„Ausgeglichener Haushalt“? Denkste!

Auf dem Stadtteilforum Bommern führte der Kämmerer der Stadt Witten aus, der Haushalt 2016 sei „ausgeglichen“. Na ja, das ist eine Frage der Semantik. Rein formell hat der Kämmerer recht, in Wirklichkeit ist Witten noch weit von einem substantiell ausgeglichenen Haushalt entfernt.

Fakt ist, dass der Haushalt 2016 mit einer letztmaligen Vollzuweisung der Stärkungspaktmittel* 2016 formell (rein rechnerisch) ausgeglichen ist. Fakt ist aber auch, dass die Zuschüsse aus dem Stärkungspakt Jahr für Jahr bis 2021 zurückgefahren werden (s.u.), Hintergund ist eine strikte Vorgabe des Srärkungspakts: Bis 2021 muss ein substantiell ausgeglichener Haushalt ohne Zuschüsse erreicht werden.

Stärkungspaktmittel (Quelle: Haushaltsplan 2017 2018)

Bezeichnung: Bedarfszuweisung vom Land (hier: Stärkungspaktmittel)

2017: 6.626.548
2018: 5.551.973
2019: 3.940.110
2020: 1.790.959
2021: 0

In der Umsetzung bedeutet das Jahr für Jahr steigende Mindereinnahmen bis 2021 (danach gleich bleibend).

Mindereinnahmen durch Rückführung der Stärkungspaktmittel bis 2021:

2017: 7.200.000 – 6.626.548 =   573,452 Mindereinnahme
2018: 7.200.000 – 5.551.973 = 1.648.027 Mindereinnahme
2019: 7.200.000 – 3.940.110 = 3.259.890 Mindereinnahme
2020: 7.200.000 – 1.790.959 = 5.409.041 Mindereinnahme
2021: 7.200.000 – 0            = 7.200.000 Mindereinnahme

Das sind keine Peanuts – von wegen „ausgeglichener“ Haushalt 2016! Diese Mindereinahmen müssen also bis 2021 in irgendeiner Weise – durch Einnahmeerhöhungen (z.B. mehr Zuwendungen vom Bund/Land oder/und Steuererhöhungen) oder Sparmaßnahmen (Frage und Problem: Wo?) – kompensiert werden.

Dabei sind drei Faktoren noch unberücksichtigt:

– Personalkostensteigerungen durch Tarifabschlüsse
– mögliche Zinssteigerungen
– der bestehende Schuldenberg (Quelle Haushaltsplan 2017 2018):
→ Liquiditätskredite 2017: rd. 340.000.000
→ Investititionskredite 2017: rd. 60.500.000
→ Aufnahme Investitionskredite 2017: rd. 3.000.000
→ Tilgung Investionskredite 2017: rd. 5.000.000
effektiver Gesamtschuldenstand 2017 (einschließlich Schulden AöR Kulturforum): rd. 397.000.000

Die Rede vom „ausgeglichenen“ Haushalt ist also eigentlich eine Beruhigungspille. Statt mit Beruhigungspillen Bürgerinnen und Bürger ruhig zu stellen, wäre es besser, den unangenehmen Tatsachen ins Auge zu sehen. Vor Witten liegt noch eine lange Durststrecke, bis die permanente Haushaltskrise überwunden ist.

Die entscheidende Frage ist dann, wer unter dem andauernde Wassermangel weiter zu leiden haben wird, denn ohne Leiden wird es aller Wahrscheinlichlkeit nicht abgehen.

*Wir erinnern uns: Witten musste 2011 wegen seiner besonders desolaten Finanzsituation (vollständiger Wegfall des Eigenkapitals in 2010) pflichtig (!) dem Stärkungspakt beitreten. Verbindliche Auflage: formell (mit Zuschuss) ausgeglichener Haushalt bis 2016, substantiell ausgeglichener Haushalt bis 2021. Seitdem bekommt Witten jährlich 7,2 Mio. als nicht rückzahlbaren Zuschuss bis 2016, danach regressiv (s.o.). Zur Situation zu Beginn des Verfahrens „Stärkungspakt“ siehe auch mein Beitrag „Was bedeutet der Srärkungspakt für Witten?„/12.3.13.