Neues bürgerforum: Welches Menschen-/Wähler_innenbild?

Bei der grassierenden Plakatmania frage ich mich ein bisschen deprimiert, welches Menschen-/Wähler_innebild hinter dem Plakatwahlkampf mancher politischer Orgenisationen und Bürgermeisterkandidaten steckt.

Da wirbt z.B. das neue bürgerforum mit Vierkopfplakaten, auf denen mich vier Menschen anlächeln, und dem Spruch: „Guter Rat für Witten – Wählen Sie uns am besten“: Nicht mehr und keine Hinweis auf eine Website, durch die ich möglicherweise erfahren könnte, was diese vier Gesichter politisch wollen. Angesichts des Programmschrotts dieser Organisation* Absicht?

Genau so wird auf häufig mit den Vierkopfplakaten verbundenen Plakaten mit dem lächelnden Gesicht des Bürgermeisterkandidaten dieser Organisation Strautz geworben, auf denen mir mitgeteilt wird, dass der Kandidat „unser Bürgermeister für Witten“ ist (Doch wohl noch nicht!), auch ohne weitere politische Aussage – abgesehen von „Frische Luft für Witten“ – und ohne Hinweis auf eine Website.

Weiter: Ich lese auf Großplakaten dieser Organisation (Immerhin jetzt mit Hinweis auf eine Website), dass ich „Mut“ haben soll. Wozu? Zu „Witten an die Ruhr“? Abgesehen davon, dass dieses Thema die Wittener Stadtplanung seit ca. 1995 leider konsequenzlos umtreibt (Beratungen, nicht umgesetzte Planungen, sogar einem  Planungswettbewerb, dessen Ergebnis auch nicht im Ansatz umgesetzt worden ist): Mit bloßem „Mut“ hat ein solches Projekt nun gar nichts zu tun. Mit „Mut“ hat auch die Feststellung auf einem anderen Großplakat nichts zu tun, dass Kinder „systemelevant“ sind. In beiden Fällen dürften angesichts der chronischen Haushaltskrise Wittens nicht „Mut“., sondern knappe Finanzen und deren Verteilung eine entscheidende Rolle spielen.

Um es deutlich zu sagen: Wer suggeriert, dass die vielfältigen Probleme der Stadt Witten mit „Mut“ gelöst werden könnten, führt Wähler_innen hinters Licht!

Auf anderen Großplakaten den neuen bürgerforums wirft sich der Kandidat Strautz in Positur und glaubt offenbar, durch diese Positur und markige Ankündigungen Wähler_innen dazu motivieren zu können, ihn zu wählen (Der Möchtegernautokrat will die Wittener Verwaltung „durchkämmen“, was er, selbst wenn er gewählt würde, gar nicht könnte**).

Zusammengefasst: Da es sich um eine politische Wahl handelt, bei der es sich um die Besetzung von politischen Funktionen mit hoher Verantwortung für die Zukunft der Stadt Witten handelt (Rat, hauptamtliche Bürgermeisterin/hauptamtlicher Bürgermeister), halte ich einen Wahlkampf wie beschrieben für verantwortungslos und einen Ausdruck von Wähler_innenverachtung. Das Menschen-/Wähler_innenbild der Plakatkampagne zielt auf Wähler_innen, die über keinerlei politische Urteilsfähigleit verfügen und sich über optische Reize und sinnlose Schlagworte manipulieren lassen.

Ich hoffe, dass sich die Verantwortlichen für diese Wahlkampfführung täuschen und die Wähler_innen klüger sind, als vom neuen bürgerforum eingeschätzt. Denn diese Organisation ist mittlerweile zu einer potemkinsche Plakatfassade mit nichts dahinter mutiert.

*Siehe dazu mein Beitrag „Kandidat Strautz: Sagentag eines Bürgermeisterkandidaten“/25.8.20, dort weitere Hinweise auf den Programmschrott des neuen bürgerforums.

**Siehe zur Rolle der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters (laut Gemeindeordnung NRW) mein Beitrag „Schwebt unsere Bürgermeisterin über den Wassern?“/14.5.13.