Dachpark“ im Bereich der oberen Bahnhofstraße (Der TOP ist wegen Corona auf den Zeitraum nach dem 31.1.21 verschoben worden!). Hier der Antrag: Antrag Dachpark Innenstadt
„O Herr, lass Hirn regnen!“ fällt mir zu diesem Antrag ein. Warum? Sehen wir uns den Antrag näher an. Er besteht aus dem Projekt „Dachpark“ und einem Antrag an die Verwaltung, eine Förderung zu prüfen. Zum Projekt:
Das Projekt „Dachpark“ tauchte schon im Wahlprogramm des Bürgerforums+ auf*. Der Dachpark ist natürlich Humbug, weil mit „visionierten“ Nutzungen und architektonischen Brimborium überlastet. Es gibt allerdings unter der dicken Schicht des Unsinns einen sinnvollen Kern.
Der sinnvolle Kern wäre eine Begrünung der im Antrag skizzierten dafür geeigneten Dachflächen** im Bereich der Wohn- und Geschäftshäuser an der Bahnhofstraße. Insbesondere die Wittener Innenstadt ist von den negativen Folgen des Klimawandels stark betroffen. Eine Dachbegrünung im angesprochenen Bereich wäre ein wichtiges Element (neben anderen) zur Verbesserung des Klimaschutzes.
Wie könnte eine solche Dachbegrünung erreicht werden? Mit Sicherheit nicht durch ein bombastisches Projekt „Dachpark“, sondern durch zwei Maßnahmen:
– Da es sich in dem Gebiet um verschiedene Privateigentümer der möglicherweise betroffenen Immobilien handelt, die Dachbegrünung also ohne planungsrechtliche Regelungen (s.u.) privat und freiwillig umgesetzt werden müsste, könnte ich mir eine Kampagne zur Dachbegrünung vorstellen. Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Kampagne wäre eine qualifizierte fachliche Beratung – auch in Hinsicht auf Fördermittel***. Fördermittel für private Initiativen zur Dachbegrünung stehen schon jetzt zur Verfügung (KfW/Kreditanstalt für Wiederaufbau, aber auch Corona-Hilfen). Ich stelle mir vor, dass Ansprache der Immobileneigentümer und Beratung (auch Vermittlung einer Beratung) von der Klimaschutzbeauftragten der Stadt in Kooperation mit anderen Verwaltungseinheiten übernommen werden könnten.
– Ein darüber hinausgehender Schritt wäre die Übernahme der Dortmunder planungsrechtlichen Maßnahmen (Ein weiteres Beispiel für derartige Maßnahmen ist Gladbeck), die allerdings erst bei Neubau und Dacherneuerungen greifen würden****.
Dramatische Lage in Äthiopien/Wittener Partnerstadt Mek’ele/Mekelle: Eine Nachricht und eine Information
Am 10.1.21 erhielt ich von Ahmedin Idris (etiopia-witten) folgende Nachricht:
An alle Mitglieder und Unterstützer unseres Vereins,
die traurige und die schlechte Nachricht: Unser ehemaliger Bürgermeister und Partnerschafts-Architekt (Mekelle und Witten) Herr Daniel Assefa, wurde in der Nähe von Ten Bien Abi Adi von Isayas Eritrea- und Abiy Ahmed Militär erschossen (von äthiopisches Nachricht). Wir sind sehr traurig und betroffen. Leider geht der Krieg unvermindert weiter ohne Aussicht für Dialog. …
Zu dieser Nachricht fand ich in BBC-News folgende Information:
BBC-News 8.1.21 (Übersetzung, Originalbeitrag in: https://www.bbc.com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia:
„Äthiopische Truppen haben laut einer Ankündigung am späten Donnerstag Spitzenbeamte der Tigray People’s Liberation Front (TPLF) bei einer Operation getötet. Zu den den Berichten zufolge getöteten Personen gehören die prominenten TPLF-Unterstützer Sekoture Getachew und Daniel Assefa (Fettung von mir), ehemaliger Leiter des Finanzamts von Tigray. Zeray Asgedom, der frühere Leiter der äthiopischen Rundfunkbehörde, und Abebe Asgedom wurden während der Operation ebenfalls getötet, so die Armee. (mehr …)