Nach der Wahl: Weiter so?

Wer sich die Ergebnisse der zurück liegenden Kommunalwahlen genauer ansieht, wird fest stellen, dass es bis auf eine Ausnahme nur Verlierer gegeben hat. Die Ausnahme sind die Grünen. Ich hatte in diesem Zusammenhang schon am 12.8.20 folgenden Beitrag gepostet: „Auch bei SPD und CDU: Offensichtlich keine Lernbereitschaft“.

Der dort mit Zahlen belegte Trend hat sich leider fortgesetzt. Das bürgerforum war im genannten Beitrag nicht berücksichtigt, weil diese Formation 2014 zu den klaren Gewinnern gehörte. Das hat sich drastisch geändert.

Hier die neuen Zahlen*: Bei einem Rückgang der Wahlbeteiligung von schon bescheidenen 47,20% in 2014 auf mittlerweile 46,76%** erreichten die SPD 9.052 Stimmen (2014: 13.179 Stimmen/35,20%), also 4.127 Stimmen weniger = 25,16%, die CDU 8.349 Stimmen (2014: 8.803 Stimmen/23,50%), also 454 Stimmen weniger = 23,21%, die Grünen 7.404 Stimmen (2014: 4.889 Stimmen/13%), also 2.515 Stimmen mehr = 20,58%***, das bürgerforum 2.182 Stimmen (2014: 3.937 Stimmen/10,54%), also 1.755 Stimmen weniger und Die Linke 1.441 Stimmen (2014: 2.231 Stimmen/6,0%), also 790 Stimmen weniger = 4,01%.

Die Rankingliste der Verlierer wird also deutlich angeführt von der SPD, gefolgt vom bürgerforum (jetzt Bürgerforum mit Groß-B) und der Linken. Aber auch die CDU hat – wenn auch viel weniger – verloren und sich nur im Verhältnis zu SPD verbessert.

Fazit: Nicht nur der Trend hat sich fortgesetzt, sondern ich sehe auch meine Diagnose aus meinem oben genannten Post angesichts der Nachwahlereignisse (Pöstchengeschacher um stellvertrenden Bürgermeister durch die Grünen und Geschacher um lukrative Gremien) bestätigt. Hier noch einmal die Diagnose (Zitat):

„Ich habe der WBG in meinem letzten Post angesichts ihrer sich verschlechternden Wahlergebnisse mangelnde Lernbereitschaft unterstellt. Ein Monopol darauf hat sie nicht, wie die Entwicklung der Wahlergebnisse (Prozente, Wähler_innen-Stimmen) seit 1994 der sog. großen Parteien (SPD, CDU) deutlich macht. Eigentlich hätten aus meiner Sicht bei diesen Parteien schon seit längerer Zeit die Alarmglocken klingeln müssen, haben sie aber offensichtlich nicht (*s.u.: Tabelle).

Woran mag es liegen? An der jeweiligen Landes- und Bundesebene sicher nicht, das wäre zu einfach. Vielleicht an der Vorliebe für das Weiter-So? An der Fixierung auf die – entfremdete – Binnenwelt des Rates/der Parteien? Oder am Pöstchengeschacher (für mehr oder weniger lukrative Pöstchen – Fraktionsvorsitz, stellvertretender Fraktionsvorsitz, Ausschussvorsitz, Aufsichts- und Verwaltungsrat) reicht es ja auch bei zurück gehenden Wahlergebnissen immer noch)?

Ich vermute noch einen weiteren Grund: Da die Abstände zwischen den Wahlen groß sind (normalerweise 5 Jahre, seit 2014 6 Jahre – wegen der nachgezogenen Bürgermeister_innen-Wahl 2015)), geraten die Wahlergebnisse in Laufe der Wahlperiode immer wieder in Vergessenheit: Mensch ist ja auch so mit sich selbst beschäftigt! Die Wähler_innen geraten dann nur noch über den Filter der Verwaltung (Bürger_innen-Beteiligung, Bürger_inne-Versammlungen) und die zwangsläufig relativ wenigen persönlichen Kontakte in den Fokus. Das rächt sich dann in Form von Problemferne, fehlenden Initiativen, Abgehobenheit, fehlender Überzeugungskraft und schwächelnder Mobilisierungsfähigkeit.

Für die kommunale Demokratie, die Wähler_innen und Bürger_innen ist das Schwächeln der Großen tragisch, denn dieses Schwächeln wird durch die vermehrte Zahl der meist inkompetenten und erfahrungsfreien „Kleinen“ nicht wett gemacht. Die Folge ist die zunehmende Dominanz einer (in Witten leider eher schlechten, teuren, ideenarmen und durch den Rat weitgehend unkontrolliert arbeitenden) Verwaltung.

*Wahlergebnisse der „großen“ Parteien 1994 – 2014:

1994 1999 2004 2009 2014
Wahlber. 80527 82155 81646 81098 80235
Wähler. 66256 40609 42919 41783 37880
Wahlbet. 82,28% (gleichzeitige Bundestagswahl!) 49,43% 52,52% 51,52% 47,20%

SPD:

Wahljahr 1994 1999 2004 2009 2014
Prozente 51,90% 40,87% 38,01% 33,20% 35,20%
Stimmen 33888 16230 16005 13609 13179

CDU:

Wahljahr 1994 1999 2004 2009 2014
Prozente 29,59% 35,39% 31,56% 27.54% 23,50%
Stimmen 19323 14053 13317 13317 8803

*Quelle: Aus Wahlberichterstattung der Stadt

Stimmen Porozente Sitze
SPD 9.052 25.16 % 16
CDU 8.349 23.21 % 15
GRÜNE 7.404 20.58 % 13
bürgerforum 2.182 6.07 % 4
DIE LINKE 1.441 4.01 % 3
WBG-FW 1.120 3.11 % 2
FDP 838 2.33 % 2
PIRATEN 1.536 4.27 % 3
AUF Witten 227 0.63 % 0
Witten.Direkt 535 1.49 % 1
AfD 1.681 4.67 % 3
BLW 87 0.24 % 0
Die PARTEI 739 2.05 % 1
ÖDP 139 0.39 % 0
StadtKlima Witten 631 1.75 % 1
Norman Kerner 13 0.0 0

**Das heißt, dass 53,24% der Wittener Bürger_innen nicht gewählt haben, also der Stadtrat nur noch eine Mindeheit der Bürger_innen repräsentiert. Nur zum Vergleich: Die Wahlbeteiligung lag 1994 noch bei 82,28% (allerdings bei gleichzeitiger Bundetagswahl) und lag noch 2004 und 2009 über 50%.

***Allerdings haben die Wittener Grünen immer noch nicht wieder ihr absolut bestes Stimmenergebnis von 1994 (8341 Stimmen) erreicht (siehe dazu mein Beitrag „Nichts ohn‘ Ursach – wie die Wittener seit 1994 ihre Selbstverwaltung gewählt haben„/14.4.13).