Das musste ja sein!

Das musste sein. Ein Professor kann natürlich nicht falsch liegen. Tut er aber im Fall des Leserbriefs von Prof. Schoppmeyer in der WAZ vom 10.8.15 „Erheblicher Unerschied“*.

Meine Antwort in der WAZ vom 8.8.15 „Nicht der Bürgermeister, sondern der Rat entscheidet“ auf seinen Beitrag „Starke Bürgermeister waren gewollt“ in der WAZ vom 4.8.15 (→ WAZ Beitrag Schoppmeyer: WAZ Beitrag Prof. Schoppmeyer ) ist die Darstellung eines von der WAZ sehr verkürzten Leserbriefs von mir vom 4.8.15. Es ist leider das Schicksal von in der Wittener WAZ Stellung nehmenden Politikern, mit ihren Stellungnahmen verkürzt und/oder verzerrt wieder gegeben zu werden. Der Originalleserbrief findet sich in meinem Beitrag „Dem Bürger dienlich„/4.8.15.

Der Professor behauptet, ich habe ihn falsch zitiert. Das stimmt nicht. Das Zitat greift im Leserbief nur den Terminus „vorab unterwirft“ auf und bezieht sich evident auf den Rat.

Der Professor stellt fest, dass es eine Differenz zwischen Parteien und dem Rat gebe. Genau darauf zielt meine Argumentation ab. Der Professor verschleift allerdings selbst die Differenz, indem er in seinem Beitrag über den Schrägstrich „Parteien/Faktionen“ eine Einheit suggeriert.

Wo der Professor in Zusammenhang mit der GroKo (eine Fraktionskoalition*) Parteiabsprachen entdeckt, ist mir allerdings ein Rätsel. Die Absprachen innerhalb der GroKo laufen über die Fraktionsspitzen und gemeinsame Arbeitsgruppen vor den Gremien. Die Parteien dürften unmittelbar damit nichts zu tun haben. Dieses Vorgehen war übrigens auch innerhalb der vormaligen „Kooperation der Vernunft“ üblich. Deshalb würde mich auch ein Beleg für die gewagte These des Professors interessieren, dass über Parteiabsprachen kontroverse Auffasungen – doch wohl von Fraktionen, nicht von Parteien – überhaupt nicht mehr im Rat gelandet seien.

Anders ist es allerdings bei Kommunalwahlen. Kommunalahlen (Rats- und Bürgermeisterwahlen) werden in der Regel von Parteien bestritten, so dass über Kandidaturen und Programme Parteien und womöglich Parteiabsprachen entscheiden. So auch im Fall der anstehenden Bürgermeisterwahl in Witten.

Was das Vetorecht des Bürgermeisters anbetrifft, auf das der Professor verweist, möchte ich den § 54,1 Gemeindeordnung NRW vollständig zitieren:

„Widerspruch und Beanstandung
(1) Der Bürgermeister kann einem Beschluß des Rates spätestens am dritten Tag nach der Beschlußfassung unter schriftlicher Begründung widersprechen, wenn er der Auffassung ist, daß der Beschluß das Wohl der Gemeinde gefährdet. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Über die Angelegenheit ist in einer neuen Sitzung des Rates, die frühestens am dritten Tage und spätestens zwei Wochen nach dem Widerspruch stattzufinden hat, erneut zu beschließen. Ein weiterer Widerspruch ist unzulässig.“

Die Vetomöglichkeiten sind also erheblich eingeschränkt. Ich glaube, dass Zitat macht den suggestiven Charakter der Argumentation deutlich.

Übrigens: Die These, die Reform der Gemeindeordnung NRW 1994 habe ein starkes Bürgermeisteramt implantieren wollen, halte ich für hochgradig abenteuerlich. 1994 regierte die SPD auf Landesebene (Koalition mit Grünen erst ab 1995) und in den meisten Kommunen mit absoluter Mehrheit. Diese Partei hatte zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit null Interesse an starken und unabhängigen Bürgermeistern.

Abschließend: Es ist Witten zu wünschen, dass die kommunalpolitische Aufklärung endlich auch in dieser Stadt ankommt.

*Leserbief Schoppmeyer:

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**Was sind Fraktionen? Hier die für den Status relevanten Regelungen in der Gemeindordnung NRW § 56: Gemeindeordnung NRW § 56 Fraktionen