Erfolgsmeldungen etwas voreilig?

Am 5.11.16 berichtet die WAZ über „hohen Besuch in der neuen Bibliothek“: Die Landtagspräsidentin habe den Wert solcher Kultureinrichtungen als Ort der Begegnung unterstrichen.

Am 21.10. fühlt sich die Bibliotheksleiterin veranlasst, den Erfolg des neuen Hauses zu verkünden. Die Nutzerzahlen hätten seit Neueröffnung gegenüber 2015 (4.800 Nutzer) um über 1.000 zugenommen (WAZ 21.10.16: „Neue Bibliothek hat seit Juni über 1000 neue Nutzer“).

Ich stutze, weil mir als langjähriges Mitglied des Verwaltungsrats das Bezugsjahr 2015 merkwürdig erscheint. Irgendwie hatte ich schon einmal andere Zahlen über die Entwicklung der Zahl der Nutzer in den zurückliegenden Jahren gelesen.

Ich recherchiere. Fündig werde ich im Haushalt der Stadt Witten 2016, Anlagen zum Haushaltsplan, wirtschaftliche Betätigung der Stadt, Kulturforum Witten, Anlage 4/36, Bibliothek, Leserzahlen 2010 – 2014. Die Tabelle enthält Zahlen für Witten, Annen, Herbede, Heven und Stockum. Ich gebe hier nur die Gesamtzahlen wieder (die Zweigstellen Heven und Stockum sind mittlerweile geschlossen worden):

→ 2010: 9.109; 2011: 8.506; 2012: 8.377; 2013: 8.449; 2014: 8.233.

Mein Fazit: Wenn die Nutzerzahlen 2015 bei 4.800 lagen und damit einen absoluten Tiefstand errreicht hatten, ist der Zuwachs von 1.000 Nutzern seit Juni sicherlich begrüßenswert. Allerdings sind 5800 Nutzer (aktueller Stand) im Vergleich nur zum Durchschnitt der vergangenen Jahre extrem wenig.

Vom Stand 2010 mit 9.109 Nutzern (die Zweigstellen Bommern und Rüdinghausen waren schon geschlossen!) ist die Stadtbibliothek noch weit entfernt – trotz Neubau (mit ca, 2,4 Mio. € kreditfinanziert, ca. 600.000 € Zuschüsse für Einrichtung). Ich will nicht nachkarten (siehe zur Auseinandersetzung um den Standort der Zentralbibliothek mein Beitrag „Stadtbücherei – Quo Vadis?„/2013), aber für Erfolgsmeldungen ist es wirklich noch zu früh: Ob die Bibliothek von den Wittenern sehr gut angenommen wird (s. WAZ vom 21.10.16), wird sich erst noch zeigen müssen. Der Zuwachs von 1.000 Nutzern reicht da noch nicht.

Übrigens: Wenn es sich bei den von der Bibliotheksleiterin genannten 5.800 Nutzern nur um die der neuen Zentralbibliothek handelt, muss der Wegfall der Zweigstellen Heven und Stockum berücksichtigt werden, denn deren Nutzer dürften sich nach Schließung im Pool der Zentralbibliothek finden. 2014 waren das in Heven 321 und in Stockum 462 Nutzer, immerhin potentiell rd. 800 Nutzer der Zentralbibliothek, die durch schlichte Umverteilung zustande kommen.