Mehr Transparenz durch Übertragung von Ratssitzungen – eine zweischneidige Angelegenheit

Am 24.2.16 berichtet die WAZ in einem Artikel „Piraten wollen Sitzungen im Internet übertragen“ von einer Initiative der örtlichen Piratenfraktion, Ratssitzungen online zu übertragen.

Auf der einen Seite ist ja prinzipiell nichts gegen eine Übertragung einzuwenden. Sitzungen sind auch jetzt schon zum großen Teil (abgesehen von rechtlich vorgeschriebenen nichtöffentlichen Teilen) öffentlich, können also von interessierten Bürgerinnen und Bürgern besucht, beobachtet und beurteilt werden.

Auf der anderen Seite habe ich allerdings während meiner langjährigen Ratstätigkeit ein großes Interesse bis auf wenige Highlights nicht wahrgenommen. Das geringe Interesse dürfte nicht nur an der allgemeinen Politikmüdigkeit liegen, sondern auch in der Sache begründet sein. Gegenstand der Beratungen sind zumeist Verwaltungsvorlagen, deren Kenntnis Voraussetzung ist, um den Sinn oder Unsinn von Redebeiträgen beurteilen zu können.

Zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit Ratsvorlagen sind Ratsmitglieder qua Mandat verpflichtet, den Bürgerinnen und Bürgern ist aus meiner Sicht eine solche inhaltliche Auseinandersetzung nicht zuzumuten. Wenn die Voraussetzung für einen sachgemäßen Nachvollzug einer Debatte aber nicht gegeben ist, bleiben die Beratungen dem Zuhörer/Zuschauer fremd und intransparent – eine Übertragung wird diese in der Sache begründete Intransparenz nicht beseitigen können.

Darüber hinaus wäre der Qualität der Beratung nicht geholfen, wenn sich durch die Übertragung eine Orientierung der Beratung an Selbstdarstellung und nicht an der Sache in den Vordergrund schieben würde. Und diese Gefahr sehe ich durchaus gegeben.

Wenn der Fraktionsvorsitzende der Minifraktion der Piraten doppelt so häufig zum Mikro rennt wie bisher – und er tut es jetzt schon häufig -, um mit nichtssagenden Beiträgen in der Übertragung Präsenz zu zeigen und sich und seine Formation zu profilieren, dürfte das die Zuschauer eher abschrecken, ermüden und die allgemeine Politikmüdigkeit verstärken.