Mit ersatzlosen Baumfällungen für Klimaschutz?

Es ist für mich immer wieder überraschend, welche Kapriolen in manchen Köpfen stattfinden, wenn es um das schnöde Geld geht. So auch im Kopf des Genossen Klaus Wiegand (SPD-Ratsmitglied), der auf der letzten ASU-Sitzung am 11.6.15 vortrug, die Herausnahme bestimmter Baumarten (z.B. Nadelbäume, Pappeln) aus der geltenden Wittener Baumschutzsatzung ohne Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen (Ersatzpflanzungen beinhalten natürlich Kosten für die Betroffenen) sei ein Beitrag zum Klimaschutz. Er vertrat damit nach meiner Einschätzung auch die Position seiner Fraktion.

Anlass der Einlassung war eine instruktive Vorlage der Verwaltung*, die die Beibehaltung der geltenden Baumschutzsatzung vorsieht (Beschlussvorschlag: Kenntnisnahme):

→ Vorlage 256 Baumschutzsatzung der Stadt Witten: 0256_V_16_Vorlage

Die geltende Satzung** beinhaltet die Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen:

→ geltende Baumschutzsatzung der Stadt Witten: Baumschutzsatzung_der_Stadt_Witten

Grundsätzlich noch einmal: Warum tragen Baumschutz und die geltende Baumschutzsatzung der Stadt Witten zum Klimaschutz bei?

Klimaschutz bezieht sich auf Minderung der durch überhöhte CO2-Anreicherung bewirkten Erwärmung der Erdatmosphäre. Diese globale Erwärmung führt neben weiteren bekannten Schäden (Anstieg des Meeresspiegels etc.) auch in unserer Stadt zu Extremwetterlagen, die dazu führen können, dass wenig standfeste Baumarten entwurzelt werden können.

Klimaschutz wird durch wirksame CO2-Reduktion erreicht. Bäume – auch wenig standfeste Baumarten – sind CO2-Binder und tragen damit zum Klimaschutz und zur Schadensminderung durch CO2-Reduktion bei.

Die geltende Bauschutzsatzung schützt Bäume ohne Ausnahmen und verlangt bei Fällgenehmigungen Ersatzpflanzungen. Sie bewirkt damit die Sicherung der Gesamtmenge des Wittener Baumbestands, leistet einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Vermeidung von Extremwetterlagen.

Sie leistet damit auch einen Beitrag zur Minderung des Risikos einer Entwurzelung von Bäumen und schützt deshalb die Bürgerinnen und Bürger vor dadurch bewirkten Schäden.

Was meint aber Klaus Wiegand, wenn er in Zusammenhang der von ihm angestrebten Aufweichung der Satzung von „Klimaschutz“ spricht?

Klaus Wiegand meint, dass Menschen und Immobilien vor entwurzelten Bäumen geschützt werden sollen und deshalb in der Satzung die Möglichkeit eingeräumt werden soll, besonders gefährdeten Baumarten ersatz- und kostenlos zu fällen.

Das Problem bei diesem Ansatz ist nicht das Fällen als solches – das ist auch jetzt schon durch die geltende Satzung möglich -, sondern die Erlaubnis zum ersatzlosen Fällen. Damit würde offensichtlich eine absolute Minderung des Baumbestands eintreten.

Was das ersatzlose Fällen mit Klimaschutz zu tun haben soll, ist mir ein Rätsel.

Das Gegenteil eines Schutzes wäre der Fall. Klaus Wiegand hätte den Wittener Bürgerinnen und Bürgern einen Bärendienst erwiesen: Er hätte sie nicht geschützt, sondern durch den Wegfall eines konsequenten Baumschutzes   gefährdet.

Die Bürgerinnen und Bürger hätten wohl die Kosten für Ersatzpflanzungen gespart, würden aber mit den  Auswirkungen und Kosten durch zunehmende Extremwetterlagen konfrontiert, von weiteren Auswirkungen und Kosten durch die globale Erwärmung ganz zu schweigen.

So ist das manchmal bei Entscheidungen und Handlungen, deren negative Folgen nicht übersehen werden. Sie gehen häufig nach hinten los.

Menschen und Immobilien in unserer Stadt werden vor Klimaschäden am besten durch konsequente Sicherung des Baumbestands und seines Volumens geschützt. Die Kosten für Ersatzpflanzungen dürften sich allemal für die Einzelnen und Allgemeinheit rechnen. Allgemein gilt: Je mehr Bäume, desto mehr Klimaschutz über CO2-Bindung, desto mehr Schutz vor Extremwetterlagen, desto größer die Standsicherheit von Bäumen.

Mit mir ist deshalb eine von Klaus Wiegand und der SPD-Fraktion angestrebte Aufweichung der Satzung nicht zu machen. Die Stadt Witten fährt ambitionierte Programme zum Klimaschutz, z.B. Minderung des CO2-Ausstoßes bei öffentlichen Gebäuden. Diese sollten nicht durch unüberlegte und kontraproduktive Entscheidungen unterlaufen werden.

Sollte es dazu kommen, kündige ich hier schon einmal „außerparlamentarischen“ Widerstand an.

*Die Vorlage reagiert auf einen Antrag der WBG. Siehe dazu mein Beitrag „Hau weg den Scheiß II: WBG gegen Baumschutzsatzung„/17.2.15

**Zum grundsätzlichen Sinn und Zweck von Satzungen siehe mein Beitrag „Hau weg den Scheiß III: Statt Satzungen Vertrauen in die Bürger?„/15.3.15